Aber ich entschloss mich trotzdem dafür, schließlich sah es so aus, als wolle er mir wirklich helfen. Das hatte er und auch die anderen schon in den letzten Monaten versucht, aber ich hatte es nicht zugelassen.
„L-Lu-Luke, es is-ist Tess." Sammelte ich deshalb, aber Luke verstand es zu Beginn nicht wirklich.
„Was meinst du?" fragte er mich, ich atmete tief durch und entfernte mich vorsichtig von ihm. Als wir wieder voneinander getrennt waren, blickte er mich voller Sorge an.
„Das Mädchen...m-mit dem ich rumgemacht habe. Ab-aber sie-"
„Du hast mit Tess rumgemacht?" Luke schien es nun endlich zu verstehen, er sah mich mit ziemlich großen Augen an.
Ich wusste, was er jetzt dachte. Er war der einzige, dem ich damals von dieser Nacht mit Tess erzählt hatte. Das war diese Party gewesen, und wie so oft in dieser Zeit hatte ich mich viel zu sehr volllaufen lassen. Als ich am nächsten Morgen wach geworden war, war ich nackt gewesen. Darüber hatte ich mir vorerst keinerlei Gedanken gemacht, aber dann hatte ich diesen Zettel gefunden, eine Nachricht von Tess. Ich hatte die Nacht mit ihr verbracht, aber sie würde nach Amerika fliegen und musste deshalb weg. Ich hatte keine Ahnung, wie wir zusammen in meinem Bett gelandet waren und ob wir wirklich Sex gehabt hatten, und ich hatte auch nichts davon gewusst, dass Tess die nächsten Monate nicht hier sein würde, sondern auf einem ganz anderen Kontinent. Es hatte schon wehgetan sie nicht mehr in meinen Armen halten zu können, aber sie gleich auch noch komplett aus den Augen zu verlieren, tat gleich doppelt so viel weh. Ich war verdammt verzweifelt gewesen, hoffte es war nur eine Veraschung. Aber dann hatte ich Luke danach gefragt, und er hatte von allem gewusst. Alle wussten von Tess' Pläne für Amerika, nur mir wurde es verschwiegen. Und Luke hatte wohl auch gesehen, wie Tess und ich zusammen verschwunden waren. Beide komplett betrunken und total ahnungslos davon, was wir damit anrichten würden. Denn diese Nacht hatte mir unsere Trennung noch schwerer gemacht, als sie so schon gewesen war.
„Ich-ja-nein...sie wollte, aber ich k-konnte nicht." Erklärte ich Luke, da ich ihm klarmachen wollte, dass nichts passiert war. Ich würde in nüchternem Zustand sowas nie machen, niemals. Ich wusste, dass Tess das nicht wollen würde, nicht in nüchternem Zustand. Sie würde morgen wieder abhauen und mir sagen, dass es ein Fehler gewesen war und ich es einfach nur vergessen sollte. Aber das würde ich nicht können, das ging beim ersten Mal nicht, und würde auch jetzt nicht funktionieren. Ich wollte sie nicht noch einmal verlieren, ich konnte nicht.
Ich senkte meinen Blick wieder, Tränen liefen noch immer aus meinen Augen.
„Sie wollte, aber du konntest nicht?" fragte mich Luke verwirrt, ich nickte nur und versuchte gleichmäßig zu atmen, was mir noch nie so schwer vorgekommen war wie jetzt.
„Du wusstest, dass sie hier sein würde oder?" fragte ich Luke, da es überhaupt nicht schien als wäre er überrascht darüber, dass ich Tess angetroffen hatte. Er und die anderen hatten ja auch gewusst, dass sie nach Amerika kommen würde, ohne es mir zu sagen.
„Ja, wir wussten es. Neyla...sie...sie ist ihre Zimmergenossin." Antwortete mir Luke und als ich zu ihm aufsah, blickte er mich entschuldigend an. „Ernsthaft?" meine Stimme überschlug sich.
