Kapitel 16.

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Am nächsten Morgen wäre ich am liebsten gar nicht in die Schule gegangen. Aber ich wusste genau, dass Susan und Calab sich Sorgen machen würden, wenn ich heute Zuhause bleiben würde. Immerhin wollten die beiden nächstes Wochenende in den Urlaub. "Entspannungsurlaub für das Baby" hatten sie gesagt.

Außerdem hatte Grayson versprochen, dass er mich abholen würde, sodass ich Ryan nicht begegnen müsste.

Wir liefen zu Fuß zur Schule, Kyla lief etwa 10 Meter vor uns mit ihrer neuen besten Freundin Kessie. Die beiden schienen sich bestens zu verstehen, denn ständig kicherten sie und flüsterteten.

"Alles okay?", fragte Grayson. Ich nickte und versuchte, die immer mehr aufkommende Angst zu verbergen.
Grayson seufzte. "Also noch mal: Alles okay?" Er sah mir direkt in die Augen. Schnell wendete ich mich ab und schaute auf den Boden.
"Nein...", schüttelte ich den Kopf.
"Was ist los?", fragte Grayson und zog mich an sich heran, um seinen Arm um mich legen zu können. Ich spürte seinen Herzschlag und seine Wärme. Es erinnerte mich an gestern Abend und ich musste unwillkürlich lächeln.
"Danke, dass du für mich da bist...", sagte ich und lächelte ihn an.
Er gab sich zufrieden damit. Dann erreichten wir die Schule.

Sofort zogen wir mit unserer Haltung wieder Blicke auf uns. Eifersüchtige aber auch überraschte.

"Du gibst dich noch mit ihr ab?!", hörte ich es von hinter uns und sah Katie mit einer Gruppe Mädchen.
"Warum sollte ich nicht?", lächelte Grayson sie ironisch an.
"Weil sie gestern noch mit Ryan rumgemacht hat!", Katie wurde wütend.
"Sagt die Bitch", lächelte er sie künstlich an und ließ sie stehen.

Ich musste kichern über das, was er gesagt hatte. Aber gleichzeitig beunruhigte mich der Gedanke, dass Katie mich in den nächsten Tagen nicht in Ruhe lassen würde. Sie wollte Grayson. Das hatte ich inzwischen gemerkt. Grundsätzlich gehörte sie zu den Menschen, die (wenn sie sich etwas erstmal in den Kopf gesetzt hatten) alles bekamen. Es bereitete mir Sorgen, doch ich ließ es nicht weiter an mich ran.

"Ich muss gehen", wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. Ich schaute nach oben. Dieser sorgevolle Blick. Zum Verlieben.
"Schon gut", sagte ich und lächelte ihn an. "Der Unterricht beginnt ja gleich." Für einen Moment dachte ich, er wollte mich küssen (was übrigens der gleiche Gedanke wie gestern Abend gewesen wäre) und mein Herz setzte für einen kurzen Moment aus. Doch stattdessen drückte er mir nur einen Kuss auf die Stirn und verabschiedete sich. 'Immerhin', dachte ich und schluckte. Es war nicht der Kuss auf die Stirn, der mich Schlucken ließ, sondern die Tatsache, dass er mir Hoffnungen machte. Hoffnungen, die sich vielleicht nie erfüllen würden. Hoffnungen auf etwas, das er vielleicht 'Geschwisterliebe' nenne würde. Und dabei war ich noch gar nicht lange von Jasper getrennt. Und es tat so weh, als ich mich von ihm trennen musste. Zuerst seelisch, dann auch körperlich. Wie konnte ich dann gerade dabei sein, mich wieder zu verlieben? Suchte ich vielleicht einfach nur Trost und Ablenkung? Ich hatte viel Stress in letzter Zeit gehabt und der hörte auch jetzt nicht auf.

Gerade, als mein Lehrer kam, um den Klassenraum auf zu schließen, bog Ryan um die Ecke. 'Verdammt', dachte ich und hoffte, dass er mich nicht sehen würde. Doch er steuerte direkt auf mich zu.

"Hör mal Sky, wegen gestern", sagte er schnell. "Ich wollte..."
"Lass mich in Ruhe, Ryan", unterbrach ich ihn und wollte gerade in den Klassenraum gehen, doch er griff nach meinem Handgelenk und zog mich zurück. Als ich versuchte mich zu wehren, packte er fester zu.
"Komm zu mir zurück, Baby, bitte", sagte er eindringlich und schaute mir tief in die Augen.
"Nein", erwiderte ich bloß. "Lass. Meine. Hand. Los." Ich wurde lauter. Jetzt zog er mich an sich. Dieser ekelhafte Dreckskerl.
"Komm schon", flüsterte er.

Inzwischen waren alle in die Klasse gegangen. Langsam bekam ich Angst. Seine Stimme wurde gebieterisch und er packte immer fester zu. Ich schrie auf. "Ryan", schluchzte ich. "Du tust mir weh."
"Es sollte auch weh tun, ganz besonders hier, denn da hast du mich gestern auch verletzt", mit seiner freien Hand stieß er gegen die Stelle an meinem Oberkörper, an der mein Herz war. Ich schrie lauter, vor Schmerzen und weil ich Angst hatte, er würde mir etwas antun, wenn ich nicht langsam um Hilfe rufen würde.

"Was ist denn hier los?!"
Verwundert wirbelte Ryan herum.
"Ryan, warum hältst du Skylar fest? Lass sie sofort los, sie hat doch Schmerzen!", mein Lehrer eilte aus dem Klassenzimmer zu uns. Schnaubend schlug Ryan mein Handgelenk zurück. Nachdem er mir noch einen wütenden Blick zugeworfen hatte lief er an mir vorbei. "Mich enttäuscht man nicht Skylar...", knurrte er mir ins Ohr, sodass es mein Lehrer nicht hören konnte.

Als er weg war, begann ich zu schluchzen.
"Hat er dich verletzt?", fragte mein Lehrer besorgt. Doch statt zu antworten, weinte ich einfach weiter. Es war mir unangenehm, doch noch unangenehmer wäre es, ihm alles zu erklären. Er nahm wohl an, ich würde vor Schmerzen weinen, denn er rief schnell ein Mädchen aus der Klasse, die mich zum Schularzt begleiten sollte.

"Sieh es positiv", meinte das Mädchen, welches ich übrigens sehr freundlich fand, aufmunternd. "So können wir beide den Lateintest nachschreiben"
Mist! Der Lateintest. Das hatte ich ja total vergessen. Heute Nachmittag musste ich unbedingt Grayson fragen, ob er mit mir zusammen lernen würde.

Grayson... Ich wusste nicht, wie ich ihm von der Begegnung mit Ryan erzähle sollte. Er würde total ausrasten und das wollte ich nicht. Ich wollte nicht, dass er meinetwegen Probleme bekam.

Verrückt nach dirWhere stories live. Discover now