4. Purpur

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Im Jahre 1734, Gänge des Schlosses der Königsfamilie

Prinz

Die fünf Wachen, die vor der Tür gestanden hatten und die Dienstmagd begleiteten mich, sie mit mir in der Mitte, die Wachen als Eskorte um uns.
Mein Kopf drehte sich jedoch immer wieder zurück zu der Tür, aus der wir gerade gekommen waren.
Was Mutter wohl von dem Mädchen wollte?
"Mandy?"
"Hmm?", fragte diese, ihre braunen Augen gedankenverloren ins Leere gerichtet.
Einen Augenblick später jedoch, errötete sie und schüttelte energisch den Kopf.
"Ja, Herr?!"
Überrascht hob ich eine Augenbraue und musterte sie, ohne jedoch stehen zu bleiben.
Was beschäftigte sie so sehr, dass sie sogar die respektvolle Anrede vergaß?
Ich beschloss, dieses Mal darüber hinwegzusehen und mich auf die Stillung meiner Neugier zu konzentrieren.
"Lenke die Wachen ab, ich werde mich zurück schleichen. Mal sehen, was die Beiden besprechen."
Das Dienstmädchen würde das sicher nicht hinterfragen, geschweige denn mir widersprechen.
Ich wurde jedoch ein weiteres Mal überrascht, als sie sagte:
"Aber Herr! Die Königin-
Abrupt blieb ich stehen und fuhr zu ihr herum.
"Ich weiß selbst, was Mutter gesagt hat! Aber ich will wissen, was da gesprochen wird, das wir nicht wissen dürfen!", antwortete ich ein wenig zu laut, wütend auf die Dienstmagd, dass sie mir überhaupt widersprach, wütend auf mich selbst, dass ich ihr so viel erzählt hatte.
Die Wachen blieben ebenfalls stehen, beobachteten das Spektakel neugierig, aber auch ein wenig besorgt. Nicht, dass sich das Hündchen noch gegen seinen Herrn wandte.
Ich wusste, dass sie so dachten und es erfüllte mich mit Genugtuung. So würden zumindest sie sich nicht gegen mich wenden, sollte ich Mandy bestrafen.
"Du wirst mir nicht noch einmal widersprechen, ist das klar? Als Strafe wirst du eine Woche lang für das ganze Schloss kochen und danach noch deine üblichen Pflichten erledigen."
Die Wachen stöhnten mitfühlend und die Dienstmagd erbleichte.
Ich nickte zufrieden und setzte meinen Weg in die entgegengesetzte Richtung fort, wandte der Dienstmagd den Rücken zu, hörte lediglich durch ihr Keuchen, dass sie mir immer noch folgte.
"Aber, junger Herr-
"Schweig! Und tu' gefälligst, was ich dir aufgetragen habe, sonst könnte meine Strafe härter ausfallen!"
Ohne innezuhalten rief ich:
"Edgar!"
Jetzt schien die Dienstmagd sich zu entfernen, zu begreifen, dass es klüger war, zu schweigen, denn ihre leichten Schritte entfernten sich.
Einen Moment später hörte ich einen der Wachen, der näher kam. Die anderen blieben zurück, dafür sorgte Mandy, ich hörte ihre Stimme auf die Anderen einreden.
"Sag der Köchin, dass sie dieser unbeholfenen Magd beim Kochen ein bisschen zur Hand gehen soll. Ich möchte nicht eine Woche lang Verbranntes vorgesetzt bekommen."
Seine Schritte verstummten.
"Selbstverständlich, mein Prinz."
Nur das Klirren seiner Rüstung verriet, das Edgar ging.
Unbeirrt schritt ich weiter, auf leisen Sohlen und hinter allem verborgen was mir Schutz bot, um weder gehört noch gesehen zu werden.

Ich hatte Erfolg, denn die Beiden sprachen ungerührt weiter, ohne mich zu bemerken. Vorsichtig legte ich ein Ohr an die Tür, um zu lauschen.
"Und wie alt bist du?", fragte das Mädchen.
Stirnrunzelnd betrachtete ich eine Maserung in der Holztür.
Ich hatte ja mit vielem gerechnet, doch damit nicht.
"Fünfunddreißig."
"Er ist ein Mensch. Bist du etwa ein Halbblut?"
Halbblut?
"Nein."
"Aber wie...?"
Einen Moment stand eine unausgesprochene Frage im Raum, welche, war mir unklar.
Dann antwortete Mutter seufzend:
"Ich hätte ihn nie allein lassen können."
Das Mädchen schnaubte.
"Ach ja? Und warum nicht?"
"Wenn du Mutter wirst, wirst du es verstehen."
"Ich wusste es. Wo ist er? Ich würde gerne unseren Nachwuchs sehen."
Unseren Nachwuchs?
"Woher...?"
"Ich kann es riechen. Wie alt ist er? Und ist er ein Halbblut? Ich würde ihn gerne sehen."
Sie kann es riechen? Was interessiert sie mein Alter? Und was ist ein Halbblut?
"Er ist achtzehn und nein."
Wie das Mädchen es herausgefunden hatte, schien Mutter nicht im Geringsten zu stören.
Dieses kicherte.
"Und ich habe dich schon für ein Kindchen gehalten, aber er...!"
Mutter seufzte.
Kindchen?! Na warte...!
"Willst du diese Maskerade wirklich aufrechterhalten?", fragte meine Mutter.
Sie klang niedergeschlagen.
Das Mädchen schnaubte lediglich verächtlich. Das schien sie häufig zu machen.
"Wenn hier einer eine Maske trägt, dann du. Sag' mal, warum?"
Warum was?
Plötzlich bemerkte ich, dass Mandy neben mir stand.
Ich zuckte zusammen.
Wann hat sie das gemacht? Und wie? Ich habe sie gar nicht kommen hören!
Mandy schaute reuevoll zu Boden, machte aber keine Anstalten zu gehen.
Bevor ich vollends an die Decke gehen konnte, antwortete Mutter:
"Tja, warum? Ich denke, ich hatte genug. Ich wollte an einem Ort bleiben, besonders nach der Geburt meines Sohnes. Ich wollte diesen Ort wachsen sehen. Und da haben sie mich zu ihrer Königin gemacht."
Was?
Inzwischen verstand ich gar nichts mehr. Diese beiden unterhielten sich wie zwei alte Freundinnen und sprachen so in Rästeln, dass man meinen könnte, sie seien verrückt geworden.
"Und wo ist dann dein Mann?", fragte das Mädchen weiter.
Langsam wurde ich wütend.
Was gehen diese Fremde unsere Angelegenheiten an?!
Meine Fingerknöchel wurden weiß, so fest packte ich den Saum meiner Hose.
Ich knurrte zornig als Mutter ohne zu zögern antwortete:
"Er weilt nicht mehr unter uns. Er ist tot."
Sie schnappte entsetzt nach Luft.
"Was?! Wie kann das sein?!"
Das Mädchen klang aufrichtig bestürzt, entsetzt und ungläubig.
Mutter schwieg.
"Nun sag' schon!"
"Wie ist dein Name?"
Hör' auf auszuweichen und erzähl' mir sofort, was passiert ist! Immerhin geht es mich genauso sehr etwas an!"
Wohl kaum!
"Nein, verdammt!"
Ich lächelte grimmig, der Griff um meine Hose lockerte sich etwas.
So! Jetzt zeigt sie es ihr!
"Liegt deine Sturheit etwa an den zwei Grazien da draußen?!", fragte sie verächtlich.
Was!? Wie kann sie...?

Die alte Sprache und sieWhere stories live. Discover now