Kapitel 2

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Ich kaue auf meinem Stift rum und versuche die Zahlen auf dem Arbeitsblatt in irgendeiner Art und Weise dazu zu zwingen, Sinn zu ergeben. Doch mein Gehirn läuft bereits auf Hochtouren, was heißt, dass mein Matheverständnis dieser Stunde gleich null ist. Ich seufze und blicke auf das Blatt meiner Nachbarin Lea. Sie schreibt ununterbrochen und lässt sich gar nicht erst von irgendetwas ablenken, im Gegensatz zu mir. Ich schaue größtenteils aus dem Fenster und beobachte die Elstern, die über unseren leeren Schulhof wandern. Hin und wieder werfe ich auch einen Blick auf die Uhr, um sicherzugehen, dass die Stunde wirklich noch nicht vorbei ist, und ich mich bloß verguckt habe. Jedoch scheint der Zeiger heute so langsam zu kriechen, dass ich schon Angst habe, er könnte jeden Moment den Geist aufgeben und stehen bleiben. Ich seufze. Das einzige was sich auf meinem Zettel befindet sind eilig hingekritzelte Formeln, die mir beim Errechnen der Aufgaben jedoch nicht auf die Sprünge helfen.

Ich stoße Lea an, in der Hoffnung dass sie mich nicht ignoriert. Zu meiner Verwunderung schaut sie sogar auf und blickt mich fragend an. Ich flüstere: "Verstehst Du das?" Sie schüttelt den Kopf und wendet sich wieder ihren Aufgaben zu. Na toll. Als ob die das nicht versteht. Ich rege mich innerlich über sie auf, und drehe mich nach hinten zu Paige. Sie schaut mich bereits verzweifelt an, was mich vermuten lässt, dass sie genauso wenig Ahnung hat wie ich. Ich deute ihr mit Gesten, wie sehr ich mich über Super-Hirn Lea aufrege, was sie zum kichern bringt. Durch ein Räuspern vor meinem Tisch werde ich aufmerksam und drehe mich nach vorne. Mr Huber schaut mich prüfend durch seine runden Brillengläser an.

"Und, Mrs Gabe, wie weit sind sie bereits mit den Aufgaben gekommen?" Ich schlucke und stammel: "Ähm... also... Ich versteh das nicht ganz..." Er beugt sich weiter zu mir runter und räuspert sich erneut, woraufhin ich seinen alten, ledrigen Geruch wahrnehme.

"Na hören sie aber mal! Das Thema ist doch nicht neu! Wir besprechen das System doch bereits seit mehreren Wochen! Also wirklich Madame,  wenn sie dieses Jahr in der Mathematik nicht ganz abrutschen wollen, müssen sie sich aber gewaltig zusammenreißen! Da erfordere ich ein bisschen mehr Leistung!", merkt er bei, und ich nicke beschämt. Als er unserer Klasse wieder den Rücken zu dreht, lacht jemand laut los, was mich wütend aufschauen lässt, da ich bereits weiß wer das ist. Wie erwartet schaue ich in das frech grinsende Gesicht von Nate, der mich herausfordernd anblickt und mich an ein Zähne fletschendes Tier erinnert. Ich will gerade einen Spruch ablassen, als Lea mir ihre Hand beruhigend auf die Schulter legt, und beschwichtigt: "Lass dich nicht von ihm reizen! Genau das will erdoch!" Ich werfe Nate noch einen wütenden Blick zu, dann wende ich mich an Lea. "Der regt mich so auf", gebe ich seufzend zu, doch sie schüttelt nur ihren Kopf, was ihre kurze Bob-frisur hin und her wackeln lässt. "Zeig's ihm nicht", meint sie. "Ich weiß zwar nicht, was zwischen euch vorgefallen ist, aber wenn es dich aufregt, dass er jetzt so handelt wie er es tut, dann ignorier ihn. Er hat Spaß daran dich zu ärgern." Sie lächelt sanft und ich starre sie ein paar Sekunden an, bis ich mich fasse und murmele: "Ich... ich wusste nicht, dass du das mitbekommen hast..." "Hab ich auch nicht. Aber manche Veränderungen merkt man", erklärt sie und wendet sich wieder ihrem Matheblatt zu. "Und diese verdammten Aufgaben versteht doch eh kein Mensch, ruft sie aus, was mich stocken lässt. "Du... Du verstehst Mathe auch nicht!?", frage ich sie überrascht. Sie schüttelt den Kopf. "Hab ich dir doch gesagt." Ich nicke schnell, dann beuge ich mich über meinen Zettel, damit keiner mich beim Nachdenken stört. Ich hasse es wenn jemand das Thema Nate anspricht. Allein die Tatsache, dass ich dann immer fast anfange in Tränen auszubrechen, verstärkt meine Abneigung gegen diese Art von Gespräche.

Schon seit drei Jahren ist die Luft zwischen Nate und mir am knistern, und das, wo vor unserem Streit keiner erwartet hätte, dass wir je einer Auseinandersetzung, in der wir uns gegen den jeweils anderen stellen würden, führen würden. Um es genauer zu sagen - Nate war mal mein bester Freund. Die Betonung liegt auf "war", da er mittlerweile den Flair eines reichen, arroganten Arschloches hat. Er ist auf jeder Party dabei, lässt sich nichts entgehen, was seine leider hohe Beliebtheit noch größer werden lässt. Die Mädchen auf unserer Schule himmeln ihn quasi an, und ich verwette meine linke Hand darauf, dass fast jeder junge auf dieser Schule so sein will wie Nate - was ich für ein großes Problem erklärt habe, da es in jeder Hinsicht nötig ist, dass ihm mal jemand einen ordentlichen tritt in sein bescheuertes Ego verpasst. Viele denken es macht mir zu schaffen, dass ausgerechnet ICH jetzt eines seiner "Opfer" geworden bin, doch das ist mir herzlich egal, da ich mich in keinster Weise mehr für ihn interessiere. Die einzigste Sache, über die ich ständig nachdenken muss und über welche ich auch nicht selten weine, ist die Tatsache, wie sehr Menschen sich doch verändern können, wir viel Misstrauen eigentlich für einen selber wichtig ist, um nicht verletzt zu werden. Ich sage mir immer, ich habe etwas gelernt, dadurch dass meine Freundschaft zu Nate zerbrochen ist, jedoch sagt eine kleine, klägliche Stimme in meinem Kopf mir immer und immer wieder, dass ich es nicht schaffe, loszulassen. Das meine Vorstellung einer Lebenslehre bloß eines meiner Hirngespinste ist, und ich immer so weiter machen werde. Du trauerst ihm hinterher, gib es doch einfach zu, flüstert sie hinterlistig. Immer wenn die Stimme auftaucht, versuche ich sie so gut es geht zu ignorieren, und sage mir, dass ich psychische Probleme habe. Doch wenn es mich nur einen Hauch interessieren würde... warum denke ich dann ständig darüber nach? Dieser verflixte Gedanke ist der Grund, warum mein innerer Teufel besteht, nicht untergeht. Er ernährt sich von meiner Angst, von Zweifel und Wut. Ich schwöre, wenn ich einmal die Chance da zu kriege, trete ich diesem Vollidioten einmal kräftig in den Hintern.

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So hier Kapitel nr. 2:p

etwas kurz ich weiss...;)

Past? (Niall Horan)Kde žijí příběhy. Začni objevovat