Cillies Morgengabe - Teil 1

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„Das ist nicht Mamas Ernst!", brüllte Kris.

Nach Cillies Hochzeit war die Küche in einem Zustand, als habe ein Krieg in ihr getobt. Sogar auf den Stühlen standen benutzte Töpfe. Der Boden war schwarz vor Dreck, auf der Feuerstelle war etwas explodiert und an den Wänden klebten Essensreste.

Davy lachte. Noch nie hatte er die Küche, in der sich immerhin der Großteil des Stammeslebens abspielte, so verwüstet gesehen.

Kris sah Laila gequält an. „Wir brauchen Monate für den Abwasch!"

„Geschieht euch recht", rügte Mai. An ihren Armen zogen Kinder und bettelten sie an, ihnen Reste der Hochzeitstorte zu geben. „Müsst ihr Judith ständig Kummer machen?"

Laila, die sich am Kachelofen aufwärmte, schlug mit ihrem Handtuch nach Gesindekindern. „Frösche, raus mit euch! Husch!"

Derek hasste Fremde im Haus und Laila wusste, dass Cillies Übernachtungsgäste die Toleranz des Chefs aufs Äußerste strapaziert hatten. Es war ratsam, ihn nicht zusätzlich zu reizen.

Sie scheuchte die kleinen Frösche hinaus. „Husch! Verschwindet!"

Mai schnitt ihren Schwestern Tortenstücke ab. Sie mampften gierig und endlich sank der Lärmpegel.

Die Zwillinge zogen ihre nassen Anzüge aus und warfen sie auf das Schlachtfeld, was einst der Esstisch gewesen war. Kris riss sich das Hemd vom Körper und fluchte über die Türme schmutzigen Geschirrs.

„Wenn ihr euch wie Kinder benehmt dürft ihr euch nicht wundern, wenn Judith euch wie Kinder behandelt", kommentierte Mai und sah Laila vorwurfsvoll an. „Bist du nicht langsam zu groß für solche Albernheiten?"

Früher war Mai immer die Erste bei der Mammutherde gewesen. Doch mit dem Tod ihrer Mutter hatte sie sich verändert.

„Gib dich nicht so schrecklich erwachsen." Laila zwinkerte ihrer Freundin zu und ließ ihr Handtuch fallen. Sie schlüpfte in Dereks ausgebeulte Sweatjacke, die sie problemlos als Umstandskleid hatte tragen können.

„Ich war schon erwachsen. Ist langweilig."

Kaum hatte Laila ausgesprochen wurde ihr bewusst, dass Davy zuhörte. Er blickte zu Boden.

Laila tat, als würde sie nichts bemerken. Schnell zog sie sich den Reisverschluss der Sweatjacke bis zum Hals zu.

Dann trat sie an die Wiege, in der seit Laila denken konnte immer ein Baby gelegen hatte, und hob Bennie heraus.

Das Baby war bereits frisch gewickelt und ruderte fröhlich mit seinen Ärmchen. Laila drückte ihm einen Kuss auf die Wange, stopfte sich selbst ein Stück Torte in den Mund und ging.

„Laila, verdrück dich nicht!", empörte sich Kris.

„Du hast Derek gehört", antwortete sie kauend. „Die Comitissa verlangt nach mir."

„Das ist unfair! Mensch, wieso immer ich!" Sie hörte ihn einen Stapel Töpfe umstoßen. „Mai, komm her! Du auch, Cúc! Meine Mutter hat gesagt, ihr sollt mir beim Abwasch helfen."

Laila stieg die Treppe hinauf. Das Erdgeschoss mit seinen Empfangsräumen durchquerte sie ohne Beachtung. Hier hielten sich die Krähen nur in kalten Wintern auf, wenn sie am Kamin schlafen mussten. Im Speisesaal hörte Laila Stühle rücken und sah Irmgard die Möbel wieder mit Tüchern abhängen.

Sie nahm die Treppe zu den Schlafzimmern und musste Bennie von den einen auf den anderen Arm wechseln. Fünf Monate war das Baby nun alt und hatte tüchtig zugelegt. Laila schätzte, dass es das Gewicht einer ausgewachsenen Hausgans erreicht hatte.

Prinzessin der Krähen *pausiert*Where stories live. Discover now