3. Angst - Ein Thema zum Verzweifeln

20 4 4
                                    




Genervt pfefferte ich meine Tasche in die nächstbeste Ecke unseres Hausflures und kickte meine Schuhe gleich hinterher. Was war das für ein Scheißtag gewesen! So abgrundtief beschissen, dass ich mich fragen musste, ob irgendwer etwas gegen mich hatte. Ich hatte doch niemandem etwas getan, wofür strafte man mich denn so? Völlig ausgelaugt schälte ich mich aus meiner Jacke und tapste in die Küche, um dort nach etwas Essbarem zu forschen. Ein Blick in den Kühlschrank zeigte gähnende Leere, stimmt, ich sollte ja heute einkaufen gehen, also musste ich mich mit einer Pizza begnügen. Okay, wer sagt schon nein dazu, doch ich wollte nicht schon wieder dieses Ofengedöns essen. Da ich jedoch keine Wahl hatte, wenn ich nicht wegen Hungers elendig krepieren wollte, schob ich die Pizza nun noch schlechter gelaunt in den Ofen und setzte mich unmotiviert an den Küchentisch. Hatte ich schon erwähnt, dass ich mein Leben im Moment nicht gut fand? Nicht? Gut, dann hatte ich das spätestens jetzt getan. Den Kopf in die Hände gestützt saß ich da und starrte in die Gegend, bis ich den kleinen weißen Zettel sah, der eigentlich unübersehbar direkt vor meiner Nase lag. *Okay Kat, nur ein weiterer Beweis deiner Dummheit. Kein Grund sich aufzuregen*. Scheiß innere Stimme. Manchmal würde man sie echt gerne knebeln wollen, nur ist das mit imaginären Stimmen leider alles andere als einfach. Schnell griff ich den Zettel und erkannte die Handschrift meiner Mutter. Wie ich aus dem Geschreibsel entnahm, hatte sich meine ganze Familie, inklusive Mom, Dad und meinen Geschwistern Adrian und Lily, aus dem Staub zu Freunden gemacht, um mit ihnen den Freitagabend zu verbringen und dort auch über Nacht zu bleiben, da es sicherlich spät werden würde. Und da ich leider erst um halb 5 aus der Schule gekommen war - halb fünf, welcher normale Mensch hatte bitte bis um halb fünf am Freitag Schule? -  konnten sie nicht auf mich warten. Na vielen Dank auch! Ich zerknüllte den Zettel in meiner Hand und warf ihn im hohen Bogen in den Papierkorb, den ich erstaunlicherweise sogar traf. Na wenigstens dass Zielen hatte ich noch nicht verlernt.

Als schließlich meine Pizza fertig war, nahm ich sie aus dem Ofen und verkrümelte mich mitsamt Teller und Handy nach oben in mein Zimmer. Dort angekommen schrieb ich sofort meiner besten Freundin Sophie:

>>Hast du heute Zeit? Meine Familie hat mich verlassen und ich brauch jemanden zum abreagieren<<.

Die Antwort folgte postwendend:

>>Klar Süße, bin in einer halben Stunde da! <<

Wieder ein bisschen fröhlicher gestimmt, futterte ich meine Pizza und schlug die halbe Stunde irgendwie tot. Um ehrlich zu sein wartete ich nur ungeduldig darauf, dass es an der Tür klingelte und sprang blitzschnell auf, als es endlich soweit war. Aber das musste ja niemand erfahren. Unten angekommen stürmte ich zur Tür und riss sie auf.

„Soph! Oh mein Gott, du bist meine Rettung!", stöhnte ich und zog sie rein in den Flur. Ungeduldig wartete ich, bis sie sich aus ihrer Jacke geschält hatte, welche ich vollkommen unnötig fand, es war schließlich Sommer, und schob sie dann in mein Zimmer.

„Katherine Fray! Was zur Hölle ist los mit dir?", fragte sie lachend und schmiss sich auf mein Bett.

„Klar, nimm doch Platz, liebste Sophie", sagte ich sarkastisch und wir mussten beide lachen.

„Nein, aber jetzt ernsthaft. Was ist passiert, dass du mich als Rettung bezeichnet?", fragte sie mich neugierig und lehnte sich nach vorne.

Ich jedoch fand diese Frage alles andere als toll, denn sie erinnerte mich daran, warum ich eigentlich so schlecht gelaunt war.

„Die Schule nervt furchtbar. Okay, das ist jetzt nichts Neues bei mir, jedoch hör dir die Scheiße mal an! Ich musste eine Französischklausur schreiben und habe ein leeres Blatt abgegeben! Meine Mutter wird toben! Dann durfte ich ewig in der Schule hocken und musste irgendein unwichtiges Referat in Musik halten und, wenn du mich fragst der allergrößte Scheiß überhaupt: Meine Deutschlehrerin hat mit heute das Thema für meinen Aufsatz mitgeteilt, der in einer Woche fällig ist. Und jetzt halt dich fest. Das Thema ist „Angst"! Uh, geht's noch etwas genauer? Einfach nur das Wort Angst und ansonsten nichts! Nicht ein einziges Wort als Erklärung! Sag mal, hackt es bei der?", fragte ich aufgebracht und lief von einer Seite des Zimmers zur anderen, bevor ich einen Blick auf Sophie warf, die bis eben nichts gesagt hatte. Und ich war mir nicht sicher, was ich von dem halten sollte, was ich sah. Sophie kugelte sich lauf meinem Bett, versuchte krampfhaft nicht laut loszulachen und schien kaum Luft zu bekommen. Ihr Kopf war schon in einem unschönen Rotton angelaufen. Ungläubig sah ich ihr zu, bis sie sich beruhigt hatte.

Kleine Paralleluniversen - KurzgeschichtensammlungKde žijí příběhy. Začni objevovat