„Gibt´s irgendwas Neues, Interessantes, bei dir?“, rief ich in die Küche und betonte das Interessante absichtlich, weil ich sonst die merkwürdigsten Storys aufgetischt bekäme, die sie so in ihrem Studentenalltag erlebte und die mich ehrlich gesagt nicht die Bohne interessierten.

„Ja! Oh man, das glaubst du nie“, fing sie begeistert an und schon nachdem sie den Namen irgendeines Kerls genannt hatte, war ich weg und tauchte auch erst gekonnt aus meinen Gedanken wieder auf, als sie nach meinem Tag fragte.

„Der war so wie immer“ seufzte ich, als die Gedanken an meinen stressigen Alltag vorhatten, meine anderen, schönen Gedanken zu überwältigen. „Und dann hat Thomas mich auch noch selber losgeschickt, um dieses dämliche Ding von Gitarre zu kaufen, weil er ja der Meinung  ist, dieses behinderte Instrument müsse man ja auf sich selber abstimmen oder so…“

Prompt kam die empörte Antwort aus der Küche: „Gitarren sind weder dämlich noch behindert! Und wenn ich nicht gerade die Nudeln ins Wasser geben müsste, würde ich dir das Geschirrtuch an den Kopf schleudern!“

„Dann bin ich den Nudeln mal sehr dankbar.“

„Das solltest du auch. Und, sonst noch irgendwas Interessantes? Ich meine, komm schon, du bist Schauspielerin. Da muss doch etwas Wissenswertes dabei sein.“

Ich verdrehte meine Augen. Wieso dachte Phoebe nur immer, mein Job wäre abwechslungsreich wie sonst was und ich würde dauernd auf irgendwelche berühmten Promis treffen? Ich stand den ganzen Tag nur am Set und wiederholte irgendwelche Szenen so lange und so oft, bis sie perfekt waren. Nur in den Drehpausen fand man mich für gewöhnlich auf irgendeiner weichen Unterlage liegend.

„In diesem Gitarrenladen hat irgendein Typ versucht, mir seine Handynummer anzudrehen und sie als die seines alten Gitarrenlehrers auszugeben“, erzählte ich ihr, da diese Information sie sehr wahrscheinlich sehr ansprach.

„Sah er wenigstens gut aus?“, rief sie, worauf sie nur ein Lachen meinerseits erntete. „Er sah aus wie dieser eine Typ aus dieser komischen Boyband… Wie heißen die nochmal?“

„The Wanted?“

„Nein, die anderen“, entgegnete ich. Ich mochte zwar eine Schauspielerin sein, aber über die Promiwelt wusste ich so gut wie nichts. Mich interessierte das Privatleben anderer Menschen nicht, besonders, weil ich selber genau wusste, wie scheiße es ist, wenn auf einmal die ganze Welt Sachen über dich erfahren kann, von denen du dachtest, sie würden nie den Kreis deiner Freunde und Familie verlassen. Wirklich, ich hasste es. Ich meine, hatten die Leute kein eigenes Leben, um das sie sich kümmern konnten, sodass sie andere auf eine gruselige Weise stalken mussten?

Ich hatte einmal den Fehler gemacht, mich selber zu googlen. Danach nie wieder. Wirklich, was da für ein Schwachsinn über mich im Netz kursierte, war einfach nur gestört.

„One Direction?“

„Ja, ich glaube die.“

Phoebes Kopf schoss durch die Tür. „Welcher?“

„Kein Ahnung. Der Blonde?“ Ehrlich gesagt hatte ich keine Ahnung, wieviele dieser Sänger blond waren.

„Oh mein Gott! Bitte sag mir, du hast die Nummer angenommen!“ Ich verdrehte abermals die Augen. Dürfte ich vorstellen? Das, meine Damen und Herren, war Phoebe, der größte Fan dieser Band. Moment, Boyband. Ich weigerte mich strikt dagegen, Band zu sagen, denn keines der Mitglieder spielte ein Instrument.

„Ja. Aber nur in der Hoffnung, dass es wirklich die seines Gitarrenlehrers ist. Der Kerl hatte echt Talent.“

Phoebe kam mit großen Augen zu mir getrippelt und setzte sich kerzengerade neben mich. „Oh mein Gott“, wiederholte sie aufgeregt und packte mich an den Schultern, damit sie mich begeistert durchschütteln konnte. Ich wackelte wie ein Wackelpudding umher, bis sie mich endlich wieder freigab. „Komm runter, Phoebe! Das war er nicht.“

„Wieso bist du dir da so sicher?“, fragte sie ungläubig.

„Komm schon, ich bitte dich!“ Ich verdrehte genervt die Augen. „Als ob so ein Sängertyp mir einfach freiwillig seine Nummer, beziehungsweise die eines Bekannten rausrücken würde. Woher soll der bitte wissen, dass ich kein durchgeknallter Fan bin?“

„Vielleicht hat er dich ja erkannt.“

„Genau“, lachte ich. „Weil er sich bestimmt auch so eine Serie wie meine angucken würde.“

„Wer weiß? Vielleicht tut er das ja“, meinte meine Freundin beleidigt darüber, dass ich ihr nicht glaubte. „Aber wie wäre es, wenn du einfach die Nummer holst und da anrufst?“, schlug sie dann vor. „Ich meine, Schaden kann es ja nicht.“

Wieder seufzte ich. „Meinetwegen. Ich wollte sowieso noch heute Abend da anrufen und einen Termin ausmachen. So, wie ich Thomas kenne, erwartet er, dass ich das Ding in spätestens zwei Wochen perfekt beherrsche oder so.“ Grummelnd wälzte ich mich von dem gemütlichen Sofa hoch und schlurfte in den Flur, um mein Handy aus meiner Tasche zu holen. Wenigstens entkam ich somit einer weiteren Moralpredigt, dass eine Gitarre etwas ganz Wundervolles war. Was fanden denn alle an diesem Instrument?

Phoebe rückte mir wie unheimlich auf die Pelle, kaum dass ich mich wieder auf dem Sofa nieder gelassen hatte und starrte mein Handy an, als ob sie damit irgendetwas bezwecken könnte.

„Geht’s dir gut?“ Ich warf ihr einen prüfenden und gleichzeitig amüsierten Blick zu. „Sicher, dass ich da jetzt anrufen kann, ohne, dass du einen Anfall wegen Nichts bekommst?“

Sie nickte stürmisch und hielt dann hörbar den Atem an, als ich auf die grüne Taste drückte, den Lautsprecher einstellte und kurz darauf das konventionelle Tuten den Raum erfüllte.

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