Kapitel 8 (Palle PoV)

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Ein neuer Tag. Ein neuer Versuch. Ich würde wieder bei Sebastian vorbei schauen. Unser letztes Treffen war ja nicht all zu gut verlaufen. Und Herr Bergmann hatte mir deswegen angeordnet mit ihm erstmal nur noch zu reden wenn er eine Zwangsjacke trug. Das war natürlich ein Rückschlag und dass, obwohl ich noch nicht einmal einen winzig kleinen Erfolg hatte.

Dazu kam auch noch die Tatsache, dass mir gestern ein neuer Patient zugeteilt wurde, um den ich mich später auch noch kümmern müsste. Ausgerechnet dieser komische Typ mit der Maske. Auch für Leute wie mich, mit langer Diensterfahrung, war so etwas ungewohnt und eine echte Herausforderung. Aggressionen hingegen hatte ich schon einmal behandelt. Und sogar erfolgreich. Ich musste einfach nur positiv denken, dann würde es schon noch ein zweites mal klappen.

Ich klopfte an die Zimmertür von Sebastian und trat ein. Er saß mit Zwangsjacke auf seinem Bett und starrte mich wütend an. Ich beschloss gleich jetzt meine Geheimwaffe zu nutzen und holte aus einem Beutel ein Computerspiel hervor. "Das hier ist für dich. Du hast ja gesagt du spielst gerne." Ich legte das Computerspiel auf seinen Tisch und er guckte interessiert. Dann wurde sein Blick auf einmal finster. "Das hab ich schon." sagte er, aber zumindest ruhig. "Naja, du kannst es ja noch umtauschen. Den Kassenbon habe ich noch." "Das geht hier leider nicht. Bin ja isoliert von der Außenwelt." "Wenn du willst kann ich das für dich machen." bot ich an und er sah mich begeistert an. "Echt? Cool." "Was brauchst du den noch?" "Overwatch wäre toll." sagte er und strahlte mich an. "Dann bring ich dir das demnächst mal mit." "Danke." sagte er und ich packte das Spiel wieder ein.

"Was machen sie denn eigentlich in ihrer Freizeit hier?" fragte er nach einer Weile und bemühte sich möglichst interessiert zu klingen. "Naja, ab und zu fahre ich in die Stadt oder ich mache irgendwas mit meinen Kollegen hier. Wir sind ja ziemlich abgeschieden von der Außenwelt, da gibt es nicht ganz so vie aufregende Sachen." Rewi nickte interessiert und schon wieder schwiegen wir. Eigentlich müsste ich so langsam anfangen wieder mit ihm über seine Aggressionen zu reden, aber ich war mir ziemlich unsicher, ob mich das im Moment überhaupt weiter brachte. War es nicht eigentlich besser wenn ich erst einmal Vertrauen zu ihm aufbaute? Andereseits musste ich ja auch mit seiner Teraphie vorankommen. Das ganze war echt kompliziert.

Ich hätte mir noch weiter den Kopf zerbrochen, wenn Rewi mich nicht plötzlich darauf aufmerksam gemacht hätte, dass ich mich gefälligst um sein Problem kümmern sollte. So viel zum Thema Vertrauen aufbauen. "Ok gut Rewi. Am Besten fangen wir erstmal langsam an und ich zeige dir wie man sich in Stresssituationen am besten entspannen kannst."

"Dazu hab ich hier verschiedene Sachen für dich mitgebracht." Ich holte zwei kleine Bälle aus meiner Tasche. "Das hier sind Stressbälle. Am Besten trägst du die in Zukunft immer bei dir. Wenn du dann in eine Situation kommst, in der du wütend auf Jemanden bist kannst du deine Aggressionen an einem Ball, anstatt einer Person auslausen. Die sind mit Sand gefüllt und ziemlich stabil." Er nickte und nahm die Bälle in die Hand. Rewi betrachtete und drückte eine Weile drauf rum, bevor er sich einen in die Hosentasche steckte und den anderen auf seinen Nachttisch legte.

"Als nächstes hab ich noch einen Vorschlag für dich. Hier drinnen hat man zwar nicht sehr viele Möglichkeiten, aber wir haben einen Fitnessraum den du benutzten kannst. Dort gibt es auch mehrere Boxsäcke an denen man Wut auslassen kann, nach einem stressigem Tag. Und vielleicht findest du ja auch gefallen an ein paar Fitnessübungen oder möchtest unser Schwimmbecken ausprobieren. Ich kann dir das gerne zeigen. Allerdings musst du immer Bescheid sagen, wenn du dort hingehst. Und dann wird jemand ab und zu gucken ob es dir noch gut geht. Willst du es dir mal angucken?" Rewi nickte. Ich lächelte glücklich und ging dann mit ihm gemeinsam zum Fitnessraum. Überrascht bemerkte ich das die Tür offen stand und als wir den Raum betraten sah ich Kostas und Mik im Schwimmingpool. Hoffentlich würde das keine Probleme geben.

Sebastian sah sich in Ruhe alles an und probierte auch den Boxsack aus. Kraft hatte er auf jeden Fall und nicht gerade wenig.

Es dauerte nicht lange bis er sich alles angesehen hatte und wir wieder gehen wollten. Doch dann passierte etwas womit ich wirklich nicht gerechnet hatte und sofort bereute ich ihm die Zwangsjacke abgenommen zu haben. Armer Kostas und armer Mik.

Heilanstalt Bergmann (Abgebrochen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt