Kapitel 25

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Mittlerweile saßen James, Alex und ich in der Kantine des Krankenhauses. Alex hat sich entschuldigt, und James war ihm zum Glück nicht böse und nahm das alles sehr humorvoll. Wir alle folgten still unseren Gedanken, aßen schweigend unser Essen und tranken unsere Getränke.

Dann durchbrach James das Schweigen: „Also Alex, wie haben Savannah und du euch eigentlich kennengelernt?"

Er nippte an seinem Kakao und verzog angewidert sein Gesicht.

„Naja", grinste Alex und schaute mich schmunzelnd an, „sie ist in mich hineingelaufen."

Empört legte ich meine Gabel auf den Teller: „Das stimmt gar nicht, du bist in mich gelaufen. Du wolltest doch zum Unterricht."

„Zu dem du zu spät kamst", lachte er und James stimmte ein, während ich böse ein weiteres Stück meines Rhabarberkuchens aß.

Ich musste lächelnd an unsere erste Begegnung denken und wie ich sofort komplett fasziniert von ihm gewesen bin. Ich habe bis damals nie für möglich gehalten, dass so etwas in der Realität passieren würde. Schon in dem Klassenraum sah er perfekt aus.

„Aber du warst sehr verständnisvoll und hast mich nicht nachsitzen gelassen", sagte ich und biss mir auf meine Unterlippe.

Alex Blick fiel auf meinen Mund und dann blickte er mir in meine Augen: „Naja, was soll ich sagen. Du hast mich halt sofort in den Bann gezogen. Du hattest ganz schön Temperament."

Die Schmetterlinge in meinem Bauch legten einen Stepptanz an den Tag und ich musste aussehen wie ein grinsendes Honigkuchenpferd.

Ich stöhnte: „Aber ich sah richtig schlimm aus an dem Tag. Ich habe mich voll geschämt."

Alex nahm meine linke Hand in seine Rechte: „Nein, du sahst wunderschön aus. Ich habe sofort gehofft, dass ich dich nochmal sehe."

„Okay genug davon, wollt ihr noch essen, oder darf ich das haben", unterbrach James unser sehr schönes Gespräch, was mich hoch auf Wolke 200 schweben ließ.

„Sei leise James, du bist doch nur neidisch", neckte ich ihn.

„Oh ja, pass auf, sonst spanne ich dir Alex aus. Bei den Augen kann man nicht anders", konterte James und ich lachte los.

Ich spürte Alex Blick auf mir und schaute zu ihm hinüber. Er schaute mich verwirrt an und dann James.

„Mann, das war ein Kompliment", klärte James ihn auf, „deine Augen sind echt krass."

„James, hör auf mit Alex zu flirten, er gehört zu mir", rügte ich meinen Cousin gespielt.

Währenddessen stotterte Alex etwas vor sich hin: „Moment, das war- ehm, das verstehe ich nicht."

„Du bist glaube ich sein Typ", gluckste ich und kniff Alex übertrieben in seine weiche Wange.

James musterte Alex: „Schlecht aussehen tust du zumindest nicht. Und kräftig bist du auch, das zeigt meine Nase."

Angesichts von Alex Verunsicherung prusteten James und ich los. Das war einfach zu komisch.

„Ja, James steht auf Männer, aber keine Sorge, er respektiert unsere Beziehung", amüsierte ich mich und wischte Tränen aus meinen Augen.

„Hey", rief James empört, „ich bin am Boden zerstört."

Alex schien es endlich zu schnallen und sah betreten auf den Tisch.

„Hey, das war doch nur Spaß. Was ist denn los", fragte ich ihn.

Er zuckte mit den Schultern: „Ich war einfach so dumm."

Beruhigend strich ich ihm über den Arm.

*****

Irgendwann kam der Bericht, dass James wieder nach Hause durfte, Sport sollte er jedoch vorerst nicht machen.

Also fuhren wir zu dritt zu mir und James nach Hause. Doch kaum als ich die Tür öffnete, wurde mir wieder eins bewusst. Das Verschwinden meiner Mom. Den ganzen Tag habe ich nicht darüber nachgedacht. Doch jetzt prasselte wieder alles auf mich ein.

Ich schloss die Tür hinter uns und ging in die Küche. Mit dem Schmerz konnte ich mittlerweile einigermaßen umgehen. Anstatt um sie zu trauern, konzentrierte ich mich darauf, dass ich sie immerhin gekannt habe.

Ich öffnete den Kühlschrank als ich eine Stimme hinter mir vernahm: „Falls du reden willst, ich bin für dich da, Vannah."

Ich drehte mich um und blickte in das ernste Gesicht von Alex. Er lehnte mit dem Rücken gegen die Arbeitsplatte und musterte mich mitfühlend. Seine Haare waren ordentlich gegelt, doch man sah, dass er sich schon mehrmals mit seiner Hand durch sie gewuschelt hat. Er trug eine schwarze Jeans, ein rot-schwarz-karriertes Hemd und braune Schnürboots.

Ich schluckte. Er würde es verstehen.

Ich drehte mich um und holte Getränke aus dem Kühlschrank, welchen ich dann schloss.

„Es ist nur- Früher hatte ich eine unglaubliche Beziehung zu meiner Mutter. Sie war mein Vorbild. Sie war alles für mich. Doch irgendwann waren mein Dad und sie immer auf Geschäftsreise. Deshalb wohnte ich auch die meiste Zeit alleine. Nur ich kann nicht glauben, dass- dass sie jetzt fort ist", ich schluckte den Kloß in meinem Hals hinunter und sah in Alex blaue Augen.

„Du musst sie nicht vergessen. Sie ist immer bei dir. Sie wacht über dich und denkt sich, was für eine bezaubernde, starke Tochter hat", sagt er mit seiner melodischen und rauen Stimme.

„Ich habe mich mit ihr gestritten", schoss es aus mir heraus, „ich habe sie dafür verantwortlich gemacht, dass sie mich auf die Party gehen gelassen hat. Ich habe gesagt, dass sie mehr Verantwortung übernehmen müsse. Ich wollte nicht mir die Schuld geben, dass ich damals dafür verantwortlich war, was passiert ist. Nach der Party war nichts mehr wie vorher."

Ich senkte meinen Blick und holte tief Luft.

Alex setzte an, etwas zu sagen doch ich unterbrach ihn: „Aber das ist lange her."

Dann griff ich nach den Getränken und steuerte auf das Wohnzimmer zu, während ich fortfuhr: „Es hat halt nicht jeder perfekte Familien."

„Nein", bemerkte Alex und ich drehte mich zu ihm um, „nein, das hat nicht jeder. Aber perfekte Familien gibt es auch gar nicht."

Seine Augen waren komplett dunkelblau, fast schwarz und aus seinen Händen schienen seine Adern fast hinauszuplatzen. Krampfhaft hielt er sich an der Arbeitsplatte fest.

„Alles okay", fragte ich ihn besorgt.

„Ja, alles okay", sagte er und lächelte mich an.

Doch es war ein gezwungenes Lächeln. Ein Lächeln, das seine Augen nicht erreichte. Was war nur los mit ihm? Ich öffnete mich ihm. Doch kaum sprach ich ihn auf seine Familie an, dann blockte er ab. Dabei hatte ich jetzt nichtmal explizit seine Familie erwähnt. Was verheimlichte er mir?

First Love, Last Love? - In Lehrer verliebt man sich nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt