- Kapitel 17 - Wärme

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pov Cary

Irgendwann stand er dann auf und hielt mir wieder seine Hand hin. Fragend sah ich ihn an und musterte seinen Körper. Seine Erscheinung war selbstbewusst und doch in gewisser Weise traurig. Tiefe Emotionen lagen in seinem Blick und ließen mich vermeintlich in seine Seele blicken. Ich wusste nicht, ob ich eben genau dies tat. Ich kannte diesen Mann kaum, aber ich fühlte mich auf so eine perfide Art zu ihm hingezogen und spürte eine tiefe Verbundenheit zu ihm. Dieses Gefühl hatte ich noch nie in mir gespürt und ich wusste dementsprechend nicht, wie ich damit umgehen konnte. Ich fühlte mich auf der einen Seite hilflos und entblößt gegenüber ihm, doch der andere Teil versprach mir fast, dass Patrick mir keinen Schaden zufügen würde, mit dem was er bereits wusste. Aber wusste er irgend etwas über mich? Alles, was ich ihm gezeigt hatte, war der Gegensatz meiner selbst. Ich wollte ihm nichts vormachen und genau hier tat ich dies nicht. Ich zeigte ihm das, was von mir übrig geblieben war. Seine Entscheidung war es, mein Angebot anzunehmen, oder mich zu verlassen und ich wüsste nicht, ob ich dann jemals wieder aus diesem Tief heraus kommen könnte, oder auch nur wollte.

Zögerlich legte ich meine Hand in seine und ließ mir aufhelfen. Er schaute mich an und lächelte leicht, was er aber mehr mit den Augen, als mit dem Mund tat. Der Mond spiegelte sich in seinen braunen Augen. Hell und klar erleuchtete dieser die Straße und zeichnete wunderschöne Linien auf dem Wasser.  Generell schien sein ganzer Körper irgendetwas majestätisches an sich zu haben. Zumindest machte es auf mich den Eindruck. Er drückte meine Hand und sah mir lange in die Augen, bevor er mich an sich drückte. Ich war zu überrascht, um etwas zu sagen, aber lehnte mich dennoch an ihn. Seine Umarmung wirkte, verzweifelt? Ich konnte es nicht ganz zuordnen, aber seine Finger verspannten sich an meinem Rücken und zogen mich enger zu ihm. Ich legte vorsichtig meine Arme, um ihn und erwiderte die Umarmung schließlich. Er zuckte, als er dies spürte, aber machte keinen Schritt zurück.
Es fühlte sich anders an, als alles davor. Er wirkte auf einmal so verletzlich und mir wurde bewusst, dass ihm etwas widerfahren sein musste. Dass er Gedanken hegte, die ein glücklicher Mensch nicht haben sollte. Mit diesem Körperkontakt öffnete er sich mir und versuchte verzweifelt mir zu sagen, dass er Trauer in sich trug. Augenblicklich wusste ich, was früher oder später passieren musste. Ich seufzte und drückte ihn noch einmal, bis ich mich aus seinen Armen befreite. Automatisch griff seine Hand wieder nach meiner und für einen Moment, schaute er auf unsere miteinander verschränkten Finger, schüttelte verwirrt den Kopf und zog mich ohne ein Wort zu sagen, mit sich.

Er schwieg die ganze Zeit und hätte er nicht immer noch meine Hand gehalten und diese ab und zu gedrückt, dann hätte ich geglaubt, dass er mich vergessen hatte. Ich wusste nicht, wie ich mich fühlen sollte und, dass er mich seelisch in gewisser Weise gerade im Regen stehen ließ, war nicht hilfreich. Es baute sich genau in diesem Moment eine Distanz zwischen uns auf und ich spürte, wie sie mir langsam aber sicher die Kehle zudrückte. Ich wollte mich nicht schon wieder von einem Menschen entfernen, für den ich ansatzweise etwas empfand. Ich hatte Angst, vor dem, was danach geschah. Wieder alleine zu sein und dann auch noch mit einem gebrochenen Herzen.
Konnte ein Herz noch mehr sein als gebrochen? Ich wusste es nicht und war mir sicher, dass ich das auch nicht wissen wollte. Es wurde immer kälter und trotz den warmen, sonnigen Tagen, war die Nacht unerbittlich und ließ mich immer wieder aufs Neue erschaudern. Das einzige, was mich wärmte, war Patricks Hand, die mich hinter ihm herzog. Es tat weh, auch wenn es von ihm nicht so gemeint war.

