Kapitel 8: Der Suchtrupp

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Im Gegensatz zu Viktor befand Mortimer, dass es wohl klüger wäre, die Strasse zur Burg zu nehmen, anstatt querfeldein durch den Wald zu stapfen.
Er hatte die Ruine noch nicht ganz erreicht, als er hinter sich ein Rufen durch den Wind hörte.
Er wandte sich um und sah nicht weniger als vier Wagen auf sich zu kommen, auf denen wohl zwanzig Männer hockten – mehr als Mortimer erwartet hatte. Drei der Wagen wurden von den kleinen, aber stämmigen und unerwartet starken Ponies mit dem zotteligen Fell gezogen, die Mortimer schon des Öfteren in der Gegend gesehen hatte. Vor den letzten Wagen hatte man hingegen ein geradezu gigantisches Shire Horse gespannt, das die Ponies noch kleiner aussehen liess.
Sie waren bereits nahe genug, dass Mortimer Mr. Farley auf dem Kutschbock des ersten Wagens erkannte.
Begleitet wurde der eher kuriose Zug von einem guten Dutzend Hunde jeglicher Art und Grösse.
„Heyo!", rief Mr. Farley noch einmal und brachte den Wagen kurz vor Mortimer zum Stehen. „Steig'n Se auf. Je eher wir oben sind und die Kinder finden, desto eher könn' wir wieder verschwind'n."
Mortimer liess sich nicht zweimal bitten. „Es tut mir sehr leid, dass meine Söhne Ihnen allen solche Umstände bereiten."
„Ach, 's is' scho' recht. War'n doch auch ma' jung un' wiss'n wie's is'", brummte Ples gutmütig. „Muss mächtig aufreg'nd sein hier, für so zwei kleine Jungs aus'er Stadt. Aber ham Se keine Angst, wir find'n Ihre zwo Rabauk'n scho'."
„Ich hoffe, Sie haben Recht."
Mit hochgeschlagenen Mantelkrägen und tief ins Gesicht gezogenen Hüten und Kapuzen fuhr der eigentümliche Tross hinauf zur Ruine.
Kaum angekommen bellte Mr. Farley einige knappe Anweisungen gegen den Wind.
Mitten im Burghof standen die verkohlten Überreste der einstmals stolzen Linde, in die - wie Mortimer ganz richtig vermutet hatte – tatsächlich der Blitz eingeschlagen hatte. Das Feuer war vom Regen bereits wieder gelöscht worden, doch noch dampfte und rauchte der schwarze Stamm.
„Hier is' was!", hörte Mortimer einen der Männer, einen jungen, schmächtigen Burschen mit geradezu lächerlich krausem, rotem Haar, das vorwitzig unter seine Kapuze hervorquoll, rufen.
Der Bursche hielt eine alte, rostige Petroleumlampe in die Höhe. „Lag da hint'n, hinter 'nem angekokelten Ast."
„Und die Jungen?", wollte Mortimer eilig wissen.
„Hab' ich sonst noch keine Spur von gefund'n."
„Aber das is doch imm'rhin was", meinte Mr. Farley um Zuversicht bemüht. „Die beid'n war'n hier. Sin' vermutlich vor'm Blitzschlag erschock'n. Weit könn' se ja noch nich' sein. Hab'n ja kurze Beine. Ich schlag' vor, wir teil'n uns auf un' such'n den Wald ab."

Madame Héloïses letzte FahrtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt