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Dieses Geräusch, wie er mit seinen Fingerspitzen auf die alte Schreibmaschine irgendwie fast liebevoll einschlägt, während er seine eigenen Gedichte verfasst. Ich kann es hören.

Ich kann es hören, ohne jemals dabei gewesen zu sein - ohne zu wissen, ob das der Wirklichkeit entspricht.
Ich kann es mir vorstellen.

Ich stelle mir vor, dass er morgens aufsteht - Seine Wohnung eingerichtet wie man sich die Wohnung eines Künstlers vorstellt.
Wobei hier nicht die rede ist, von einem der mit Pinseln und Farbe schwingt.
Einem Wortkünstler. Ein Poet.

Ich stelle mir also vor, dass er nicht der ordentlichste ist aber dennoch viel von Ordnung hält und weiß wo er das findet, was er braucht.
So steht er morgens in einem weißen Shirt und den karierten Boxershorts auf.
Mit zerzausten Haaren geht sein erster Griff zur Brille, die auf dem Nachttisch neben einem seiner unzähligen Bukowski und Kafka Büchern liegt.
Dann bewegt er sich erst einmal in die Küche, die vom Vorabend noch nach indischem Essen oder Pasta riecht und macht sich Kaffee.
Mit dem Kaffee in der Hand schnappt er sich das Buch, dass er gerade ließt und setzt sich auf einen der auf dem Balkon stehenden Holzstühle.
Dort zündet er sich eine Kippe an. Danach die zweite. 
Die Kaffeetasse stellt er gemütlich auf das Fensterbrett.
Draußen ist es recht frisch und die Sonne ist gerade erst dabei sich dem heutigen Tag zu zeigen.
Doch er genießt die frische Luft am morgen.

Mit einer leeren Tasse und weiteren gelesenen Seiten kommt er gähnend wieder herein.
Er legt das Buch zurück, bringt die Tasse in die Küche und bewegt sich in sein Bad.
Das Bad ist nicht das schönste - aber es erfüllt seinen Zweck.

Er duscht.
Seine Haare lässt er so, wie sie gerade fallen. So sieht er manchmal etwas zerzaust aus.

Er zieht sich an. Jeden Tag das selbe.
Shirt, Sakko, Hose, Sneaker, Mantel. Manchmal aber auch ein Hemd. 

Es gleicht einer Mischung aus Moderne und Lyriker.

Zur Arbeit nimmt er seine Ledertasche, in der er das Buch einsteckt, dass er vorher noch auf dem Balkon gelesen hatte. Eine Schachtel Kippen nimmt er auch noch mit.
Drehen muss er nicht, er verdient genug Geld.

Für die  Pausen steckt er das lyrische Werk von Kafka in die große Tasche seines braunen Mantels.
Er läuft die Treppe des recht bunten Altbau aus den 70er Jahren hinunter.
Draußen zieht er das Buch aus seiner Tasche und hält in der anderen Hand die Schachtel, aus der er sich dann eine Kippe heraus zieht.
Er steckt sie sich an, klappt das Buch auf und ließt.
Gemütlich raucht er die Kippe, denn er hat zeit.
Als nur noch ein Filterrest von ihr übrig ist klappt er das Buch zusammen, lässt es wieder in der Tasche des Mantels verschwinden, läuft zum nah gelegenen Mülleimer und drückt sie aus.

Als wäre nichts gewesen verschwindet er wieder im Gebäude.

Abends kommt er nachhause.
Schmeißt seine hellbraune Ledertasche auf den Tisch, auf dem auch seine Schreibmaschine steht.
Die Schreibmaschine ist schwarz lackiert und durfte bei ihm als Flohmarkt-Fundstück mitgehen.
Er ist schon fast stolz auf sie.   
Neben ihr liegt außer einem überfüllten Aschenbecher eine leere Flasche Wein, von der Kerzenwachs tropft, ein Skript von mehreren Seiten.
Es ist ein neues Drehbuch aus einem Theaterstück, in dem er sich eine Rolle ergattern konnte. 
Das Theater. Er spielt seit seinen Kindertagen und liebt es, sich in verschiedene Rollen einzuspielen. 
Menschen interessieren ihn. 
Vielleicht wurde er deswegen auch Lehrer. 
Vielleicht ist er deswegen selbst so faszinierend. 


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⏰ Last updated: Jan 12, 2017 ⏰

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