Ich selbst war einzig und allein Schuld an meiner jetzigen Situation.

Mir war es egal, dass ich mitten auf einer Straße saß. Dass jeden Moment Leute vorbei kommen könnten. Mein Geheimnis war bereits aufgeflogen. Ich war am Ende...

Am liebsten hätte ich mich einfach auf den von der Sonne aufgewärmten Asphalt gelegt, mich zusammen gerollt und die Augen geschlossen. Allerdings wollte ich das meinem Rücken nicht zumuten und zog daher einfach nur die Beine an die Brust und schlang meine Arme um sie.
Meine Haare ließ ich nach vorne fallen. Im Moment mehr darauf bedacht, mein Gesicht als meinen Rücken zu verbergen.

An mir nagte das Bedürfnis, einfach in meiner Panik und meinem Selbstmitleid zu versinken. Es wäre so einfach, alles andere auszublenden. Nur würde es mich kein Stück weiter bringen.
Ich musste überlegen, was ich als nächstest tun sollte. Doch die Tränen schienen nicht nur meine Sicht sondern auch meine Gedanken zu verschleiern, sodass ich es kaum fertig brachte, über die nächsten Minuten nachzudenken.
Immer wieder driftete ich zu der so simplen wie erschütternden Tatsache ab, dass mein dunkelstes Geheimnis nicht mehr geheim war. Wie konnte sich der jahrelange Mittelpunkt meines Daseins einfach so in Nichts auflösen?
Alles was ich getan hatte, das Absondern von den anderen Leuten, die stahlharte, unerbittliche Tessa, das ganze Verstecken und die vielen Lügen, das alles war umsonst gewesen. Jeden Schlag den ich hingenommen hatte ohne mich zu verteidigen, in der Hoffnung dadurch den Schaden begrenzen zu können, alles für die Katz!

Ich grub meine Vorderzähne in meine Unterlippe, um dieses dämliche Beben zu unterbinden. Ich würde jetzt nicht herumheulen!
Schniefend wischte ich mir die Tränen von der Wange. Es war doch klar gewesen, dass es irgendwann rauskommen würde und ich könnte mich jetzt dafür Ohrfeigen, nie irgendwelche Vorbereitungen für diesen Fall gemacht zu haben. Aber daran könnte ich jetzt auch nichts ändern, also war es höchste Zeit, dass ich mich zusammenriss und meine Situation erstmal erörterte.
Mit so viel Trotz wie ich für mein Leben aufbringen konnte, versuchte ich mich wieder aufzurichten, ließ mich jedoch gleich wieder zurückfallen, als es schmerzhaft in meinem Knöchel stach.
Diese verdammten Schuhe aber auch!

Wütend riss ich die schwarzen Highheels von meinen Füßen und schleuderte sie über die Straße in das Buschwerk, dass den Bürgersteig abgrenzte. Dann versuchte ich mich dieses Mal barfüßig aufzurichten und auch wenn der Knöchel immer noch leise protestierte, war es nichts im Vergleich zu den Schmerzen, die meinen Rücken immer noch flammend hochschossen. Also nichts, dass mich vom Weiterhumpeln abhalten würde.

Mit störrisch zusammengepressten Kiefern schleppte ich mich Schritt für Schritt weiter, auch wenn ich noch nicht genau wusste, wohin ich überhaupt wollte.

Nach Hause erschien mir nicht als die schlauste Idee. Falls Dyan doch noch nach mir suchen würde, wäre das sicherlich der erste Ort, an dem er auftauchen würde.
Unsicher stockte mein Schritt kurz. Aber wie sollte ich Dyan die nächsten Tage, Wochen ja vielleicht sogar Jahre aus dem Weg gehen? Unsere Schule war groß, aber definitiv nicht groß genug um einem Badboy aus dem Weg zu gehen, wenn er nach einem suchte.

Außerdem... was brachte es mir, ihm aus dem Weg zu gehen?
Selbst wenn er mich nie wieder sehen würde, wüsste er es trotzdem. Obwohl... was wusste er überhaupt genau?
Er hatte meinen Rücken gesehen, aber daraus konnte er weder schließen, dass so etwas bei mir durchaus öfter vorkam, noch wer mir die Verletzungen zugefügt hatte. Eigentlich hatte er so gut wie nichts in der Hand, außer er würde mich in die Finger bekommen. Und auch wenn ich mir viel Selbstbeherrschung zu traute, warnte mich ein Instinkt, dass Dyan aus mir jede Information herauskitzeln konnte, die er haben wollte.
Also sollte meine erste Priorität sein, bloß nicht in die Nähe von ihm oder irgendeinem seiner Lakaien zu kommen.

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