69. Lass los

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Noah

Wie die zwei größten Vollidioten standen wir hier, ich immer noch an meinem Wagen und schaute die ganze Zeit um mich herum, während Vincent die Hände in den Hosentaschen vergraben hatte und mir nicht eines seiner Blicke würdigte.

Es war still zwischen uns. Sehr still für eine lange Zeit. Wir wollten einfach nicht miteinander reden, das sah man uns an, und jede Sekunde hatten wir mehr die Hoffnung, dass Valeska endlich kommen würde, doch ich hatte eher das Gefühl, dass sie uns von irgendwo her beobachten konnte und solange wartete, bis endlich jemand von uns den Mund aufmachte und redete, doch es geschah einfach nicht. Wie denn auch, wenn wir uns nicht mal ansahen.

Aber ab und zu, ja, da schaute ich mal kurz zu ihm rüber und wenn ich mal nicht guckte, dann tat er es für eine oder zwei Sekunden, obwohl wir wussten, dass der andere es genau mitbekam.

»Wie geht's Hailey«, presste er irgendwann die Frage heraus, die sich nicht wie eine Frage anhörte. Es hörte sich eher an wie ein Zwang, wie ein Muss, nach ihr zu fragen. Ob es gut oder schlecht ist, dass er nach ihr fragt, kann ich mir nicht beantworten.

»Kannst du es dir nicht denken?«, fragte ich und schaute ihn von der Seite an, während ich mit zwei Armbändern, die ich locker um mein Handgelenk gelegt hatte, herumspielte. Er holte tief Luft, die Brust hob sich und sank wieder, die Zunge fuhr über seine Lippen, doch anschauen tat er mich trotzdem nicht.

Die Luft zwischen uns war so dünn, so angespannt und elektrisiert, dass wenn wir diese atmeten, glatt umkippen könnten, weil uns das alles nicht gut tat. Man konnte nicht mal richtig atmen. Ich kam nicht mal dazu, weil ich so nervös und hibbelig war.

Anstatt dass er antwortete, schwieg er.

Er konnte sich wohl sehr gut denken, wie es Hailey ging.

»Hab gehört, dass du sie liebst«, fügte ich hinzu und starrte ihn seufzend an, er biss die Zähne aufeinander, sodass der Kiefer sich anspannte.

»Wer hat dir das erzählt?«, fragte er und guckte mich immer noch nicht an. »Wem hast du es erzählt?«, erwiderte ich diese Frage.

Ich zwang ihn schon förmlich mit meinen Blicken, mich mit seinen Augen anzusehen, doch er drehte sich einfach gottverdammt nicht zu mir um. Entweder schaute er nach links zu seinem Elternhaus oder er schaute einfach nur geradeaus, doch nicht nach rechts, dort wo ich stand. Er vermied mich. Er versuchte mich zu ignorieren, doch er konnte es nicht.

»Hast du sie wirklich geliebt, oder war das nur ein Spiel für dich? Hast du es ernst gemeint? Oder hast du es nur getan, um mich runterzumachen?« Bei dem Gedanken daran, dass Hail ihm vielleicht gar nichts bedeutet hätte, drückten sich meine Fingerspitzen in meine Oberarme hinein, dass es schmerzte. Wenn es stimmen würde, dass Vincent alles nur vorgetäuscht hätte, dann wäre Hail noch mehr am Ende als sie es jetzt sowieso schon war. Obwohl, wenn Vincent Hail wirklich lieben würde, dann wäre das auch ein kleines Problem.

Wenn sie sich das nächste Mal sehen, werden sie um sich herfallen, obwohl Hail weiß, was für einen schlechten Einfluss er auf sie hat und Vincent dies hoffentlich auch weiß, was ich aber bezweifle. Er will Menschen zum Schlechten machen. So war er einfach schon vom Anfang an gewesen.

»Würdest du mir das anvertrauen?«, fragte Vincent durch seine leicht zusammengepressten Lippen und schaute mich endlich mit seinen kalten, grasgrünen Augen an. »Ich vertraue dir gar nicht mehr«, zischte ich nur und kniff meine Augen zusammen, sein Gesicht verdunkelte sich, »Meine Schwester ist verrückt nach dir. Meine Schwester ist verrückt nach allem, was du ihr je gegeben hast, obwohl ich dir vor einem Jahr klar und deutlich gesagt habe, dass du sie daraus halten sollst, noch bevor unserem Streit. Und du hast es trotzdem getan.«

Addicted | wird überarbeitet und in der neuen version wieder gepostet!Where stories live. Discover now