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Der Raum war klein. Es befand sich lediglich ein Stuhl darin, auf dem ich die Klamotten fand, auf die ich schon hingewiesen wurde. Ich schloss die Tür hinter mir und betrachtete die Klamotten. Dort lag ein schwarzes knielanges Kleid, welches meine Schultern freiließ und um meinen Hals befestigt wurde. Daneben standen schicke schwarze Riemchensandalen und eine Haarbürste. Ich schaute auf und bemerkte einen großen Spiegel direkt vor mir. Falls mein Plan nicht aufging, musste ich mich nun von meinem alten Ich verabschieden. Ich prägte mir noch einmal jedes Detail ein: Meine Klamotten, mein Armband, die Strähnen, die meine Mutter vorhin so sorgfältig geordnet hatte. Ich atmete tief durch und zog mich dann um.

Auch wenn ich mich nun wie eine völlig Fremde fühlte, war das Kleid hübsch und passte mir gut. Meine Haare hatte ich gebürstet und zu einem lockeren seitlich geflochtenen Zopf gebunden. Die Sandalen passten wie angegossen. Meinen Einteiler legte ich nun ordentlich zusammengefaltet auf den Stuhl, strich noch einmal über den Stoff und schloss für einen Moment die Augen. Dann straffte ich die Schultern und trat durch die Tür am anderen Ende des Raumes.

„Herzlich willkommen, Cecily Dilea", begrüßte mich eine tiefe, aber sanfte Stimme. Ich schätzte den Geist-Imperiden vor mir auf ungefähr dreißig Jahre. Er strahlte eine seltsame Ruhe aus und ich wunderte mich, ob das schon eine Demonstration seines Elements war. Die Tür fiel hinter mir ins Schloss und ich blieb stehen, wo ich war. Der Raum war nicht viel größer als mein Umkleidezimmer zuvor. In der Mitte befand sich ein Stuhl, direkt daneben der Imperide. Außer einer weiteren Tür gegenüber war der Raum leer. „Ich bin Kilian und werde die Initiation mit dir absolvieren. Setz dich bitte auf den Stuhl, dann können wir das so schnell wie möglich hinter uns bringen. Du wirst keine Schmerzen haben, aber eventuell ein paar unangenehme Situationen während der Prüfung erleben. Es kann dir aber nichts passieren." Ich nickte, während ich auf den Stuhl zutrat und mich setzte. Kilian lächelte mir zu. „Schließe deine Augen und versuche, deinen Geist für mich zu öffnen. Das geht am einfachsten, wenn du dir vorstellst, du würdest im Dunkeln nach Licht suchen und dich in diesem dann sonnen." Ich tat wie geheißen und ein Gefühl der Entspannung überkam mich, als ich die Augen schloss. Das Licht sah ich sofort und stellte mir vor, wie es mich wärmte. „Sehr gut, Cecily", hörte ich Kilian von fern. „Wir können schon beginnen." Das Dunkel in meinem Geist verschwand und wich einer anderen Szenerie. Ich befand mich in einer Wüste, die Sonne schien unbarmherzig vom Himmel. Es war, als würde ich träumen. Doch ich wusste genau, dass der Imperide mit meinem Verstand spielte.

Plötzlich verspürte ich unglaublichen Durst. In meiner Hand hielt ich auf einmal eine Tasse – aber sie war leer. Meine Kehle war staubtrocken und das Gefühl wurde mit jeder Sekunde unerträglicher. Hektisch schaute ich mich um. Es war kein Schatten in Sicht, geschweige denn Wasser. Mein Blick fiel wieder auf die Tasse. Es war eindeutig, was von mir erwartet wurde. Der Imperide wollte herausfinden, ob das Wasser mein Element war. Das war einfach, denn ich wusste bereits, dass ich hier nichts ausrichten konnte. Ich starrte weiterhin die Tasse an und stellte mir vor, wie Wasser das Gefäß füllte und wie es sich auf meiner Zunge anfühlte. Zumindest musste ich den Prüfer überzeugen, dass ich tatsächlich auf der Suche nach meinem Element war. Ich dachte an den Bach vor dem Häuschen meiner Eltern, an den Regen, in dem ich so gerne tanzte und an das Wasser in der Wanne, in der ich immer badete. Die Tasse blieb leer. Wie lange musste ich diese Situation noch durchhalten, bis der Prüfer mich in die nächste schickte? Frustriert ließ ich die Tasse sinken und schaute in den Himmel. Ich versuchte an den Regen zu denken, wie er vom Himmel fiel und unsere Felder fruchtbar hielt, wie er mein Gesicht benetzte und meine Kehle hinunter rann. Ich war wirklich schrecklich durstig.

Ohne Vorwarnung verschwamm die Situation vor meinem inneren Auge und die Hitze ließ nach. Nummer eins war geschafft und mich überkam ein Schwindel, als ich in die nächste Umgebung katapultiert wurde. Die Szenerie, die sich mir nun bot, war eine völlig andere. Hier gab es Wasser im Überfluss, wenn auch nicht zu trinken. Ich befand mich auf einem Meer, weit und breit war kein Land zu sehen. Unter mir ein Floß mit einem Mast, an dem ein Segel baumelte. Es hing dort leblos herab, denn es war windstill, sodass ich auf der Stelle trieb. Das Durstgefühl war immer noch vorhanden. Zu ihm hatte sich allen Übels auch Hunger gesellt, sodass mein Magen unangenehm knurrte. Wind, das war die nächste Aufgabe.

Die Flamme - Magie des Feuers (Leseprobe)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt