16. Geisterrad

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Überrascht, wie etwas erheitert, hatte ich mir eine App installiert. Zwanghaft wirkte wohl mein Schmunzeln, doch in der Tat ich war irritiert und gänzlich verwirrt. Sollte ich das wirklich glauben?

"Geisterradar?", brummelte ich zu mir selbst. Die Beschreibung sagte aus, in einer überaus ernsthaften Weise und wissenschaftlich begründet, dass man damit mehrere Praktiken auf seinem Tablet ausführen könnte, die auch von PSI Forschern genutzt werden, um das Jenseits zu erforschen.
Dazu habe ich einzugestehen, derartigen Forschungen immer skeptisch gegenübergestanden zu haben. Ich war grundsätzlich kein sehr gläubiger Mensch. Nicht, dass ich ein Gegner gewesen wäre, doch der Glaube an das Jenseits schien mir zu fantastisch und ehrlich gesagt unbequem. Ich fand das Dasein im Diesseits nicht so außerordentlich reizvoll und mich schauderte der Gedanke es würde niemals enden im Jenseits.

Ich sah eine Anwendung, um Geisterstimmen aufzunehmen, aber ich kam mit der Bedienung zunächst nicht zurecht. Eine andere Anwendung schien eine Art Seismograf zu sein und seine Handhabe schien mir noch weniger schlüssig. Eine Fotografiereinrichtung, die man wie jede gewöhnliche Tabletkamera benutzte und, laut Beschreibung, auf die Geisterwelt sensibilisiert war. Und natürlich ein Radar, wie der Name vermuten ließ. Dies bestimmte über GPS meine genaue Position auf einer Karte, die die Umgebung von mir im Umkreis von 500 m wiedergab. Der Satellit sollte in der Lage sein, elektromagnetische Felder zu erkennen und auszuwerten, welche zu jenseitigen Manifestationen zählten. Die App machte diese in drei Kategorien sichtbar, schwarze Kreise für geringe PSI Phänomene, die zweite Stufe war blau, die höchste Kategorie Rot. Es gab eine ausdrückliche Warnung vor den roten Manifestationen. Jedoch fühlte ich mich veräppelt.

Ich las die Kommentare jener, die sich diese App runtergeladen und genutzt hatten. Zu meiner anders gerichteten Erwartung sprachen alle davon, dass die App funktionieren würde, oftmals bestärkt durch angebliche schauerliche Ereignisse, die den Schreibern widerfahren sein wollten. Allerdings gab es da nicht ein Kommentar, das auf einen gesunden Menschenverstand oder durchschnittliche Bildung schließen ließen. Es war alles ein furchtbares Berlin-Kreuzbergdeutsch im vornehmsten Kanakvokabular, sodass ich bei einigen Wörtern drauf und dran war in einer Kristallkugel nach dem Sinn zu forschen. Das alles nun stärkte nicht das Vertrauen in die App. Außerdem zeigte das Geisterradar nichts in meinem Umfeld an. Es hätte also etwas X-Belibiges sein können. Ich vermochte es nicht zu überprüfen. Nach vielen positiven Beschreibungen gab es hin und wieder eine negative Beurteilung. Schon glaubte ich nun berechtigt im Zweifel sein zu können. Doch erneut wurde ich enttäuscht. Die Kritiken beschränkten sich auf Softwareprobleme bei einigen Handymodellen, nervende Werbung oder das die Kaufversion sehr teuer sei und die Probeversion in seinem Leistungsumfang zu beschränkt sei.

Im selben Moment strich mein Kater um meine Beine und miaute, während das Tablet vibrierte. Die App auf das Radar umschaltend glaubte ich einen schwarzen Punkt am äußerten Peripherer entlanghuschen zusehen.
Ich gestehe, dass ich mich sehr seltsam fühlte. Eine Gänsehaut überfuhr mich und deutlich konnte ich spüren, dass sich meine Nackenhaare aufrichteten. Schnell wurde die App nun abgeschaltet und das Tablet beiseite gelegt. Langsam setzte ich mich in einen Sessel und starrte grübelnd auf das Tablet. Der Kater hatte sich auf seinem Kratzbaum zusammengerollt und schlief friedlich.

In Gedanken suchte ich nach allen möglichen Erklärungen die die App als Scherzprogram entlarven sollten, doch das gelang mir erst später bei der Arbeit im Callcenter in Stralsund. Ich selbst lebte in Bergen auf Rügen immer musste ich mit dem Auto hin und wieder zurück.

Langsam und vorsichtig lenkte ich das Gespräch in der Pause bei einem Kollegen das Gespräch auf eine "seltsame App", die ich heute früh auf dem Klo heruntergeladen hätte. Ich wusste, dass er sehr avanciert in derartigen Dingen war. Und tatsächlich schmunzelte er über mich. Ich hatte versucht mich gelassen zu geben, aber es war mir wohl nicht gelungen. Schnell zeigte er mir mehrere Apps auf seinem Handy, die beeindruckende Fotos von Geistern machen konnten. Er machte auch welche von mir, doch erschien ich auf dem Bildschirm als Zombie oder Mumie. Er hatte Apps die Geisterstimmen erzeugten. Nur, keine reichte an die Qualität der App auf meinem Tablet heran. Außerdem erzeugte die App auch nicht derart aufwendige Effekte, im Gegenteil, eigentlich hatte ich ja nichts zu sehen bekommen. Jene App bestach vielmehr durch eine wissenschaftliche Nüchternheit. Doch ich beschloss, um meiner inneren Ruhe willen, dass diese Erklärung für mich akzeptabel sei.

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