~Ungewöhnliches Nachwort~

5.7K 452 716
                                    



Ich weiß...das Nachwort ist immer so etwas, was keiner liest...ich denke aber, es sollten vor allem die lesen, die mit dem Ende noch immer nicht klarkommen und sich eine Abrundung (Ja, es ist ein SEHR ungewöhnliches Nachwort, lasst euch überraschen, wie ich den normalerweise "Autorenkommentar" umgesetzt habe ^^) wünschen. Den anderen ist es freigestellt.

_________________________


Ich stehe am Fenster und sehe nach draußen, wo Mike mit seinen menschlichen Freunden spielt, während ich darauf warte, dass meine Eltern zurückkommen. Gemeinsam mit Luke und Louis.

Mein Herz zerspringt in ein unmögliches Puzzle, wenn ich daran denke, dass sie tot sein könnten. Alle vier. Dann wäre ich nicht nur mit Mike und Alice alleine. Nein.

Ich hätte auch niemanden mehr. Alle verloren. Außer Mike, meinem vierjährigen Cousin, Alice, meiner Tante, die ich kaum kannte, und Zoey und Lisa, die noch immer auf der Elementaria waren. Und einer unbändigen Wut auf die Verturer, die ihnen das angetan hatten. Und auf die Autorin. Ich weiß nicht, ob ich das könnte. Ich weiß es nicht.

Warum bin ich eigentlich nicht wieder mitgekommen? Ja, warum? Weil sie das nicht wollen. Alle nicht.

Ich schnaube. Wieso war ich nochmal so bescheuert gewesen und hatte ich mich nochmal darauf eingelassen? Keine Ahnung.

Es ist mittlerweile schon Mittag und die vier sind immer noch nicht zurück. Doch meine Hoffnung bleibt. Ohne sie würde ich hier vermutlich krepieren.

Alice bringt mir eine Tasse dampfenden Tee und geht dann wortlos wieder aus dem Raum. Klar. Sie hat Angst um ihren Sohn. Und sie kennt mich nicht.

Sie weiß deshalb auch außerdem nicht, dass ich meinen Tee lieber kalt trinke.

Lächelnd denke ich daran zurück, wie viel Angst ich ernsthaft gehabt hatte, als ich den gefrorenen Inhalt der Tasse betrachtet hatte, bevor ich auf das Internat gekommen war. Dann kühlte ich den Tee vor mir auf eine angenehme Temperatur.

Ich schüttele permanent den Kopf. Ich hätte meine Eltern nicht alleine gehen lassen sollen. Dann hätte ich es jetzt wenigstens ein bisschen in der Hand gehabt, ob sie leben oder sterben würden. Aber nein. Ich musste ja hierbleiben.

Voller Sorge starre ich auf den Weg, den Mum und Dad vorhin entlanggeeilt waren, um Luke und Louis zu Hilfe zu kommen. Werden sie zurückkommen? Werden sie es wirklich schaffen? Ich hoffe es so sehr, dass es beinahe wehtut.

Dann schlucke ich die aufkommenden Tränen hinunter und beiße mir auf die Lippe. Die Autorin meinte, ich sollte mich wohl ablenken. Etwas schreiben. Das wäre das Beste.

Seufzend und augenverdrehend nehme ich den Stift. Ich muss sowieso tun, was sie sagt. Sobald sie es aufschreibt, muss ich das. Und dann beginne ich, in meiner furchtbaren Handschrift etwas auf das weiße Blatt Papier, das neben mir auf dem Fensterbrett liegt, zu kritzeln:

Ich hasse Elena, die Autorin. Oh ja, ich hasse sie. Ich hasse sie dafür, dass sie meine beste Freundin hat sterben lassen. (Und dafür, dass sie mir nicht erzählt, ob mein Cousin und Luke überleben werden.) Ich bin einfach sprachlos. Aber wenigstens hat sie mich den Epilog lesen lassen.

Und sie hat mir erzählt, dass ich glücklich sein werde. Irgendwann. Woraus ich einfach mal schließe, dass beide überleben. Denn ansonsten wird das wohl so gar nicht funktionieren.

Und dann zwingt sie mich auch noch, irgendein seltsames Nachwort zu verfassen, in das ich wohl ein paar Fakten über ihren Schreibprozess schreiben soll. Warum sie das nicht selbst macht, kann ich auch nicht sagen. Chronische Faulheit wäre meine Diagnose, würde mich jemand fragen. Aber nun gut. Zu den Fakten, die sie mir übrigens gerade diktiert. Sonst komme ich hier nie weg.

Cold Flame (III)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt