1. Tolles Leben?

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WIRD ÜBERARBEITET UND IN DER NEUEN VERSION WIEDERGEPOSTET!

Ich hielt mein Leben für langweilig, obwohl jeder der mich kannte meines beneidete, was ich kaum verstehen konnte.

Ich war genauso ein Mensch wie jeder andere, der eben etwas mehr Geld und mehr Freunde als andere hatte, womit ich eigentlich so gar nicht zurecht kam. Jeder wollte mit mir befreundet sein, nur weil ich reich war. Ich hatte keine beste Freundin, die täglich mit mir in meinem Bett lag und wir über irgendwelche Scheiße redeten und lachten, obwohl ich es mir doch so sehr wünschte.

Und auch wenn ich viel Geld hatte, hatte ich nicht zum Beispiel direkt das neuste IPhone oder das größte Zimmer mit einem begehbaren Kleiderschrank, dazu ein Whirlpool in meinem Zimmer und noch irgendwo eine richtig große Musikanlage mit dem stärksten Bass.

Nein, ganz im Gegenteil! Ich war nicht mal jeden Tag in New York um zu shoppen und jeden Abend dort in die Nacht zu feiern, so wie das die meisten reichen in meiner Umgebung taten. Ich war sogar noch niemals Nachts in New York gewesen.

Mein Leben war sozusagen einfach nur erbärmlich - nur eben auf einer anderen Art und Weise.

»Liebes«, murmelte ich leise beim Schreiben mit und biss mir auf die Lippe, »Tagebuch.« Dann machte ich eine dramatische Pause, in welcher ich die leere Buchseite anstarrte und überlegte, wie ich meinen Tagebucheintrag anfangen konnte.

Meine Eltern sind jetzt genau zwei Tage in dem zweiwöchigen Urlaub in San Francisco, welchen ich ihnen gebucht hatte, weil sie auch mal Zeit für sich brauchten. Und danach fliegen sie direkt nach São Paulo zu der Familie meines Vaters für eine Woche. Deshalb durfte ich jetzt drei Wochen mit meiner Tante Gracie Talèia Vitória Lopez - aber wir nannten sie nur Gracie - den ganzen Tag zu Hause sitzen und ihr schon zum fünften Mal das Haus zeigen, weil sie mit den ganzen Räumen hier immer noch nicht klar kam. Wäre mein Bruder hier, wäre alles irgendwie viel einfacher, weil ich dann wenigstens noch etwas Spaß hätte, aber da er ja momentan auf dem College ist, ist dies natürlich nicht möglich.

Ich tippte mir mit dem Kugelschreiber an mein Kinn und überlegte, was ich noch schreiben konnte.

Tagebuch schrieb ich eigentlich nie regelmäßig. Meine Mum hat mir mal zum zehnten Geburtstag ein Tagebuch geschenkt und bis jetzt habe ich noch nicht mal zehn Seiten vollgeschrieben, was ich auch nur tat, wenn mir langweilig war und ich nicht wusste, was ich machen konnte.

Als ich das Tagebuch dann zum ersten Mal sah, wusste ich nicht genau, was ich davon halten sollte und meine Mutter war die, die sich richtig darüber freute, dass ich auch mal ein Tagebuch besitze, wie alle meine anderen Freunde, die auch ungewollt eines bekamen.

Außerdem waren das nicht mal Geheimnisse, die ich reinschrieb, das waren eher Beschreibungen, was ich an dem Tag gemacht hatte und je öfter ich mir das durchlas, desto mehr fragte ich mich, was ich für eine grässliche Schrift vor sechs Jahren und was ich überhaupt da rein geschrieben hatte!

»Hail!«, hörte ich plötzlich die Stimme meiner Tante Gracie von unten brüllen, »Komm mal bitte runter!«
Genervt klappte ich mein Tagebuch zu, schmiss es auf mein Bett und schlenderte die Treppen herunter, schaute überall unten rum, wo sie war, bis ich sie schließlich nach zwei Minuten draußen auf der Terrasse vor dem Laptop sitzen sah.

Wir haben gerade Mitte August und laut mir ist das der heißeste Monat im ganzen Jahr und immer wieder fragte ich mich, wie sie die Lust dazu hatte, draußen in der Hitze zu sitzen, wenn ich schon in meinem Zimmer mit einem Ventilator in einer Unterhose und einem langen, lockeren T-Shirt kurz vorm Sterben war.

Addicted | wird überarbeitet und in der neuen version wieder gepostet!Where stories live. Discover now