Nur eine Nacht

06.08.1669

Eine Vorahnung durchdringt meine Gedanken. Ich wusste, was jetzt zu tun ist. Habe tausend Bücher darüber gelesen. Bilder erscheinen in meinem Kopf, ganz ungewollt. Ich versuche mich an die mir beigebrachten Techniken zu erinnern. Verdammt. Ich habe keine Fluchtmöglichkeit, keine Chance auf ein Entkommen. Er bleibt zu meiner Rechten stehen. Seine Schritte verklingen. Er lehnt sich langsam gegen die Brüstung. Nimmt die gleiche Haltung ein. Noch immer ist mein Blick starr auf die mondbeschienene Landschaft, die Silhouetten der Bäume gerichtet. Adrenalin durchströhmt meine Adern. Ob ich es wohl schaffe, schnell genug bin, vor ihm die Balkontür zu erreichen? Blitzschnell berechnet mein Gehirn die Strecke. Doch der Gedanke an die beträchtlichen Muskelmassen meines Nebenmanns, im Vergleichzu meinen, lösen jedliche Hoffnung auf. Ich löse mich von meiner Totenstarre, wende mein Gesicht ihm zu. Sein kantiges Kinn, seine vollen Lippen, seine funkelnden blauen Augen."Konzentration, Mally!", mahne ich mich selbst. Er hebt seine Hand. Schweiß rinnt mir über den Rücken. Er umfasst meinen zierlichen Arm. Er hält mich nicht fest, es ist fast so, als wisse er sonst nicht, wohin damit. Trotzdem bin ich wie erstarrt. Unfähig, mich zu Bewegen. Nicht fähig, zu atmen."Mally...", wiederholt er sich, " Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll..."Er sieht peinlich berührt zu Boden. Seine Wangen nehmen einen niedlichen Rotton an. "ich habe soetwas noch nie gemacht..." Ohje ich wusste es! Ich hab es geahnt! Die letzten Minuten meines unberührten Lebens!"...Ich...ich glaube ich habe mich in dich verliebt." Er hebt seinen Blick und sieht mir direkt in die Augen. Ich versuche meine absolute Fassungslosigkeit zu verbergen. Vergebens. Schockiert starre ich ihn an. Ich habe mit vielem Gerechnet: dem Einsatz meiner mehr-oder-weniger guten Selbstverteidigungstechniken, einem Tadel, endlich wieder in Schloss zurückzugehen, dem Berauben meiner Unschuld, einem Messer an meiner Kehle... aber nicht mit einem Liebesgeständnis!