Kapitel 4

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Kilometer für Kilometer.

Ich rannte und rannte und hörte erst auf, als meine Beine so sehr zitterten, dass sie bei jedem Schritt, den ich tat, nachzugeben drohten.

Schnaufend und auf wackligen Beinen nahm ich meine Spur zurück auf und trottete nach Hause. Ich war noch nie in diesem Gebiet gewesen, die Gerüche waren anders, es roch schon längst nicht mehr nach unserem Rudel.

Nach einiger Zeit wurde mir schließlich klar, was ich getan hatte und wie verantwortungslos ich überhaupt gewesen war. Ich war einfach so aus dem Haus gerannt, niemand wusste, wo ich war und man machte sich wahrscheinlich schon Sorgen um mich. Doch das war nicht ihre Aufgabe. Ich war der Beta, um mich sollte sich niemand Sorgen machen. Ich war der zukünftige Beta und man erwartete von mir mit soetwas Albernem fertig zu werden. Wenn ich nicht einmal mit mir selbst zurechtkam, wie sollte das dann bei einem ganzen Rudel laufen und einem Alpha, den ich unterstützen musste?

Ich war weggerannt und das tat ein Beta nicht. Wenn ich wirklich einmal der beste Beta aller Zeiten sein wollte, dann musste ich mich angemessener benehemen! Ich musste Jace, meinen zukünftigen Alpha, meinen Vater, den Beta, meine tote Mutter, das Rudel und auch den jetzigen Alpha stolz auf mich machen!

Was tat ich hier also!

Wieso rannte ich weg?

Wieso laufe ich weg und fange nicht damit an stärker zu werden, diese Gefühle zu ignorieren und mich wie ein richtiger Beta zu benehmen?!

Wütend auf mich selbst beschleunigte ich mein Tempo ein wenig und konzentrierte mich darauf nicht langsamer zu werden und mich immer wieder mit meinen zittrigen Beinen sorgfältig abzustoßen.

Als ich endlich wieder in unserem Revier war, nahm ich sofort den kräftigen Geruch des Avis-Rudel wahr. Unser Rudel... Endlich! Es schienen keine außerplanmäßigen Patrouillien unterwegs gewesen zu sein, so konnte ich wenigstes wissen, dass sich niemand auf die Suche nach mir gemacht hatte.

Nachdem ich noch ein bisschen gelaufen war, konnte ich schließlich schon ansatzweise unser Haus durch die dichten Blätter des Waldes sehen. Völlig erschöpft verwandelte ich mich wieder zurück und klaubte meine Hose vom Boden auf, die ich bei meiner kleinen Flucht vor mir selbst durch den Wald schnell vom Leib gerissen hatte.

Müde und mit gesenktem Kopf öffnete ich die Haustür, schleppte mich die Treppe hoch und warf mich anschließend aufs Bett. Mittlerweile war es Abend und die Dunkelheit machte mich müder als ich ohnehin schon war.

Grummelnd vergrub ich meinen Kopf in meinem Kopfkissen und schloss die Augen.

Jetzt könnte ich 'ne Runde pennen...

"Hey Gravel, wollen wir auf 'ne Party gehen? Grace schmeißt eine und hat mich eingeladen, sie hat auch gefragt, ob ich dich mitbringe, weil ihre Freundin total auf dich steht und weißt du, ich bin mir ziemlich sicher, dass auch andere Mädchen deine Anwesenheit sicher nicht verschmähen werden, die werden dich wahrscheinlich anspringen wie Bad Boys 'ne Jungfrau, also..."

Super, jetzt hab ich einen plappernden Jace mitten in meinem Zimmer stehen. Muss dieser faule Sack eigentlich genau dann reinplatzen, wennn ich schlafen will?

Mit zu Schlitzen verengten, schläfrigen Augen starrte ich ihn an, in der Hoffnung, er würde sich in Luft auflösen und verstummen, wenn ich ihn nur lang genung anstarrte. Leider funktionierte es nicht.

Mit schief gelegtem Kopf sah er mich an, als ob er auf irgendetwas warten würde.

Hat er was gesagt?

Falling SnowflakesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt