Das Straßenleben

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~ Lucy's Sicht ~

Viele von uns haben es nicht leicht auf dieser Welt. Es gibt Menschen, die ein tolles Leben verdient hätten, es aber nicht bekommen. Andere wiederum sind die schlimmsten und verdienen nichts, bekommen aber das beste Leben, welches man sich wünschen kann. Menschen, die anders rumlaufen, aufgrund ihrer Kleidung oder die anders sind, die werden auch anders behandelt. Menschen sind selbstsüchtig, ihnen interessiert es nicht, was mit dem schlecht ergehenden Teil auf dieser Welt passiert. Wir sind nichts Wert auf dieser Welt. Das muss der Minderheit erst einmal klar werden. Meine Schwester und ich sind Teil davon. Natürlich gibt es Menschen, die stechen aus der Mehrheit heraus und sind anders. Es gibt auch Menschen, die solchen Menschen wie uns helfen und viel für Kinder oder Menschen in ärmeren Ländern tun.
Seit einem halben Jahr leben wir nun auf der Straße. Niemand interessiert sich für uns. Das dachte ich auch damals, als ich noch eine Familie hatte. Gerade in der Pubertät denkt man, man hat das schlimmste Leben überhaupt, keiner versteht mich und ich will einfach nur sterben, aufgrund irgendwelcher dummen, kleinen Problemen. Dabei ist das, was meine Schwester und ich durch machen viel schlimmer, viel gefährlicher. Zu Hause wird man von der Familie geliebt, auch wenn man es nicht immer wahr nimmt. Ich würde alles dafür geben, um meine Familie zurück zu bekommen, dabei ist das unmöglich. Ich habe Angst, angst das ich nie wieder ein normales Leben führen kann. Meine Schwester tut zwar alles, damit es mir gut geht, aber ich sehe, wie sie selber daran kaputt geht. Noelle war oder ist eher gesagt sehr gebildet. Sie war immer gut in der Schule. Doch von gestern auf heute ist sie diejenige, die Erwachsen werden musste, damit wir halbwegs gut auf der Straße leben können. Meine Schwester liebte die Schule. Sie war kurz vor ihrem besten Abschluss überhaupt. Leider kam der Tod unserer Eltern dazwischen. Der Tod unserer Eltern ist jetzt schon lange her. Jetzt dauert es nicht mehr lange und Noelle wir Volljährig. Sie versucht dann alles, um einen Job zu finden und wenn es nur Toilettenfrau ist. Wenigstens etwas um überleben zu können. Wir mussten abhauen aus unserer Wohnung. Es hat niemanden interessiert, was mit uns passiert. Der Vermieter wollte uns raus haben, weil wir ja selber kein Geld hatten um die Miete zu zahlen. Das Jugendamt wollte uns trennen, obwohl wir strikt dagegen waren. Diesen Menschen war es egal wie es uns erging. Hauptsache alles ist erledigt und wir sind raus aus der Wohnung. Jetzt haben wir nur noch uns und uns wird nie etwas auseinander bringen können. Ich finde es so bemerkenswert, wie Noelle sich um mich kümmert. Meine Schwester hat die Rolle unserer Mutter übernommen. Natürlich von alleine. Ich habe sie nie darum gebeten, die Rolle unserer Mutter zu übernehmen. Sie hat das alles nicht verdient, niemand hat so ein grausames Leben verdient. Hoffentlich kann ich ihr später mal zeigen wie dankbar ich ihr dafür bin.

Es ist schon spät und wir müssen uns gerade noch einen Schlafplatz suchen. Sowas ist nicht ganz einfach, wenn man bedenkt, dass hier noch mehr von unserer Sorte rumlaufen. Vielleicht nicht in unserem Alter, aber ältere Obdachlose. Es gibt auch viele, die nicht nur einzeln rumlaufen, sondern größere Gruppen. Auch sogenannte Gangs hielten sich auf der Straße öfters auf. Bis jetzt sind wir noch nie einer begegnet, ich bin mir nicht sicher, ob das so bleiben wird. Die meisten, die hier draußen rum spuken, sind männliche Gestalten. Gerade vor denen sollte man sich in Sicherheit bringen. Es kommt nicht selten vor, dass jemand vergewaltigt und halb Tot auf der Straße aufgefunden wird. Bevor meine Schwester und ich hier gelandet sind, wussten wir nie, wie gefährlich es hier wirklich ist. Wir haben nie wirklich etwas mitbekommen, von dem, was draußen passierte.

In unserem letzten Versteck konnten wir nicht bleiben, wir wurden verjagt. Leider war der Typ Mitte 20 und viel stärker als meine Schwester oder ich. Selbst zusammen hatten wir keine Chance gegen so einen Typen. So gelang es ihm leicht unseren Platz zu ergattern. Nicht alle "Obdachlosen" sind nett, es gibt auch schlimme und hinterhältige davon. Wir gehören nicht zu dieser Sorte. Wir sind die guten. Naja, bis auf den Punkt, dass wir unser Essen stehlen müssen. Geld haben wir leider nicht, alles was wir besitzt hatten, ist ausgegeben worden. Lange haben unsere 68€, die wir zusammen bekommen haben bevor wir abgehauen sind, nicht gereicht. Jetzt ist davon nichts mehr übrig. Immerhin haben wir uns ja noch. Das ist das wichtigste auf der Straße. Zu zweit kommt man besser und länger durch, als alleine. Man ist stärker wenn man zu zweit ist. Mittlerweile werde ich müde und wir irren immer noch durch die Gegend...

Bad or good boy ?!Where stories live. Discover now