Aber ich habe alles verloren. Und ich bereue alles, dass es so weit gekommen ist, dass ich das alles zugelassen habe, dass ich es nicht besser gemacht habe. Kurz schüttele ich mich und bringe mit zeitnah wieder zu Besinnung. Mein Schluchzen wird gedämpft. Sei keine Heulsuse, Eden.

Ich seufze. »Du schaffst das. Es sind nur noch zehn Minuten.«, spreche ich mir selbst gut zu und nehme mir vor mich mit meinem Pyjama und einer ordentlichen Portion Eiscreme in meinem Bett zu verkriechen, sobald ich den Wagen in unserem Vorhof geparkt habe. Ich schniefe, meine Nase läuft von den unfreiwilligen Tränen, die mich überkommen haben. Mist. Ich hätte mir Taschentücher einpacken sollen.

Ohne einen anderen Weg zu finde, wische ich meine Nase am Ärmel meiner Bluse ab, von der ich damals dachte sie würde ihm gefallen. Was habe ich mir nur dabei gedacht. Sie haben recht, durch den großen Ausschnitt wirke ich wie eine Nutte.

Die rote, gewickelte Bluse, die mir eng geschnitten am Oberkörper liegt ist eigentlich nicht mein Fall. Mein Kleiderschrank setzt sich hauptsächlich zusammen aus einem Paar Doc Martens, zerrissenen Jeans und Lederjacken, dazu einer Vielzahl an schwarzen Band-Shirts.

Aber mein Wagemut für Neues hat sich in dem vergangenen Jahr irgendwie in den Vordergrund gekämpft. Blöd gelaufen.

Noch wenige Minuten sitze ich hinter dem Lenkrad und grübele. Was wäre, wenn – Was wäre, wenn Doch am Ende jeder angefangenen Überlegung stelle ich notgedrungen fest, dass sich diese Situation nicht vermeiden lässt. Ich, lädiert und gedemütigt, verschnupft und aufgedunsen in meinen Wagen, der mittlerweile so alt ist, dass er kaum den Weg von der Schule zu mir nach Hause durchhält.

Aber ich liebe den alten Truck, meines Großvaters, der vorheriges Jahr verstorben ist. Mit seinem Tod fing irgendwie alles an. Ich hatte schon immer eine andere, bessere Bindung zu ihm als meine Schwestern. Er hatte mir früher immer Geschichten über das Leben erzählt und von ihm habe ich meine Leidenschaft für die Musik. Er brachte mir das Gitarre spielen bei und von ihm bekam ich meine erste Schallplatte, mit welcher er eine regelrechte Obsession losgetreten hat. Ich danke ihm dafür, dass er meinem Leben einen Sinn gab.

Nancy, der Wagen wurde nach meiner Großmutter benannt, die ich nie kennenlernen konnte, wurde mir dann übermacht, als Gramps von uns ging.

Vorsichtig reibe ich mit meinem Handrücken über die verklebte Wange in meinem Gesicht. Es bringt nichts. Ein kurzer Blick in den Rückspiegel reicht, um zu erkennen wie fertig ich gerade bin. Das Make Up, dass ich aufgelegt habe, ist verschmiert und meine Augen sind rotunterlaufen angeschwollen. Meine Zähne beißen nachdenklich auf meine Unterlippe und meine zusammengekniffenen Augenlider bilden Sorgenfalten auf meiner Stirnpartie.

Dawn hat immer gemeint, meine Art und der zweifelnde Blick in meinem Gesichtsausdruck würden verbissen wirken. Sie dagegen ist der Sonnenschein in Person. Aber bisher habe ich das Ganze nie so betrachtet.

Dawn war da natürlich immer anderer Meinung als ich: »Du bist total angespannt Eden. Mach dich mal locker und ärgere dich nicht immer über dich selbst.«

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⏰ Last updated: Mar 11, 2019 ⏰

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