"Ich kann dich riechen", flüsterst du. Es regnet und die tropfen prallen so leicht an deinen Lippen ab, als wäre diese Szenerie so abgesprochen gewesen. Ich starre dir in deine zwei großen Augen, bevor ich dazu komme dir richtig antworten zu können. "Wie meinst du das jetzt?", frage ich vorsichtig. Über mir habe ich Schutz. Ich stehe unter einer alten Telefonzelle. Das Telefon hängt leblos an seiner Schnur hinterher und es riecht unangenehm. Der Regen prasselt laut gegen die Scheiben und doch kann ich dich ganz deutlich hören. Deine Lippen zittern. Du frierst, und doch will ich dich nicht näher an mir haben. Ich verschränke die Arme vor meiner Brust und werfe dir einen drängenden Blick zu der dich dazu auffordert endlich weiter zu sprechen. Du schluckst, blickst betroffen nach unten und versinkst mit einem Schuh in einer kleinen Pfütze, als würdest du versuchen wollen darin zu ertrinken. Es klappt nicht, natürlich nicht. Du kannst jetzt nicht mehr flüchten. Du bist jetzt hier. Bei mir. "Es ist als wärst du immer da. Als wäre ich egal wo, egal wann, immer mit dir verbunden. Und wenn ich an dich denke.., dann, dann kann ich dich riechen", stammelst du. Du meidest meinen Blick und ich versuche mein pochendes Herz zu ignorieren. So schnell wie in diesem Augenblick hat mein Herz noch nie geschlagen. In meinen Augen sammeln sich Tränen und die Pfütze in der du stehst wird immer voller. "Ich weiß was du meinst, ich habe das auch ganz oft", murmle ich. Die Worte gehen aus mir heraus wie kleine Federn im Wind. Ich denke nicht mehr, in diesem Moment fühle ich nur noch. Ich gehe ein Stück zurück um mich mehr in die Telefonzelle herein zu drücken. Meine Haut kribbelt. Das tut sie immer wenn ich das Gefühl habe vor Sehnsucht nach dir gleich durchzudrehen. Ich greife nach meinem Arm und kratze ihn hektisch. So sehr und so dolle, bis du deinen Blick zu mir hebst um mich anzusehen. Das blau deiner großen Augen schimmert in der Dunkelheit und das leichte Licht der Telefonzelle scheint so perfekt auf dein nasses Gesicht das es aussieht als wären wir in einem kitschigen Liebesfilm gelandet. "Komm zu mir", sage ich beinahe lautlos. Ich gehe noch ein Stück weiter in die Telefonzelle herein, bis ich an der Hinterwand anlehne. Es ist kalt und nass und statt nach Hause zu wollen, will ich nur zu dir. Ich will dass mich diese blauen Augen so lange anstarren dass sie anfangen zu tränen. Du bewegst deine Füße raus aus der Pfütze und läufst in kleinen Schritten auf mich zu. Ich kann spüren dass du Angst hast. Ich kann spüren dass es dich verrückt werden lässt mich endlich wieder anfassen zu können. Als du unter dem Gehäuse stehst ist plötzlich alles so still. Da sind nur noch wir beide und der prasselnde Regen der sich anhört als würde er uns gleich mit sich ziehen. Meine Hände zittern. Mein Herz pocht. Mein Zeigefinger greift zu deinem und plötzlich hab ich das Gefühl eine Leitung geht durch uns durch. Als würden unsere Seelen gemeinsam den Walzer tanzen, in dieser Telefonzelle, mitten in der Nacht. Ich kann sehen wie du lächelst. Du hebst die andere Hand, legst sie an mein Kinn und hebst meinen Blick, sodass ich dich ansehen muss. Es gibt nichts was ich lieber tue als das.
"Und nun?", frage ich.
"Keine Ahnung, aber erstmal möchte ich einfach nur hier verweilen. Solange es möglich ist."
Es regnet. Und mit dir, regne auch ich.
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Innerbloom
Teen FictionAurora hat überlebt. Doch das, was ihr widerfahren ist, hat Narben hinterlassen - auf ihrer Haut und tief in ihrer Seele. Zwischen Gerichtssaal und Therapieraum kämpft sie darum, wieder atmen, wieder leben zu können. Zurück in ihrer Heimat wagt sie...
