Ein falsches Leben

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„Ihr habt ein Glück, dass ihr nicht betrunken werden könnt!", sagte ich und schwankte beim gehen hin und her, „Naja, vielleicht hab ich es auch ein bisschen übertrieben." Steve und James lachten sich darüber kaputt. „Ich denkt, du hast übertrieben", lachte Rogers, „Wie viele waren es? 19?"
„Es waren 18 ein halb!", korrigierte ich und stützte mich an James' Schulter ab. Wir gingen noch ein paar Schritte, bis wir vor dem Appartement der beiden standen. „Bist du sicher, dass wir dich nicht begleiten sollen?", fragte James nun schon zum vierten Mal.
„Ich bin mir sicher. Ich schaffe das schon. Irgendwie. Wenn ihr einen lauten Knall hört, bin ich wahrscheinlich die Treppe runtergefallen. Dann solltet ihr mir vielleicht helfen", lachte ich und versuchte nicht umzufallen. Steve öffnete die Tür und ging in das Zimmer. „Ich komme gleich nach", sagte James zu Steve und blieb am Türrahmen stehen, „Du kannst gerne hier schlafen, wenn du willst. Überlege es dir noch einmal." Ich hielt mich am Rahmen fest und erwiderte: „Danke. Aber ich sollte nicht mehr hier sein. Vielleicht komme ich nachher doch noch. Also wenn ich den Ausgang nicht finde." James lächelte: „Ist gut. Aber sei bitte vorsichtig." Er lehnte sich nach vorne und gab mir einen Kuss auf die Wange. Das war alles? Also ich hätte mehr erwartet. „Gute Nacht", fügte er noch hinzu. „Gute Nacht", erwiderte ich und ging schwankend den Flur entlang, „Also da hätte ja sogar eine Ziege mehr erwartet." Ich hörte James' Lachen und wusste, dass er das gehört hatte. Die Tür fiel zu.
Obwohl ich gerade eben auf irgendeine Weise in die Warteschleife geschoben wurde, war ich glücklich. Noch immer spürte ich seine Lippen auf meiner Wange. Ein Lächeln breitete sich in meinen Gesicht aus, bis ich einen Schlag am Hinterkopf spürte und auf den Boden fiel.