Wow, es war unfassbar, wie viel sie von mir verheimlichten.
„Es tut mir Leid, wirklich. Wir wussten nur nicht, wie du darauf reagieren würdest. Wir wollten, dass du es hier genießen kannst, dich nur auf die Musik konzentrierst und es dir dann vielleicht wieder besser geht, sodass du auch sie wieder treffen kannst..." Luke zuckte mit den Schultern, ich schüttelte nur fassungslos meinen Kopf.
„Das hat ja prima hingehauen." Meinte ich ironisch und schloss meine Augen, Luke seufzte und legte seine Hand auf mein Knie.
„Ashton, wir sind deine Freunde, wir wollen dir helfen, wir wollen für dich da sein. Es ging dir in letzter Zeit so schlecht, und das hat auch uns ziemlich mitgenommen. Ja, du warst ein Arsch zu uns, hast dich scheiße benommen und manchmal hätte ich dich so gerne einfach stur bleiben sein lassen wollen. Aber das würden wir alle nie tun, denn du hast es nicht verdient, dass es dir so scheiße geht. Wir haben alles dafür getan, um dir irgendwie zu helfen. Du bist unser Freund, und wir würden die nie im Stich lassen." Luke machte eine kurze Pause, wir sahen uns an und ich hatte keine Ahnung, was ich dazu sagen sollte. Aber dann fuhr er auch schon fort: „Aber du lässt uns nicht an dich ran, du weist dich von uns ab, schon von Anfang an. Es ist normal, dass es dir schlecht geht, und auch dass du dich schuldig fühlst. Schließlich hast du Tyler und auch Tess verloren, aber dein Leben geht trotzdem weiter. Deshalb finde ich, du solltest deine Sturheit überwinden und etwas dagegen tun, denn du kannst nicht ewig so weiterleben. Das willst du doch nicht, oder?" Luke sah mich an, als würde er auf eine Antwort warten. Er sprach mit mir als wäre ich ein Kind, aber er hatte irgendwie recht mit dem, was er mir zu sagen versuchte. Deshalb nickte ich.
„Okay, dann beweg deinen Hintern, leg dich hin und rede morgen mit Tess. Auch wenn du denkst, dass du keine Vergebung verdient hast, ist das überhaupt nicht wahr, und ich bin mir ziemlich sicher, dass auch Tess das sehen wird. Jeder macht Fehler, Ashton, das ist menschlich. Aber es ist nur ein Mal passiert, und falls sie dich jemals geliebt haate, dann wird sie dir auch verzeihen. Du solltest es zumindest versuchen, denn ich kann nicht weiter mitansehen, wie du dich immer weiter nach unten fallen lässt, ohne etwas dagegen zu tun. Und auch den Tod von Tyler solltest du nicht nur negativ sehen, okay? Es war erstens nicht deine Schuld, und zweitens, geht es ihm da wo er jetzt ist sicher verdammt gut. Es tut weh, ein Leben ohne ihn zu führen, das weiß ich. Aber er würde nicht wollen, dass du dich deshalb so ruinieren lässt." Er sah mich nach wie vor ziemlich intensiv an, und ich blieb sprachlos, nickte aber in meinen Gedanken. Schon in den letzten Monaten hatten mir Leute diese Dinge in den Kopf setzen wollen, wie zum Beispiel Michael, der total besessen davon war, Tess und mich irgendwie zum Reden zu bringen. Ich hatte es aber nie übers Herz gebracht, wie gesagt, ich hatte keine Vergebung verdient. Aber vielleicht hatte Luke ja Recht, das Problem war nur, dass ich Angst hatte, es würde nicht gut ausgehen. Was, wenn Tess mich nach wie vor hasste und nicht mit mir reden wollte, sondern wie beim letzten Mal wieder abhaute? Würde das passieren, würde es mir sicher noch schlechter gehen.
„Ashton, bitte. Versuch es zumindest. Tyler würde es so wollen, er würde dir in den Hintern stoßen, nur dass du dich endlich bewegst." Fuhr Luke fort, und auch seinen Lippen bildete sich ein schwaches Lächeln.
