17. Türchen

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Der Rest der Woche verging für Hermine in einem Wirbel aus komplizierten Gefühlen, wundervollen Abendessen und kurzen Nächten. Irgendwie hatte es sich in ihre Routine geschlichen, dass sie nach dem Abendessen noch einige Zeit mit Harry auf der Couch verbrachte, entweder beide still lesend oder bei einem Glas Rotwein in eine Unterhaltung vertieft, nur um später in der Nacht schwitzend und mehr als befriedigt nebeneinander zu liegen, nachdem sie sich stundenlang durch die Laken gewälzt hatten. Es fühlte sich gut an, es fühlte sich wie eine Beziehung an, und nach ihrem letzten Streit war die aggressive, besitzergreifende Seite von Harry auch nicht erneut zum Vorschein gekommen. Er machte ihr morgens ein Frühstück, stellte keine Fragen, wenn sie spät heimkam, sondern im Gegenteil hörte aufmerksam zu, wenn sie sich über ihre Arbeit beklagte.

Und spät heimkommen tat sie inzwischen jeden Abend. Jeden Tag in dieser Woche war Draco Malfoy kurz vor Feierabend bei ihr aufgetaucht, immer dann, wenn alle ihre Mitarbeiter gerade nicht da waren, hatte angeklopft, einige freundliche Worte mit ihr gewechselt und sie dann in ein immer neues Restaurant zum Essen ausgeführt. Er hatte ihr keine weiteren Fragen über ihr Liebesleben gestellt, sondern sich stattdessen mit ihr über politische Entwicklungen im Land oder innerhalb der Verwaltung unterhalten. Und obwohl sein Auftauchen von Tag zu Tag merkwürdiger wurde, entspannte sie sich doch von Tag zu Tag mehr in seiner Gegenwart.

Wie immer mehr als gesättigt ließ Hermine sich auch an diesem Freitagabend von ihm in ihren Mantel helfen. Sie waren irgendwo hoch im Norden Schottlands in einem winzigen Dorf, das noch im vorigen Jahrhundert stehengeblieben war, und hatten in einer kleinen Kneipe für Zauberer ein herrliches Bauerfrühstück gegessen. Zufrieden mit sich und der Welt wickelte Hermine sich in ihren warmen Schal. Sie hatte die Woche über keinen Kontakt zu Ron gehabt, wollte ihm aber am Wochenende sagen, dass es wohl endgültig vorbei war. Ihre Beziehung zu Harry entwickelte sich prächtig, und Draco erwies sich als guter Zuhörer, der vielleicht auch über ihren Auftrag vom Ministerium hinaus eines Tages ein Freund für sie werden könnte. Innerhalb von nur wenigen Tagen hatte sich die Misere ihres Lebens grundlegend gedreht.

In einer inzwischen vertrauten Geste legte Draco ihr eine Hand auf den Rücken, um sie durch die Kneipe nach draußen zu begleiten. Kaum waren sie durch die Tür getreten, blieb Hermine überrascht stehen.

„Es schneit!", rief sie begeistert.

Fröhlich trat sie unter dem Vordach hervor, breitete sie Arme aus, das Gesicht zum Himmel gereckt, und ließ sich von den lautlosen, dicken Flocken berieseln. Es musste schon eine ganze Weile unbemerkt von ihnen geschneit haben, denn die Landschaft war von einer dicken Schicht Puderzucker überzogen. Unwillkürlich musste sie lachen, als eine Schneeflocke genau auf ihrer Nasenspitze landete.

„Noch nie Schnee gesehen, Granger?", fragte Draco amüsiert.

Sie ließ sich von seinem abfälligen Getue nicht die Laune verbergen. Grinsend erklärte sie: „Natürlich hab ich das! Aber der erste Schnee im Jahr ist doch immer was Besonderes! Jetzt ist wirklich Weihnachten!"

Übermütig packte sie ihn bei der Hand und zog ihn hinaus ins Schneegestöber: „Komm schon, du Eisprinz, geselle dich zu deinesgleichen!"

„Eisprinz?", kam es spöttisch von Draco, der sich gespielt unwillig von ihr aus dem Schutz des Vordaches ziehen ließ.

„Ein Spitzname, den einige Mädchen aus Gryffindor dir gegeben haben. Wegen deiner Augen und weil du für sie unerreichbar warst", erwiderte sie lachend. Damals hatte sie nie verstanden, was andere Mädchen in ihm gesehen hatten, doch inzwischen verstand sie, dass Draco Malfoy auf seine eigene Art attraktiv war.

„Ich hätte mich wirklich außerhalb meines Hauses umsehen sollen", murmelte Draco: „Wenn ich gewusst hätte, dass ich Fans in Gryffindor habe ..."

Happily ever after? ✔️Where stories live. Discover now