Von Pillen und Plänen

Start from the beginning
                                    

Was wäre außerdem die Antwort auf die Frage gewesen? Dass ich mit Lukas ins Bett ging, weil ich mir mit dreißig auf einmal nicht mehr sicher in meiner Sexualität war? Dass ich mich in Lukas verliebt hatte? Ich konnte mir überhaupt nicht vorstellen, was für Reaktionen da kommen würden.
Doch sollte sich da tatsächlich mehr entwickeln, wovon ich mittlerweile wirklich schon fast ausging, musste es ja irgendwann ans Licht kommen. Denn für immer eine Beziehung im Verborgenen führen, das wollte ich bestimmt nicht. Aber so weit waren Lukas und ich ja noch lange nicht und wer wusste heute schon, ob es wirklich so weit gehen würde, deshalb machte ich mir wahrscheinlich wieder mal unnötig Gedanken.

Wir saßen im Taxi und waren unterwegs zu einem Club in Nürnberg. Ich hoffte, dass wir nicht all zu lange bleiben würden. Außerdem hoffte ich, dass Lukas nicht wieder zu betrunken für irgendwas sein würde, wenn wir später wieder raus gingen. Doch die Tatsache, dass er ständig Stefans Vodkaflasche am Hals hängen hatte, ließ mich schon Böses vermuten.

Wir hatten heute einen indisch-stämmigen Fahrer erwischt, der ein großer Bollywood-Fan zu sein schien. Er hatte seine Musik fast bis aufs Maximum aufgedreht, was meine Mitfahrer aufgrund ihres bereits sehr hohen Alkoholpegels nicht weiter störte.

Ich nahm Lukas die Flasche ab und trank selbst einen sehr großen Schluck daraus. Ich hatte keine Lust darauf, auch heute wieder der zu sein, der am nüchternsten war. Das hatte ich in den letzten Tagen schon viel zu oft gehabt und so langsam reichte es mir, immer auf die anderen aufpassen zu müssen.
Der Wagen, in dem wir total eingequetscht saßen, war eigentlich viel zu klein für uns alle. Benni saß auf dem Beifahrersitz, während Lukas, Stefan und ich uns die Rückbank teilten. Igor hatte sich unbedingt in den Kofferraum des Kombis setzen wollen und spielte aufgrund von einer kleinen Pille, die er zuvor geschmissen hatte, jetzt unseren Bandhund. Wann immer wir an einer roten Ampel standen, verlangte er von Stefan, dass dieser das Fenster runter kurbelte, damit er Passanten anbellen konnte.

Im Gegenteil zu Igor war mein Drogenkonsum, abgesehen vom Gras, in den letzten Tagen so niedrig gewesen, wie schon seit Jahren nicht mehr, was mich doch sehr erstaunte. Auch, wenn ich es ungern zugab, aber meinem Körper tat es gut. Ich fühlte mich eindeutig etwas fitter, als sonst. Das hatte ich einzig und alleine Lukas zu verdanken, für den ich abends immer ansprechbar bleiben wollte. Da er selbst keine Drogen nahm und nur alle Schaltjahre vielleicht ein paar mal an einem Joint zog, hatte ich, wenn wir nachts alleine auf den Zimmern waren, auch gar nicht das Bedürfnis danach, mich zuzudröhnen.
Das gefiel zumindest dem vernünftigen Timi in mir, der immer mehr an die Oberfläche kam.

„Oh Timi, trinkst du auch endlich mal wieder was? Du warst ja so brav in den letzten Tagen", sagte Lukas und nahm mir die Flasche wieder weg.
„Ein bisschen was, aber so richtig abziehen will ich mich nicht."
Lukas trank wieder und dabei schüttete er ein kleines bisschen Vodka neben seinen Mund und auf sein Hemd drauf. „Ja, ich mich auch nicht", sagte er und kicherte.
Ich grinste und schüttelte leicht den Kopf. „Ah ja, ich seh es."

So langsam wirkte der Alkohol immer mehr bei Lukas und er rückte immer näher an mich heran, was mich fast verrückt machte. Dass er mir dann irgendwann einen Kuss auf die Wange drückte, machte es mir nicht gerade einfacher.
„Ich hab vorhin an dich gedacht", säuselte er mir ins Ohr.
„Lukas", sagte ich und grinste meine Knie an.
„Darum ging es auch so schnell", setzte er nach.
Ich lachte und ließ mir nochmal von ihm den Vodka geben. „Das ist mir aufgefallen."
Als er mir dann seine Lippen auf den Hals drückte, schob ich ihn dann doch mal ein Stück von mir weg.
Lukas protestierte und drückte sich wieder an mich. „Ach, die anderen wissen doch, wie kuschelbedürftig ich bin, wenn ich was getrunken hab."
„Aber du machst es immer in letzter Zeit nur noch bei mir, das fällt doch auf", meinte ich grinsend.

Zehn SekundenWhere stories live. Discover now