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Ich sitze alleine an dem massiven Holztisch. Mein Atem ist unregelmäßig. Ich habe Angst. In mir ist ein unerträgliche Gefühl, das sich in Spannung und Ungewissheit teilt, Meine Finger kleben aneinander, ungeduldig fahren sie die Unebenheiten des Tisches nach. Ich würde gerne schreien. Meine Gedanken kreisen um Juliana.
Meine Juliana, die wegen mir viel zu schwach ist. Nur für sie tue ich das alles.
Für Juliana und Miguel. Ein Liebespaar, dem nichts gegönnt sei.
Ich ziehe mein Handy aus der Hosentasche. Keine neuen Nachrichten. Ich stöhne und schiebe es zurück.
Endlich geht die Tür auf. Der Pfleger, der mich vorhin empfangen hat betritt den Raum. Diesmal ist er nicht alleine. Neben sich zieht er sie her.
Meine Juliana.
Ich weiß nicht was ich mit meinem Gesicht machen soll. Soll ich lächeln. Ich denke nicht das Juliana es erwidern würde. Also lasse ich es.

Sie sieht anders aus als ich es mir vorgestellt habe. Ihre Haut ist so weiß, nur unter ihren Augen zeichnen sich dunkle Schatten ab. Als hätte sie Nächte nicht geschlafen. Ihre Nase ist knochig, gar nicht so zart wie ich sie immer beschrieben habe.
Ihre Lippen sind dafür genauso voll wie ich es beschrieben habe, jedoch weit aus  trockener und rissiger. Ihre Augen sehen mich nicht an. Ihr Blick liegt auf dem Tisch. Ganz starr schaut sie auf das Holz, ohne mit der Wimper zu zucken.
Ihre Haare sind im Ansatz fast schwarz, doch in den Spitzen ziemlich hell. Sanft fallen sie ihr über die Schulter.
Ihre Figur ist kaum erkennbar unter dem weißen Etwas das sie anhat. Doch ihre Arme sehen knochig aus und ihr Gesicht lässt ebenfalls er ahnen, dass sie ziemlich abgemagert sein muss. Dieses Erscheinungsbild lässt mich noch ein wenig nervöser werden.
,,Alba Lewiling hat sich aus freiem Willen bereit erklärt, an der Befragung teilzunehmen. Jedoch wird bei einer zu starken psychischen Belastung ein sofortiger Abbruch eingeleitet." durchbricht der Pfleger die Stille.
Ich nicke. Juliana reagiert nicht.
,,Heute habt ihr eine Stunde Zeit. Ihr steht unter Beobachtung." Grob packt er Julianas Arm und drängt sie auf den Stuhl gegenüber von mir. Dieser scheint das ziemlich egal zu sein. Ihr Blick weiterhin starr auf den Tisch gerichtet.
,,Viel Erfolg." damit verlässt der Pfleger den Raum. Das einzige was mich noch von der Frau gegenüber trennt ist der riesige Tisch.
Ich schlucke. Juliana bewegt sich keinen Millimeter, ihre Hände liegen auf dem Tisch. Die Handschellen halten sie zusammen. Ob diese Maßnahme wohl notwendig wahr.
Ich schlucke erneut.
,,Hallo Alba, mein Name ist Pia. Ich freue mich sehr, dass du einverstanden bist mit mir über deine Vergangenheit zu reden." Meine Stimme zittert. Juliana muss denken ich bin verrückt. Zum ersten Mal hebt die Frau mir gegenüber ihren Blick.
Ihre blauen Augen schauen mich geradewegs an. Ihr Blick ist kalt, sehr kalt sogar.
„Ich will das man mich hört." Ihre Stimme ist unerwartet sanft und feminin.
Doch ich verstehe nicht was sie damit meint. „Ich kann dich hören, kein Problem." antworte ich hastig. Nervös tippe ich mit meinem Finger auf die Tischoberfläche.
„Nein. Ich will das man meine Geschichte hört. Ich will das ihr mich versteht. Ich bin nicht verrückt." In ihren Augen wechselt die Emotion. Das Leere ist wie weg gewischt. Kummer, Angst, Verzweiflung. Plötzlich scheinen ihre Augen das Tor zu ihrer Seele zu sein, das davor gut verriegelt war.
Ich nicke. „Okay, ich bin da um dir zu zuhören und um deine Gedankengänge zu verstehen.'' Unbewegt bleibt Juliana sitzen und sieht mich an. Ihre Augen sind glasig. Ihre Körperhaltung ist unnatürlich. Ich würde sie so gerne ändern, als wäre sie eine Puppe.
„Wieso willst du es versuchen. Weder die Ärzte, noch die Richter haben es tatsächlich versucht." Ihre Stimme zittert. Ihre Augen wandern an mir herab, zurück auf den Tisch.
„Du erinnerst mich an jemanden. Ihr Name ist Juliana. Ich will ihr helfen, und vielleicht bist du der Schlüssel dafür." Ich versuche selbstbewusster zu klingen. Zugleich versuche ich ihr mit meinen Augen Sicherheit zu geben.
Scheinbar funktionierst.
„Du willst alles wissen?" „ Ja ich würde gerne alles wissen Alba."
Sie atmet einmal durch.
„Dann erzähle ich dir jetzt, wieso ich die Liebe meines Lebens ermordet habe."

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⏰ Last updated: Apr 05, 2019 ⏰

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