»Wir werten das mal als ja«, kommentierte ich nüchtern, als Emilia sich zappelnd auf den Stuhl setzte und wartete, bis unsere Mutter ihr Eis in eine Schüssel schaufelte. Ich las noch mein Kapitel zu Ende, bevor ich mein Lesezeichen zwischen die Seiten steckte und mein Buch weglegte. Dann griff ich nach dem Löffel und schaufelte mir ein richtig großes Stück Eis in meine kleine Schüssel. Meine Mutter beobachtete mich dabei.

»Willst du wirklich so viel essen?«, fragte sie mich kritisch und zeigte mit ihrem Löffel auf mein Schälchen. Ich schaute auf das rosa Erdbeereis in meiner Schale. Sie war bis zum Rand voll.

»Was ist verkehrt daran?«, fragte ich zurück. Meine Mutter und mein Vater wechselten einen Blick, sagten aber nichts mehr dazu. Ich starrte wieder auf mein Eis und fing dann an zu Essen, ohne mir weiter Gedanken über den Kommentar meiner Mutter zu machen.

In dem Moment klingelte es an der Tür. Emilia sprang sofort auf und lief hin.

»Jenny!«, jubelte Emilia und fiel unserer Tante um den Hals.

»Emilia, hör auf so zu schreien!«, rief ich ihr hinterher. Jenny lachte und ging mit Emilia am Arm hängend durch das Haus, zu uns auf die Terrasse. »Hallo«, begrüßte sie uns. Jenny war eine kleine Frau, mit braunen Haaren, bis zu den Schultern. Manchmal trug sie eine Brille, aber sie mochte diese nicht und setzte, öfter als sie sollte, ihre Kontaktlinsen ein. Dass der Augenarzt ihr geraten hatte, diese nicht jeden Tag zu tragen, ignorierte sie. Sie fand es mit Kontaktlinsen angenehmer. Emilia kicherte, um Jennys Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Jenny sah lächelnd auf Emilia herab.
»Emilia«, sagte sie erfreut und grinste breit. »Wie groß und schlank du geworden bist!« Ich stand auf, um meine Tante ebenfalls zu begrüßen.

Wir lächelten uns an und Jennys Blick wanderte kurz über meinen Körper und dann wieder hoch zu meinem Gesicht. »Maya! Deine Haare, sind sie etwa länger geworden?«

Nein waren sie nicht. Oder etwa doch? Ich nahm mir vor das später vor dem Spiegel zu prüfen, ich wollte unbedingt lange Haare haben. Lange Haare waren wunderschön.

Jenny nahm mich ebenfalls in den Arm, bevor sie sich zu meinen Eltern setzte. Ich setzte mich auch wieder in den Terrassenstuhl und aß mein Eis. Dabei las ich mein Buch weiter, denn es war gerade sehr spannend. Doch weil Jenny und meine Mutter redeten, konnte ich mich nur schlecht auf die Handlung konzentrieren. Also schnappte ich mir mein Eis und meine Cola, klemmte mir mein Buch unter den Arm und lief die steile Treppe hoch in mein Zimmer.

Da es mittags war, schien die Sonne erbarmungslos in mein Zimmer, weswegen ich die Vorhänge zuzog, damit es nicht so blendete.

Es war sehr heiß, also öffnete ich ein Fenster, aber viel brachte es auch nicht. Ich warf mich auf mein Bett und fing erneut an zu lesen. Zu meinem Pech strahlte tagtäglich die Mittagshitze in mein Zimmer herein und verwandelte es in einen Ofen.

Ich beschloss, meine Hose und mein Shirt durch ein Kleid zu ersetzten. Die Hose war sowieso sehr eng und drückte unangenehm.

Sobald ich den obersten Knopf meiner Hose öffnete, seufzte ich zufrieden. Es war so eine Erleichterung, als hätte man mir ein Korsett umgeschnallt und es nun wieder geöffnet. Vielleicht hätte ich doch eine Größe größer nehmen sollen. Größe Zweiundvierzig passte mir schon bald nicht mehr ...

Als ich mir ein Kleid übergezogen hatte, warf ich mich auf mein Bett und fing an zu lesen, doch die Stimmen meiner Eltern und meiner Tante drangen zu mir hoch, so dass ich mich immer noch nicht auf mein Buch konzentrieren konnte. Also gab ich es auf und schnappte mir lieber mein Handy.

Ich ging in Online-Shops und schaute nach neuen Sommerklamotten. Ich brauchte dringend einen neuen Bikini, für den Urlaub. Wir flogen in ein paar Wochen nach Barcelona und ich brauchte neue Sachen. Ein Kleid zum Beispiel. Ich fand auch ein paar schöne Kleider und merkte sie mir, damit ich sie bald in der Stadt im Laden kaufen konnte.
Später kam ein Freund meines Vaters, Tobias, mit seiner Frau Yade vorbei und wir wollten gemeinsam essen. Die beiden kannte ich schon mein ganzes Leben lang, weil mein Vater und Tobias alte Schulfreunde waren.

PERFECTION- Die Geschichte eines LeidensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt