Kapitel 1

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Eine kleine Glocke klingelte leise über meinem Kopf, als ich schnell in den kleinen Gitarrenladen an der Ecke huschte. Erleichtert entspannten sich meine Muskeln ein wenig, als ich von der angenehmen Wärme umschlossen wurde.

Ich liebte den Winter. Nur diese verdammte Kälte könnte meiner Meinung nach gerne irgendwo am Südpol bleiben, wo sie den Pinguinen zur Verfügung stand und niemanden störte. Ich meine, mal ehrlich. Wer auf dieser Welt konnte diese eisigen Temperaturen leiden? Niemand zog sich gerne unnötig viele Schichten übereinander an, um nicht frieren zu müssen, es am Ende aber doch tat. Von den teuren Heizkosten mal ganz abgesehen. Und niemand zog freiwillig Handschuhe an. Diese Stofffetzen nervten einfach nur bei allem, was man tat, weshalb ich sie mir auch ungeduldig von den Händen streifte, kaum dass ich den gemütlichen Laden betreten hatte.

Eine mittelgroße Frau mit braunen, zu einem Bob geschnittenen Haaren kam mit einem freundlichen Lächeln auf mich zu. „Guten Tag, wie kann ich Ihnen helfen?“, fragte sie höflich.

„Ehrlich gesagt, ich habe keine Ahnung. Ich wurde mit der Aufgabe losgeschickt, mir eine Gitarre zu besorgen und sie spielen zu lernen“, klärte ich die Verkäuferin auf und lächelte schief. „Was könnten Sie mir empfehlen?“

Sie lachte herzhaft auf. „Das ist eine schwierige Frage“, gab sie zu. „Als erstes würde mir wohl helfen, wenn Sie mir sagen, welche Art von Gitarre sie brauchen.“

„Ähm“, machte ich und sah mich einmal kurz um. „So eine aus Holz?“

Die Verkäuferin versucht, sich ein Lachen wegen meines mangelnden Fachwissens zu verkneifen und deutete nach rechts. „Dort hätten wir eine ganze Reihe an Konzertgitarren.“

„Oh.“ Für solch ein kleines Geschäft hingen dort ganz schön viele Gitarren an der Wand. Ich ging langsam darauf zu, die Verkäuferin im Schlepptau. „Und, ähm, welche empfehlen Sie von denen?“, fragte ich überfordert und kam mir ziemlich dumm vor, als ich die Frage zum zweiten Mal innerhalb einer Minute fragte.

„Ich kann Ihnen empfehlen, mal einige auszuprobieren, damit Sie die passende für sich finden.“

„Okay?“ Unsicher machte ich einen weiteren Schritt nach vorne und versucht eine beliebige Gitarre vorsichtig aus ihrer Halterung zu nehmen. Wenigstens bekam ich das mühelos hin, doch als ich das hölzerne Instrument in meinen Händen hielt, wusste ich schon wieder nicht weiter. Ich hatte keine Ahnung von Gitarren und noch weniger davon, wie man sie spielte. Ich kannte keine Akkorde und wusste auch nicht, welche Saite welcher Note zugehörig war.

Wieso hatte ich mich auch von meinem Chef dazu überreden lassen, selber eine Gitarre kaufen zu gehen? Ich war einfach zu nett für diese Welt und schon wieder bereute ich meine Höflichkeit. Eigentlich waren irgendwelche Leute aus der Requisite dafür zuständig, eine Gitarre für mich zu besorgen, aber mein Boss hatte mir erklärt, dass es besser wäre, wenn ich mir selber eine zulege und erlerne, als wenn ich irgendetwas Unpassendes in die Hand gedrückt bekam. Zwar hatte ich immer noch nicht so wirklich verstanden, wie eine Gitarre nicht zu jemandem passen konnte, aber nachdem er mir erzählt hatte, dass er selber Gitarre spielte und es ein sinnvoller Rat seinerseits war, hatte ich zugestimmt.

Dummerweise, wie ich jetzt feststellte, als ich die Gitarre ungeschickt in den Händen hielt und unbegabt wie ich war einmal über die Saiten strich. Immerhin, es hörte sich nicht allzu schlimm an, nur einfach nicht melodisch.

Ich warf der Verkäuferin einen fragenden Blick zu und sie nickte mir aufmunternd zu, bevor sie mit den Worten „Ich lasse Sie mal in Ruhe ein paar ausprobieren“ im hinteren Teil des Ladens verschwand.

Na super. Jetzt stand ich hier alleine, zwischen einem Haufen Gitarren und war völlig überfordert. Es lief darauf hinaus, dass ich wie mir empfohlen einige weitere Gitarren ausprobierte, falls man das überhaupt so nennen konnte, aber für mich hörten und fühlten sich alle gleich an. Vielleicht sollte ich einfach die Billigste nehmen? Mein Blick schweifte über die Preisschilder und blieb an den günstigsten hängen, was man aber immer noch nicht günstig nennen konnte. Es war leicht übertrieben, für einen Holzkasten fast fünfhundert Pfund zu verlangen, oder? Aber was soll´s, ich würde das Geld sowieso wieder bekommen, also griff ich nach gewolltem Objekt und wollte es gerade aus seiner Halterung ziehen, als ich eine Stimme hinter mir hörte: „Die würde ich nicht nehmen“, raunte dieser jemand.

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