Ich schloss meine Augen, atmete tief durch und nickte schließlich.
„Es tut mir Leid, dass ich in den letzten Monaten so ein Arsch zu euch gewesen bin." Murmelte ich schon fast flüsternd, Luke nickte nur und klopfte mir auf die Schulter. „Ist schon gut, wir werden es schon verkraften." Er lächelte noch immer, und auch ich musste meine Augen verdrehen.
„Jetzt hoch mit dir, sonst muss ich dir an Tys Stelle in den Hintern treten!"
Luke half mir hoch, ich wischte mir mein Gesicht trocken und begab mich erst ins Bad, ehe ich zurück zu Tess ging. Sie trug wieder mein Shirt und hatte es inzwischen verschlafen, zum Glück. Ich deckte sie zu und setzte mich dann auf einen Stuhl neben dem Bett, da ich sie nicht aus den Augen lassen wollte. Wahrscheinlich musste sie in der Nacht aufstehen um sich zu übergeben, und da sie sich hier nicht auskannte, würde das sicherlich nicht gut ausgehen. Luke bot mir an, dass ich mich in sein Bett legte, denn er meinte ich brauchte auch Schlaf und so war ich noch immer in Tess' Nähe. Aber ich lehnte ab, denn so war ich näher bei ihr.
Sie schlief die ganze Nacht durch, ich saß einfach nur da und hatte meinen Blick auf sie gelegt. Ich dachte viel nach, und während ich jenes Mädchen betrachtete, das ich schon immer für die schönste Kreatur auf Erden gehalten hatte und welche mich so glücklich gemacht hatte wie niemand anderes, zog ich letzten Endes einen Entschluss. Luke hatte Recht, ich musste mit ihre reden. Sie hatte eine Erklärung verdient, auch wenn es nicht viel ändern würde. Tyler würde mich dafür hassen, wie ich mich in letzter Zeit benommen hatte. Das was passiert war, war passiert, und niemand konnte es mehr ändern. Tyler würde nicht mehr zurückkommen, und auch das mit Becca würde für immer Geschehen bleiben. Ich würde Tyler nie vergessen können, aber er würde mich dafür hassen, dass ich mich so benahm wie in den letzten Monaten Ich musste weitermachen, auch ohne ihn. Er würde es so wollen, er würde darauf bestehen.
Und Tess...naja, ich würde mit ihr reden. Ich wusste nicht, was dabei rauskommen würde. Klar, ich hatte Angst davor, dass sie gar nicht mit mir reden will und mir klar macht wie sehr sie mich hasst. Aber sie hatte es verdient eine Erklärung zu bekommen, ich wollte nicht, dass sie dachte es wäre ihre Schuld. Sie war perfekt, würde sie in meinen Augen immer bleiben, und ich wollte dass sie wusste, dass es mir unendlich leidtat.
Ich liebte sie, würde sie für immer lieben, und ich sollte sie dabei unterstützen, ein neues Leben aufzubauen und wieder glücklich zu werden. Auch wenn ich nicht mehr dazugehören sollte. Damals, als Tyler herausgefunden hatten, dass Tess und ich zusammen waren, hatte ich ihm nämlich versprochen, dass ich auf sie aufpassen, sie glücklich machen und für sie da sein würde. Ich hatte dabei zwar schon kläglich versagt, aber vielleicht konnte ich es ja irgendwie wieder gutmachen. Das war ich tyler wirklich schuldig, und auch Tess hatte es mehr als verdient.
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Unavoidable ~ With Or Without You
Teen Fiction❝ Narben erinnern uns an das Erlebte, aber sie definieren nicht unsere Zukunft ❞- Mark Twain Das Leben ist kein Wunschkonzert, soviel ist Tess im letzten Jahr mehr als klar geworden. Denn noch vor einem Jahr hatte sie alles, ihr Leben schien per...
Epilog
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