Es ist 13 Uhr am Montag, womit eine neue Arbeitswoche und eine neue Spätschicht angebrochen waren. Wie sonst auch tritt der 24 Jahre alte Mitarbeiter in die Rehaeinrichtung für psychisch Kranke ein. Als Sozialpädagoge ist es seine, vor allem von sich selbst auferlegte Pflicht, den Rehabilitanden durch den Alltag zu helfen, ihre Tagesstruktur und Ressourcen zu fördern, damit sie perspektivisch wieder in den beruflichen Alltag starten können.
Gemütlich steigt er die Treppen hoch, die zu seinem Arbeitsplatz führen sollen. Routiniert löst er den Schlüssel von dem Schnapper an seiner Hose und öffnet die Tür zum Büro, wird von den üblichen weißen Wänden begrüßt, den Tresoren voller Medikamente und dem zentral gelegenen Tisch mit PC.
Ein leiser Seufzer entweicht ihm, als er erkennt, dass die Frühschicht wohl gerade beim Mittagessen ist. So kann er sich in Ruhe in die Übergaben einlesen – ein Grund, warum er Spätschichten deutlich bevorzugt.
Weniger Trubel, mehr Abstand. Theoretisch auch mehr Schlaf… zumindest für Menschen, die schlafen können.
Er setzt sich an den großen Tisch, öffnet das Arbeitsprogramm und liest sich durch, was die letzten Tage in seiner Abwesenheit passiert ist. Schnell stellt er fest, dass das Wochenende ruhig verlief und es keine Krisen gab. Kurz darauf hört er Stimmen auf dem Flur.
Der Leiter des Wohnbereiches, Namjoon, und Hoseok, ein weiterer Mitarbeiter des Teams, betreten lachend die Arbeitszentrale.
Sie erzählen davon, wie eine Rehabilitandin mitten in der Nacht von einem Geräusch geweckt wurde – nur um festzustellen, dass es ihr eigenes Schnarchen war. Einerseits peinlich, andererseits ein positives Zeichen: vielleicht endlich wieder tiefer Schlaf für die Klientin.
„Ah, hallo Yoongi! Schön, dass du da bist. Na, wie war das freie Wochenende? Wobei—warte, ich weiß es schon. Du hast wieder einfach nur in den Tag reingelebt, wie sonst auch, oder?“ trällert Hoseok, typisch gut gelaunt.
Ein kurzes Schmunzeln huscht über Yoongis Lippen, als er sarkastisch erwidert:
„Ne, niemals. Wie kommst du auf solche Ideen? Das ist genauso abwegig wie ein Wochenende voller Aktivitäten bei dir, nh?“
Hoseok fasst sich gespielt empört an die Brust, während Namjoon sich über die Unterhaltung amüsiert.
„Schön, dass am Montag schon gute Stimmung herrscht“, steigt Namjoon ein. „Dann können wir ja gleich mit der Übergabe weitermachen, bevor wir diese Energie verlieren. Ihr wisst, wie der Hase läuft—“
„Hasen hoppeln!“ wirft Hoseok ein, was ihm ein synchrones Augenrollen einbringt.
„Jedenfalls… lasst uns ins andere Büro gehen“, beendet Yoongi die angedeutete Handlung und steht auf. Namjoon nickt nur und geht in den Raum nebenan, in dem die Besprechungen stattfinden.
„Man, so schlecht war der Spruch nicht“, schmollt Hoseok und folgt ihm, was Yoongi ein kurzes Lachen entlockt.
Doch kaum endet der Moment, fällt Yoongis Lächeln ruckartig. Es löst sich auf wie Nebel – zurück bleibt die leere, neutrale Miene, die er so gut beherrscht.
Fast mechanisch holt er sein Notizbuch aus dem Schrank. Ein Gähnen rutscht ihm heraus, unfreiwillig. Hinter seinen Augen verbirgt sich dieselbe fast schon tödliche Müdigkeit wie immer.
Aus dem zweiten Büro dringt gedämpftes Tuscheln, offenbar soll ein neuer Mitarbeiter eingearbeitet werden. Doch die Worte verschwimmen. Die Schwere in seinem Körper zieht ihn nach unten, macht jeden Gedanken zäh und schwer wie Blei.
Eigentlich müsste er längst daran gewöhnt sein, doch in letzter Zeit trifft ihn diese Schwere unerwartet intensiver – wie ein unsichtbarer Druck auf Brust und Schultern. Manchmal hat er das Gefühl, dass sein Körper die Wahrheit lauter ausspricht als sein Kopf es jemals tun würde. Während er das Notizbuch aufschlägt, fällt sein Blick auf die handschriftlichen Einträge der letzten Wochen: To-do-Listen, Namen, Termine. Kein Platz für eigene Gedanken. Vielleicht gibt es den Raum dafür gar nicht mehr. Selbst die leiseste Pause reicht aus, damit sich die Erschöpfung wie eine Decke über ihn legt, und für einen Moment spürt er, wie sein Herz schneller schlägt – nicht vor Stress, sondern vor der schieren Last des Weitermachens.
Ein Teil von ihm möchte sich hinsetzen, die Augen schließen und einfach… nichts tun. Nur für eine Minute. Doch selbst das fühlt sich wie ein unerreichbarer Luxus an. Zu viel zu tun, zu viel zu tragen, zu wenig übrig von ihm selbst.
Die Schwere fällt niemandem auf. Kaum vorstellbar, aber Yoongi hat gelernt, alles perfekt zu maskieren. Seine wahren Gefühle verschwinden hinter Professionalität und Routine.
Er verdrängt alles und funktioniert.
Tag für Tag.
Und Stück für Stück bricht es ihn.
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Ich hoffe der Prolog hat euch gefallen und ihr beginnt genauso gespannt wie ich, euch auf die Reise. Oder so ^^'
Leider bin ich arg eingerostet, weil ich jahrelang nichts geschrieben hab in der Hinsicht, aber mal schauen, vielleicht klappt der Versuch relativ gut, weil ich etwas aus meiner Arbeitspraxis in die Story mitnehme. Wenn ihr Fragen habt stellt sie gerne.
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Finding a way~Yoonmin
Fanfiction"Seine wahren Gefühle verschwinden hinter Professionalität und Routine. Er verdrängt alles und funktioniert. Tag für Tag. Und Stück für Stück bricht es ihn." __________________ Schon seit Jahren arbeitet Min Yoongi in einer Einrichtung für psychisch...
