Erste Erkenntnisse

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Es war noch dunkel, als Phoebe aufwachte. Von der Uhr auf dem Nachttisch leuchteten ihr rote Zahlen entgegen. Halb fünf. Sie seufzte und schloss die Augen. Ihre Mutter würde schon weg sein, um fünf fing ihr Dienst an. Frühschicht für Sofia bedeutete meist ausschlafen für Phoebe. Doch irgend etwas ließ ihr keine Ruhe, nicht die Möglichkeit, sich wieder zu entspannen, wieder einzuschlafen. Da sie keine Lust hatte, im Bett liegen zu bleiben, stand sie auf und zog sich an. Gähnend ging sie in die Küche und kochte sich erst mal einen Kaffee. Sie war zwar wach, aber sie wollte nicht, dass sie in zwei Stunden wieder so müde war, dass sie ins Bett zurückging. Nach dem Kaffee zog sie sich eine Jogginghose an und ging nach draußen. Schon vor dee Haustür fingen die ersten Schuldgefühle an, an ihr zu nagen. Wenn ihre Mutter wüsste, was sie da gerade tat.. Egal. Sie brauchte sowieso Frühstück, das ließ sich doch wunderbar verbinden und so hatte ihr Morgensport sogar einen triftigen Grund. Sie lief los, in einem lockeren, entspannten Tempo. Der Bäcker, zu dem sie wollte, war gleich um die Ecke, sie lief eine kleine Extrarunde, die knapp 500 Meter waren ihr zu wenig. So kam sie dort an, kaum verschwitzt aber ausgesprochen hungrig.

"Phoebe?", ertönte es plötzlich überrascht aus einer Ecke der Bäckerei. Die angesprochene drehte sich um,

entdeckte zunächst aber niemanden. Sie zuckte die Achseln, und wandte sich gerade wieder nach vorn, als sie aus den Augenwinkeln eine Bewegung ausmachte. Sie sah direkt dorthin und sah dort Alana mit Stefanie sitzten. Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Alana war ihre Beste Freundin, aber sie wohnte eigentlich nicht in Berlin, sondern kam aus der Nähe von Rostock in einem Kuhdorf, das niemand außer den Einwohnern kannte. Stefanie war ihre Stiefschwester, deren Mutter wiederum eine Arbeitskollegin von Sofia war. So hatten sich Alana und Phoebe auch kennengelernt, auf einer Grillfeier des Städtischen Krankenhauses Berlin. Das war vor fast zehn Jahren gewesen, seit dem hatten die beiden Mädchen ständig Kontakt, jede Ferien verbrachten die beiden zusammen.

Phoebe winkte zurück und signalisierte, dass sie sich erst etwas zu essen holen wollte und dann zu den beiden kommen würde. Sie stapelte ihr Essen auf ein Tablett und balancierte es zwischen den Tischen hindurch zu ihren Freundinnen.

"Was machst du denn hier, Alana? Solltest du nicht auf Klassenfahrt auf Mallorca sein?", fragte Phoebe. "Ich mein, ich freu mich natürlich wahnsinnig. Aber.." Alanas Blick wurde etwas härter. "Schwierig, wenn ich kein Geld habe. Und mein Vater sieht nicht ein, auch nur einen Cent mehr zu bezahlen als er unbedingt muss.. und Mama hat ja sowieso nichts übrig für mich."

"Oh, man, du tust mir echt leid", sagte Phoebe. Echtes Mitleid schwang in ihrer Stimme mit. Sie selbst hatten auch nicht viel Geld, aber jedenfalls verstand sie sich super mit ihrer Mutter. Was man von Alana nicht behaupten konnte. Ihre Eltern hatten sich schon vor Jahren getrennt, ihre Mutter hatte das noch nicht verwunden und machte ihre damals zwölf jährige Tochter verantwortlich, was sich auch über die Jahre nicht änderte. Sie arbeitete inzwischen nicht mehr, sodass alles auf Alanas Schultern lag. Sie sagte nur: "Ich musste mal raus. Zur Schule muss ich nächste Woche sowieso nicht und Steffi hat mir so lange Asyl gewährt, wie ich es brauche. Sonst wäre ich durchgedreht." Steffi schwieg, lächelte aber freundlich und nickte. Sie war, soweit Phoebe sie kannte, nie sehr gesprächig gewesen.

Sie unterhielten sich über alles mögliche, dich irgendwann mussten die beiden auch wieder los und auch Phoebe musste sich wieder auf den Weg machen. So standen alles auf und machten sich auf den Weg. Unterwegs machte Phoebe noch bei einem Supermarkt halt und kaufte ein, damit sie kochen konnte. Ihre Mutter würde auch bald wiederkommen, dann könnten sie gemeinsam essen. Davon abgesehen brannte Phoebe darauf, Einzelheiten über die Verbindung ihrer Mutter zu Thanatos zu erfahren.