Die Gegend kam mir sehr bekannt vor und etwas neugierig schaute ich mich um. Auch hier standen die Häuser dicht an dicht und es fühlte sich an, als würden sie nach Luft ringen, weil es kaum Platz zum atmen gab. Patrick zog mich auf ein ganz bestimmtes Haus zu und kramte gleichzeitig mechanisch in seiner Jackentasche nach einem Schlüssel, wie ich vermutete. Plötzlich erinnerte ich mich wo wir waren. Hier hatte Patrick mich gefragt, ob ich mit ihm in die Wohnung kommen wollte und dies war der Ort, an dem Tim wohnte. Ruckartig blieb ich stehen und stemmte meine Füße regelrecht in den Boden, sodass Patrick zurück gezogen wurde. Mir wurde eiskalt und ich hätte auf der Stelle zusammenbrechen können, was ich allerdings irgendwie verhindern konnte. Trotzdem fing mein Körper an, wie von alleine, zu zittern und ich merkte, wie meine Beine mein Gewicht nicht mehr lange tragen konnten, auch wenn sie den ersten Schlag weggesteckt hatten.
Nun drehte sich Patrick etwas erschrocken um und seine Augen weiteten sich etwas, als er mich anblickte. Sofort legte er einen Arm um mich und drückte mich sanft an seinen Körper. Für einen kurzen Moment sackten meine Knie zusammen und Patricks zweiter Arm schnellte um mich und hielt mich hoch. Immer noch völlig erstarrt und mit weit aufgerissenen Augen ließ ich es geschehen, dass er mich vorsichtig an sich lehnte und mit mir Richtung Tür ging, die er nun mit einer flinken Umdrehung seines Schlüssels öffnete. 

Meine Gedanken rasten umher, als ich den mir bekannten Hall unserer Schritte im Treppenhaus erkannte. Eine klebrige Masse lag nun in der Luft und es schien, als würde sie mich mit aller Macht zurück schieben. Ich hörte Stimmen, wo keine Stimmen hätten sein dürfen und ich spürte, wie mir Schweißperlen die Stirn herunter liefen, obwohl mein Körper vor Kälte zitterte. Patrick bemerkte all dies und sah mich immer wieder besorgt an, er schon mich allerdings bestimmt weiter und verstärkte seinen Druck an meiner Schulter, dass ich keine andere Möglichkeit hatte, als an ihm gequetscht zu versuchen, durch diese Flure zu gehen.

Anders als Tim es getan hatte - alleine bei diesem Gedanken spürte ich einen so großen Stich in meinem Herzen, dass es unerträglich wurde - machte Patrick an einer Tür im ersten Stock halt und schloss auch diese auf. Mit einem Mal normalisierte sich meine Umwelt und ich stolperte nach vorne und wenn irgendjemand in diesem Haus bis gerade noch geschlafen hatte, dann waren diese nun geweckt worden. Der Knall meines Sturzes hallte im gesamten Treppenhaus, da Patrick die Tür noch nicht geschlossen hatte. Ich kauerte an der Wand und hatte keine Kraft mehr, um aufzustehen, also versuchte ich es auch gar nicht mehr. Mir war immer noch eiskalt und gehetzt fuhr ich mir wieder und wieder über meine Arme. Ich bekam nicht mit, wie Patrick die Tür schloss hnd verzweifelt versuchte auf mich einzureden. Dumpf schlugen seine Worte an meinen Kopf und von dort flogen sie sofort wieder in den Raum zurück. Mein Fingernägel hatten sich mittlerweile so heftig in meine Handballen gekrallt, dass warmes Blut aus meiner offenen Haut lief. Beim Anblick dieser roten Stellen wurde mir schlecht und nur mit Mühe konnte ich meinen Würgereiz unterdrücken. Patrick kniete neben mir und sagte immer wieder irgendwelche beruhigenden Sätze, an die ich mich allerdings in keinster Weise erinnern konnte. Er nahm meine Finger langsam in seine Hand und strich mit seinem Daumen über meinen Handrücken. Er zog meine Finger zu seinem Mund und drückte diesen einen sanften Kuss auf. Danach versuchte er mir in die Augen zu sehen, er merkte allerdings, dass ich längst nicht mehr hier war. Mein Körper fühlte sich leblos an und nur das immer wieder auftretende aufzucken, ließ mich lebendig fühlen. Der Schmerz gab mir Gewissheit, dass es noch nicht zu Ende war.

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