Zoë

Teil 1

Ich bin 18. Eigentlich habe ich blonde Haare; aber jetzt sind sie schwarz. Ich werde am liebsten einfach Zoë genannt. Viele nehmen mich als seltsam wahr - das stimmt, aber eigentlich bin ich relativ unscheinbar und gehe als Punkt auf dieser Welt zwischen allen anderen Punkten unter. Aber sofern nicht jeder Mensch auf seine Art und Weise anders ist, bin ich anders. Aber es gab eine Zeit, da war das nicht so. Damals hieß ich Lea-Zoë. Damals hatte ich lange, blonde Haare. Damals war Colleen meine beste Freundin und ich hatte einen Freund. Damals...  Aber ist es eigentlich so wichtig, wer ich damals war? Jetzt bin ich Zoë, gehe in die 8. Klasse eines akademischen Gymnasiums (- Sprachen waren immer schon meine Stärke). Vielleicht sollte ich mich noch etwas genauer vorstellen:

Ich liebe Musik. Musik ist mein Leben. Freizeit, die ich nicht am Klavier oder mit Freunden verbringe, geht vor meinem PC drauf. Was ich dort mache? Nein - ich spiele nicht so ein zeitaufwändiges Spiel. Ich drehe Musikvideos, halt so zum Spaß, nehme Songs selbst auf und bearbeite sie dann. Alle diese Sachen halt. Und eben diese Sachen treiben meine Eltern schon fast zum Wahnsinn. "Du lebst nur noch vor der Glotze", schreien sie mich an. In der Theorie hat dieser Streitpunkt keine großen Auswirkungen für mich: Meine Familie hat es schon lange aufgegeben, mich ändern zu wollen... Sie sprechen wenig mit mir; das Nötigste halt. Über Schule und Noten, über Taschengeld. Nie über mich. Nie. Als wäre ich ein Geist. In der Praxis hingegen sind diese Nicht-Auswirkungen dramatisch für mich. Ich habe es genau so aufgegeben, mir davon das Leben schwer machen zu lassen... Menschen sind individuell. Viele verstehen das nicht. Dass die Hälfte der Weltbevölkerung dich nicht versteht und dich hasst, kann man verschmerzen: Schließlich bleibt ja die andere Hälfte der Menschen. Aber es gibt keine Alternative zu deiner Familie. Wenn sie dich nicht mehr mag, bist du alleine.