Sie stieß die Wohnungstür auf - und erstarrte mitten in der Bewegung. Sie sah herab auf ein einziges Durcheinander. Sämtliche Schlüssel des Schlüsselbordes waren herab geworfen worden, sie konnte nicht erkennen, ob noch alle da waren. Überall im Flur war Papier verstreut, sie konnte auch im Wohnzimmer den Boden kaum noch sehen, so vieles lag dort wild durcheinander. In die anderen Zimmer konnte sie nicht gucken, doch sie ahnte, wie es in ihnen aussah. "Mama!!", flüsterte sie. Dann rief sie lauter: "Mama!! Bist du hier?" Ihre Stimme überschlug sich vor Angst. Plötzlich hörte sie eine Tür klappern. Dann kam jemand langsam die Treppen hoch, machte kaum Geräusche. Phoebe wurde panisch. Kam der Einbrecher zurück? Sie dachte nach und enyschied sich blitzschnell, weiter nach oben zu gehen und von dort alles zu beobachten. Sie sprintete die Treppe hoch, bis ganz nach oben. Ihr Atem und Puls rasten, doch das hatte weniger mit dem Lauf über die Treppen zu tun. Vorsichtig beugte sie sich herab, bereit, beim geringsten Anzeichen von Entdecken sofort zurück zu gucken. Vier Stockwerke unter ihr erblickte sie eine Gestalt, drei Stockwerke unter ihr befand sich die Wohnung, in der Sofia und Phoebe wohnten.

In diesem Moment trat die Gestalt vor die noch offene Haustür und Phoebe konnte einen kurzen Blick auf sie werfen. "Kathi!", seufzte sie, und alle Anspannung wich aus ihr. Diese schrie in eben jenem Moment auf, als sie das Chaos erblickte. Urplötzlich fegte ein heftiger Wind durch das Treppenhaus und Phoebe kam es vor, als trüge er ein hämisches Lachen mit sich. Es schien Phoebe nicht nur, als lachte der Wind, sondern wisperte ihr auch noch Worte ins Ohr. "Du bist mein, Phoebe Hinger. Für immer wirst du mir gehören!!" Die Worte gingen wieder in Gelächter über. Phobe konnte den Aufschrei, der schon in ihr brodelte, seit sie den Einbruch entdeckt hat, nicht länger unterdrücken. Er fuhr als markerschüttender Schrei aus ihr heraus und mischte sich mit dem noch nachklingenden und nachhallenden Schrei ihrer Freundin. Direkt unten an der Treppe, an der sie stand, ging eine Tür auf und ein junger Mann, etwa 25 Jahre alt, kam herausgelaufen. "Meine Güte, was ist denn das für ein Lärm hier?" Er war sehr offentsichtlich genervt und ein bisschen wütend. Für Phoebe wurde alles zu viel, erst der Einbruch, dann die scheinbare Rückkehr des Einbrechers, die Unwissenheit über Ort und Zustand ihrer Mutter.und jetzt noch dieser plötzlich auftauchende Mann. Rin Stöhnend entfuhr ihr, bevor sie ohnmächtig wurde. Der Mann sah sie fallen und sprang schnell die Treppe hoch, um sie aufzufangen. Sanft landetete sie in seinen Armen und genauso sanft legte er sie auf dem Boden wieder ab. Kathi kam.die Treppen hoch und kniete neben Phoebe nieder. "Sie kann hier doch nicht liegen bleiben! Der Boden ist viel zu kalt." Sie sprach mit dem Mann, der nun etwas ratlos daneben stand.

"Wohnt sie nicht auch hier in dem Haus?", fragte er zögernd. Kathi sah hoch und funkelte ihn an. Sie hatte sich inzwischen wieder gefangen. "Ja tut sie. Aber dahin kann sie jetzt nicht. Es wurde eingebrochen." Entsetzt schlug der Mann die Hand vor den Mund. "Wie bitte? Ein Einbruch. Hier??" "Denken Sie, ich lüge Sie an?" Kathi war nicht unhöflich. Aber sie wollte ihrer Freundin unbedingt helfen. Und soweit sie erkennen konnte, was dieser Mann der einzige, der ihr dabei helfen konnte.

"Christopher?" Eine Frauenstimme kam von etwas weiter unten. In der Tür, aus der er schon gekommen war, stand nun eine Frau. "Was ist denn jetzt los?" Dann sah sie das bewusstlose Mädchen und sagte: "Bring sie rein. Sie braucht ärtzliche Hilfe. Sofort!", setzte sie nach, als der Mann sich nicht rührte. Also nahm er Phoebe hoch und trug sie vorsichtig herunter. In der Wohnung legte er sie auf das Sofa. Katharina folgte ihm. Sie war nicht gewillt, ihre Freundin allein zu lassen, was die Frau mit einem freundlichen Lächeln zur Kenntnis nahm.

Die Prophezeiung des ThanatosDonde viven las historias. Descúbrelo ahora