E L F

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Brooklyn's POV

„Willst du mich verarschen?!" Phyllis starrte mich ungläubig an, als ich sie zur Kaffeemaschine meiner Träume führte.
„Hast du eine Ahnung, wie teuer die ist?", rief sie entsetzt aus und bedachte mich mit einem Blick aus ihren grünen, derzeit verstimmt funkelnden Augen.
„Ich kann lesen, ja. Soll ich es dir noch in Euro oder Pfund umrechnen oder passt das Eurer Hoheit so?", antwortete ich verwegen und lehnte mich an das Stück Wand neben dem Regal, das ausnahmsweise mal nicht vollgestellt war. Mein Schützling dagegen stand weiterhin in dem Gang mit den Küchengeräten und starrte auf das Preisschild als wäre es irgendein Gott. Zeus oder so. Oder Ares. Meinetwegen auch Loki. Als käme die Kaffeemaschine aus einer anderen Welt – was sie, dem Kaffee nach zu urteilen, den sie zauberte, auch war.
„Ich wüsste nicht, wozu ich so eine Maschine bräuchte. So oft trinke ich keinen Kaff..." Phyllis' Worte wurden jäh unterbrochen, als ein älterer Mann in sie lief und sie ansah, als hätte sie ihm ins Gesicht gespuckt. Wütend murmelte er „Bastard" und eilte mit großen, zornigen Schritten davon.
Die schwarzhaarige Schönheit wurde blass, doch ihre Wangen verfärbten sich Schamesrot.
Automatisch ballten sich meine Hände zu Fäusten, während ich dem Alten wütend nachsah, prüfend. Aufgrund des widerlichen Verhaltens, das er an den Tag gelegt hatte, hätte ich ihn festnehmen können.
Aber wie kam es schon, wenn die Krone einen Mann festnahm, der einen Bastard beleidigt hatte?
Mit zusammengekniffenen Lippen wandte ich mich wieder meiner Schutzbefohlenen zu, die sich einigermaßen gefangen zu haben schien. Noch ein wenig blass um die Nase, aber mit einem perfekten Pokerface tippte sie auf den Pappkarton, der die einzigartige Kaffeemaschine verpackte.
„Also schön, Crighton, kaufen wir das Ding", sagte sie mit noch leicht zitternder Stimme, sah mich abwartend an.
Schrecklich, wenn einem wildfremde Menschen das Gefühl gaben, unerwünscht zu sein. Unerwünscht zu leben. Ich selbst kannte das nur von mir bekannten Leuten. Von Leuten, die sich ein Bild von mir gemacht hatten.
Von Phyllis Thatcher hatte sich sicherlich niemand der Hater im Netz ein klares Bild gemacht. Vermutlich kannte sie nicht einmal ihr Stalker persönlich.
Willkommen im einundzwanzigsten Jahrhundert.
Mit einem leichten Kopfschütteln verdrängte ich den Gedanken an die Ungerechtigkeit, die diesem Mädchen zuteilwurde. Stattdessen nahm ich mir den Karton und schleppte das schwere Küchengerät brav zur Kasse.
Phyllis hätte auch einfach einen Wagen nehmen können, als wir am Eingang vorbeigelaufen waren.
Die restliche Zeit dachte ich darüber nach, warum zur Hölle Phyllis Thatcher solche Gefühle in mir erweckte. Mitgefühl. Wut (überwiegend auf ihre Peiniger). Ob das davon rührte, dass sich unsere Münder bereits gestern gut kennengelernt hatten? Ob es daran lag, dass dieses Mädchen verdammt gut küssen konnte – fast so gut wie ich? Der vielleicht nicht ganz so kleine Teil in mir, der gerne mit Phyllis schlafen würde, schrie laut JA. Der andere, vernünftige Teil in mir meinte, dass wir lieber nur Freunde bleiben sollen.
Davor mussten wir allerdings noch Freunde werden...
„Hey. Brooklyn. Hallo? Brook, ich rede mit dir!" Eine kleine Hand tauchte in meinem Sichtfeld auf, winkend, sodass ich blinzelnd auf das schwarzhaarige Mädchen herab sah.
„Hast du mich gerade Brook genannt?"
„Jep. Oh, Hi!" Lächelnd winkte sie einigen Freunden zu, die so eben in den Laden traten. Anschließend hielt sie mir eine robuste, große Stofftasche hin.
„Du wolltest die Kaffeemaschine, du trägst sie auch."