Als ich aufwachte, war ich auf einen Stuhl gefesselt. Vorsicht sah ich mich um. Ich war wohl in einer Kirche. „Schön, du bist wach", sagte eine männliche Stimme aus dem Schatten. „Wer sind Sie? Warum haben Sie mich hergebracht?", fragte ich und ich wollte eine Antwort. „Ich habe deinen Freunden gerade eben eine Nachricht geschickt, dass sie den Videoanruf annehmen sollen, da ich ihr kleines Monster habe", gab mir die Person lachend bescheid. „Ich bin kein Monster!", schrie ich und versuchte mich zu befreien.
„Süße, lass das lieber. Schon vergessen, in einer Kirche hast du keine Kraft. Du bist ein Geschöpf des Teufels."
„Wer zur Hölle sind Sie?", fragte ich etwas strenger.
„Einen Moment", unterbrach er, „Deine Freunde sind hier! Sag 'Hallo'!"
„Wer sind Sie!", schrie ich dieses Mal.
„Kennst du mich etwa nicht mehr? Das verletzt mich jetzt aber", fügte er hinzu und kam näher.
„Du sagtest, dass sie den Anruf angenommen haben. Warum höre ich sie nicht?", fragte ich misstrauisch.
„Ich habe den Ton abgestellt. Dann wirst du nicht so abgelenkt, verstehst du?", lachte er.
„Was wollen Sie von mir?", sagte ich und die ersten Tränen waren schon im Anmarsch.
„Dich, meine Liebe", antwortete er und kam ins Licht. Es war kein Gesicht, das ich kannte.
„Was?", fragte ich verwirrt.
„Also mal ehrlich, das verletzt mich jetzt echt. Mein Name ist Den. Und du bist die Liebe meines Lebens, Ruth", sagte er und kam mir nahe. Sehr nahe.
„Ich kenne dich nicht. Warum hast du mi...", ich ließ mich unterbrechen, indem seine Hand eine sehr gefährlichen Stelle berührte. Er presste seine Lippen auf meine, aber ich biss ihn und hatte nun ein Stück von seiner Lippe im Mund, das ich wieder ausspuckte.
„Genauso wild wie damals. Ich würde dich ja losbinden, aber dann würdest du mich umbringen, nicht wahr?", versuchte er so deutlich wie möglich zu sagen.
„Da hast du Recht. Warum hast du mich hergebracht?", fragte ich erneut.
„Um dir die Wahrheit über dein Leben zu erzählen", sagte er überraschend mitfühlend.
„Dann erzählen Sie mal", sagte ich lachend.
„Dein Alter, 25, ist nicht ganz korrekt. In Wirklichkeit bist du 93 Jahre alt", fing er an.
„Was? Das ist doch lächerlich!", erwiderte ich.
„Du wurdest am 26. Dezember 1944, an deinen 21. Geburtstag, für vermisst erklärt. Ein Hydra Agent hat dich entführt, Experimente an dir durchgeführt und dich anschließend wie deine Freunde tiefgekühlt. Deine Kräfte hattest du schon vorher. Du warst Sängerin und Tänzerin in New York. Dein angeblicher Großvater, Harvey, ist in Wirklichkeit dein Bruder. Er hat sein Leben dafür geopfert, dich zu finden."
„Nein!", schrie ich mit Tränen in den Augen, „Das sind Lügen!"
„Am 14. Februar 2012 wurdest du in die Irrenanstalt gebracht und dort verbrachtest du vier Jahre. Hydra hat dir falsche Erinnerungen eingesetzt", sagte er und nahm mein Gesicht in die Hand.
„Warum erzählst du mir das?", fragte ich unter Tränen.
„Weil ich dich liebe und will, dass du die Wahrheit weißt", antwortete er und lächelte.
„Danke, aber ich liebe dich nicht. Ich kenne dich nicht einmal", gab ich laut von mir.
„Schön. Dann wird dein Freund, James, sterben müssen. Schade, dass ich ihn foltern muss", erwiderte er dreckig und ließ mein Gesicht los.
„Fass ihn an und ich schwöre dir, ich werde dich umbringen!", schrie ich ihn an.
„So ist das also! Du magst ihn! Fast schon zu sehr. Nein, du liebst ihn!", stellte er fest und grinste.
„Tu ihm weh und ich werde dafür sorgen, dass dich Nacht für Nacht die schlimmsten Albträume verfolgen", drohte ich.
„Keine Sorge. Dich benötige ich auch nicht mehr. Wenn ich dich nicht haben kann, dann soll es niemand!", schrie er mir ins Gesicht.
Erschrocken sah ich ihn an. Das durfte nicht wahr sein. Zuerst erfuhr ich, dass mein ganzes Leben eine Lüge war und dann würde ich auch noch von irgendeinen Irrern, der mich angeblich liebte, umgebracht werden.
„Du siehst ihn noch. Mach dir da keine Gedanken. Ich werde dafür sorgen, dass ihr euch gegenseitig umbringt. Mit dir hat Hydra die gleiche Gehirnwäsche durchgezogen wie mit James Buchanan Barnes. Das heißt, dass ihr nur die gleichen Wörter hören müsst, den gleichen Befehl und schon geht die Party los", erklärte er mir mit einem Grinsen.
„Also ich höre nichts, dass sich irgendwie nach Party anhört", antwortete ich kalt, „Ich werde ihn nicht verletzen oder umbringen."
„Das werden wir ja noch sehen, Soldat", sagte er und ging.
Ich werde James nicht verletzen. Er könnte mich mit dem kleinen Finger seines Metallarms umbringen, aber dennoch musste ich ihn beschützen. Vor mir. Ja, ich hatte mich verliebt. Sogar ein Fremder hatte es mitbekommen.
„Oh Gott James, bitte vergib mir für das, was ich später vielleicht tun und bereuen werde", flüsterte ich mit geschlossenen Augen. Moment. Steve und James hatten den Anruf angenommen und das heißt, dass sie alles gehört hatten. Sie hatten gehört was er vorhatte, aber auch das, was ich gesagt hatte. Jetzt wusste James, dass ich ihn liebte. Also der Überraschungseffekt war dahin. Dankeschön dafür, Den!

„James..."

Dark Ophelia (Bucky Barnes Fan-Faction)Место, где живут истории. Откройте их для себя