Prolog

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Sie schälte sich aus den Laken und schwang ihre Beine über den Bettrahmen. Draußen war es noch finstere Nacht. Alles war still, bis auf den, durch das Fenster gedämpften, spärlichen Nachtverkehr. Kurz schwebte ein Gedankensplitter ihr durch den Kopf, der sie in Versuchung versetzte wieder in das puderweiche nach Rosen riechende Bett zu versinken und weiter zu schlummern. Doch es war Zeit zu gehen. So stand sie auf, begann all ihr Eigentum zusammen zu klauben, das im ganzen Raum verteilt lag und zog sich an. Als sie ihre Bluse aufhob, bemerkte sie, dass es noch nass war. Sie dachte nicht viel darüber nach und nahm das andere T-Shirt an sich und streifte es sich über. Es war ihr sicher zwei Nummern, wenn nicht sogar drei Nummern zu groß, doch sie verschwendete keinen weiteren Gedanken darüber. Sie war nur froh, nicht die durchnässte Bluse tragen zu müssen, stattdessen stopfte sie diese in ihre Tasche, was sie später noch bereuen würde.

Ihre Hände fanden sich in ihren Haaren wieder, diese versuchten ihr wildes Haarbüschel einigermaßen zu bändigen, um nachher nicht aufzufallen. Ihr Blick wandte sich zum Bett, in dem ein Geschöpf unter einem Berg von Decken leise vor sich hin schnarchte. Ein Gedanke schob sich ihr in den Vordergrund: „Es schnarchte einmal laut nach dem es zweimal ganz leise geschnarcht hatte. Irgendwie war das süß." Unwillkürlich musste sie bei ihrer Schlussfolgerung schmunzeln. Doch nun musste sie sich wieder beherrschen! Ihr war die Situation in der sie sich jetzt befand neu. Sie wusste nur eins, sie durfte nicht bleiben. Hastig glitt ihr Blick durch den Raum, bis er bei dem Umriss eines Post-it Blocks stehen blieb. Ihre Beine bewegten sich quer durch den Raum und steuerten direkt auf den Post-it Block zu.

An der Wand über dem Tisch befand sich ein Spiegel. Dadurch dass das Badezimmer Licht immer noch leuchtete und dem Raum, in dem sie sich befand, etwas dämmernden Schein spendete, konnte sie ihre Konturen ausfindig machen. Für ein paar Bruchteile von Sekunden musterte sie sich in ihm, bevor sie sich dem gelben Stück Papier vor sich widmete.

Doch was sollte sie schreiben? Ihre Handynummer? Ein einfacher Dank? Nein, das war sie nicht, entschied sie sich. Hilflos schloss sie ihre Augen und ließ den Tag noch einmal Revue passieren. Bunte Farbflecken zogen, wie ein Farbverlauf, an ihren inneren Augen vorbei. Geduldig wartete sie bis das Farbenschauspiel wieder vom schwarz übertrumpft worden war und sich nichts mehr tat. Ihre Finger umklammerten den Stift neben dem Block und begannen Linien auf das Blatt zu zeichnen. Zufrieden mit ihrem Meisterwerk, warf sie den Stift gekonnt wieder auf den Tisch. Bei dem Aufprall des Stiftes erschrak sie, ihr kam es vor, als wäre der Stift mit einem riesengroßen Knall auf der Tischplatte gelandet und hätte ihn auf geweckte. Reflexartig schoss ihr Kopf zum Bett. Doch von dort kam nur das friedliche Schnarchen, welches wieder ihren aufgebrachten Puls beruhigte.

Auf Zehenspitzen verließ sie den Raum, ließ die Tür leise ins Schloss klicken und wandte sich ohne einen weiteren Blick auf die Türe zu werfen, auf den Weg zum Lift.

Sie war gegangen und alles mit ihr, was ihn an sie erinnerte, denn in seinen Gedanken war sie schon verschwommen, als er am darauf folgenden Morgen die Augen aufschlug. Sie war verschwunden, inklusive seinem geliebten T-Shirt. Das Einzige, an das er sich halten konnte, war ihr Name und das Post-it, welches sie vor sie gegangen war, auf den Spiegel gepickte hatte.

Die Nacht an der du mir die Sterne vom Himmel geklaut hast. Nun will ich keine Nacht mehr verschwenden.

Fangirltage {lrh.}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt