Die Entscheidung

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(Thranduils Sichtweise)


Erneut eine dieser Nächte, in denen ich nicht einschlafen konnte und das nur wegen eines gebrochenen Arms und einer linken Hand. Ich zuckte vor Schmerz zusammen, als ich mich auf den verletzten Arm stützte um mich aus meinem Bett zu erheben. Es war geradezu lächerlich, dass ein unsterbliches Wesen, ein Elb und dann noch der König, von etwas so nichtssagendem wie einem gebrochenen Arm behindern lässt. Und das, obwohl in drei Tagen das Treffen mit den Orks bevorsteht!

Ich trat auf meinen geräumigen und von Efeu umrankten Balkon, während ich versuchte, mit der nicht verletzten Hand ein paar Kerzen zu meiner Linken zu entzünden. Als es mir gelang, trat ich nah an den Rand des Balkons und ließ meinen Blick über eins der mächtigsten Reiche Mittelerdes schweifen. MEIN Reich.

Ich sah außer den meinen keine weiteren Lichter brennen, was hieß das von meinen Untertanen niemand mehr auf war. Ich schnaubte verächtlich bei dem Gedanken daran, das sie bei Nacht nicht ausgingen, wo doch die Sterne ein Teil von uns und so viel schöner als die Sonne sind.

Aber wie dem auch sei, ich hatte andere Sorgen. Mir war klar, das die Orks, hinterhältig und schmutzig wie sie waren einen Hinterhalt bei unserem "freundschaftlichen"  Zusammenkommen und vielleicht sogar meinen Tod planten. Anfangs war mir das egal gewesen, denn ich war ein guter Kämpfer und auf mich allein gestellt war ich ebenfalls oft genug gewesen, doch dann war mir gestern dieses Missgeschick passiert und mein Arm, sowie meine Hand sind gebrochen. Auch wenn es nicht besonders viele Orks sein würden, könnte ich mich nicht ausreichend verteidigen.

Ich rieb mir die Schläfen und blickte erneut herab auf mein Reich, das des Nachts so still und leblos schien. Da erblickte ich plötzlich vor den Toren meiner Stadt das Licht einer Laterne durch den Wald flackern. Wer immer es war, auch er konnte nicht schlafen. Wenigstens einer meiner Untertanen ist noch ein wahrer Elb und scheut weder Natur noch die Sterne...Ich würde ihn gerne kennen lernen, er müsste mir ähnlicher sein als jeder andere im Umkreis von tausenden von Metern und ...Nein, ich brauchte weder Gesprächspartner noch Freunde.

Da kam mir eine Idee, auch wenn es mir nicht gefiel, müsste ich eine Eskorte zu dem Treffen mitbringen. Nach kurzer Überlegung strich ich auch diese Möglichkeit wieder. Sie hatten die Bedingung gestellt, das ich alleine oder höchstens mit einem einzigen Begleiter kommen durfte. VERDAMMT!

nun ja, dann musste ein Begleiter reichen und zwar ein guter. Besser gesagt ein sehr guter. Der Beste.

Und, wer weiß, vielleicht war es sogar der Elb der zu so später Stunde wie ich im Licht der Sterne wandelte... Nein, das wäre verrückt. Ich musste mich dringend ausruhen. Ich löschte das Licht meiner Kerzen und legte mich in das geräumige Bett, dass ich schon so lange mit niemandem mehr teilte...

(Tauriels Sichtweise)

Auch heute konnte ich aufgrund meiner düsteren Albträume nicht schlafen, also schlich ich mich wie so oft hinaus in den Wald. Ohne ein wirkliches Ziel zu haben, bahnte ich mir einen Weg durch das wilde und doch so vertraute Dickicht. Als ich stolperte, entschied ich mich widerwillig dazu, doch die Laterne zu entzünden, welche ich vorsorglich mit mir genommen hatte. Ich empfand es fast schon als Verbrechen, das Licht der so schönen Sterne durch das einer einfachen Laterne zu ersetzen. Genauso unvernünftig fand ich auch, dass ich des Nachts immer die einzige von uns war, die draußen war,  wo doch die Elben so eng mit den Sternen verbunden waren und zu ihnen gehörten wie der Pfeil zu meinem Bogen.

Als ich mich wieder zum Gehen wandte, um wenigstens ein bisschen Schlaf zu bekommen, fiel mein Blick auf das Wahrlich letzte Licht das im Schloss noch brannte. Bei genauerem Hinsehen erkannte ich, dass es die Gemächer meines Königs Thranduil waren. Das er der einzige war der außer mir noch wach war, gab mir das eigenartige Gefühl, mit ihm verbunden zu sein. Ich lächelte bitter,  als ich das noch einmal genauer durchdachte. Er war kalt wie Eis und auch das er keine Liebe kannte, hatte er erst kürzlich unter Beweis gestellt. ER hatte mich zu sich gerufen, um mir mitzuteilen, dass er eine Beziehung zwischen einer so normalen Elbin wie mir und seinem Sohn nie tolerieren würde. Ich biss mir auf die Unterlippe, um die schmerzhafte Erinnerung zu verdrängen. Ich wusste, dass Legolas mich liebte und auch das ich seine Gefühle nicht wirklich erwiderte und doch war er mir in freundschaftlicher Hinsicht von den tausenden Elben hier der Wichtigste und liebste geworden.

Endlich war  ich vor dem Haupttor angekommen und blickte ein letztes Mal zurück in den schützenden und vertrauten Wald, der mir neben Legolas der einzige echte Freund zu sein schien. Es war seltsam, doch aus dem Augenwinkel sah ich das exakt in der Sekunde, in der ich mein Licht löschte, auch das von Thranduil erlosch. "Als wären wir identisch", dachte ich noch, doch verwarf den Gedanken schnell wieder... Das war absurd, ich litt sicherlich an Schlafstörungen.

Doch egal ob Unsinn oder nicht, in dieser Nacht hatte ich das erste Mal seit langem keine Albträume mehr. Sie waren ebenso schnell verschwunden wie sie gekommen waren und hinterließen nur einen Traum von Thranduil...   

Can a cold heart love?Where stories live. Discover now