Phyllis' POV

Müde tappste ich in die Küche, rieb mir die Verbleibsel der letzten Nacht aus den Augen. Ich hatte kaum geschlafen und ständig von einem gruseligen Typen geträumt, der mich töten wollte. Mit einem Stoffhasen. Genau genommen mit dem Stoffhasen, den ich als kleines Kind hatte und der mir Abhanden gekommen war, als ich angefangen hatte, den Kindergarten zu besuchen.
Spontan beschloss ich, Pfannkuchen zu machen. Rasch suchte ich alle Zutaten zusammen, bevor ich dem Radio am Fenster einen Kritischen Blick zuwarf.
Lily ist nicht da, ich bin alleine. Also...
Während ich mit der einen Hand einen Einbauschrank öffnete und Zimt suchte, drückte ich mit der anderen den On – Knopf des Geräts. Die ersten paar Klänge von ‚Wannabe' schallte durch meine Küche, offenbar hatte ich gerade im richtigen Moment eingeschaltet.
„Yeah, I tell you what I want, what I really really want!", sang ich lautstark, gab Mehl in eine Schüssel.
Da fiel mein Blick auf die neue Kaffeemaschine.
Brooklyn.
Oh, Mist.
Ach, der wird jetzt eh schon wach sein, dachte ich achselzuckend und sang unbehelligt weiter.
„Sooooo tell me what you want, what you really really want!"
Geistesabwesend kramte ich eine Pfanne hervor, schaltete den Herd an. Sanft legte ich die Pfanne darauf ab und erhitzte etwas Butter, während ich das letzte Ei und Zimt zu dem Teig hinzufügte. Langsam aber sicher begann die Butter zu schmelzen, und ich gerade goss die erste Kelle in die heiße Pfanne, als ‚Hollaback Girl erklang.'
„'Cause I ain't no Hollaback Girl! Uuuuh, that's my shit." Gwen Stefani und ich lieferten uns ein wunderschönes Duett, das lediglich von meinen Überprüfungen des Bräunestatus meines Pfannkuchens unterbrochen wurde.
„Uuuuh, that's my shit. That's my shit", sang ich gerade, als plötzlich die Tür aufflog und mein Bodyguard in Boxershorts und mit gezogener Waffe hereinstürmte.
Mein Herz machte einen enormen Satz, als ich die Pistole in seiner Hand sah.
„Was ist passiert?", fragte ich zu Tode erschrocken, als er misstrauisch jeden Winkel des Raumes sicherte.
„Es hat sich angehört, als würde hier eine Katze elendig verrecken."
Mit hochgezogenen Augenbrauen legte ich meinen Kopf schief. Ich wusste, dass ich recht gut singen konnte – zumindest besser als manche Sänger live.
„Was denn? Das war die Rache für den Song!"
„Du mich auch", gab ich zurück und widmete mich wieder dem Essen.
„Kümmere du dich um die Pfannkuchen, dann mache ich Sushi", wies ich Brooklyn an, deutete auf die Pfanne.
„Es ist neun Uhr morgens und du willst Sushi essen? Wozu hast du dann Pfannkuchen gemacht, du Larry?"
ich ging nicht auf diese Frage ein, sondern schälte einen Banane, während ich darüber nachdachte, was zur Hölle Larry für ein Ausdruck war. Innerhalb einer Minute war der erste fertige Pfannkuchen mit Nutella bestrichen, sodass ich die Banane darin einwickeln konnte. Anschließend zerschnitt ich die entstandene Rolle, war mir Brooklyns kritischen Blick durchaus bewusst. Um das Ganze zu vervollständigen drapierte ich eine halbe, frisch gewaschene Erdbeere auf je einem Röllchen.
„Tadaaaaaa!"

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