Schon wieder?
Mit zitternden Händen griff ich nach der Voodoo-Puppe in meiner Tasche.
Ich bewegte sie zur Tür.
Drinnen sah ich, wie ihre Beine bebten, als würden sie in der nächsten Sekunde brechen, wenn sie auch nur einen Schritt weiterginge.
Es war mir zu gefährlich.
Aber ich konnte sie keine Sekunde länger dort allein lassen.
Wegen meiner zitternden Hand ließ ich die Puppe fast fallen.
Drinnen, im Zimmer, machte Jolika in diesem Moment eine Bewegung, die aussah wie ein misslungener Salto.
Ich fing sie wieder auf, doch da – Knacken.
Ihr Bein brach.
„Scheiße."
Ich stellte sie auf ihr verbliebenes Bein, ließ sie humpelnd zur Tür springen, bis sie sie endlich aufschloss.
Sie ließ mich herein.
Ich hob sie über meine Schulter, trug sie zum Bett und legte sie vorsichtig ab.
Dann schloss ich die Tür hinter mir, zog den Vorhang ganz zu – und nahm auf dem Rückweg ihr abgebrochenes Bein mit.
Ein Griff an den Schalter, und sie verstummte sofort.
Kein Zittern mehr.
Nur Stille.
Ich blickte mich um, suchte nach dem Grund.
Doch da war nichts.
Keine Spuren, kein Eindringling.
Nur der Hocker vor dem Badezimmer-Spiegel, wie ein stummer Zeuge.
Was war hier geschehen?
Nach einer Weile schaltete ich sie wieder ein.
Wenn es wieder solche Tage geben würde, an denen ich nicht da war, musste sie lernen, sich selbst zu reparieren.
Ihre Lider flatterten, sie blinzelte – kein Zittern mehr.
Ein gutes Zeichen.
„Wo warst du?" fragte sie, leise, beinahe zärtlich.
„Unterwegs", antwortete ich kalt.
Dann hielt ich ihr Bein hoch, zeigte es ihr wie einen Beweis.
„Hör zu. Wenn es wieder solche Tage gibt, und dir ein Teil abfällt, musst du lernen, dich selbst zu reparieren. Du siehst es: dein Bein ist gebrochen. Ich zeige dir jetzt, wie du es wieder einsetzt."
Ich erklärte ihr, welche Drähte zusammengeführt werden mussten, wo jedes Gelenk hingehörte, wie die Kupferadern wieder in die richtige Spannung gebracht werden.
Und sie tat es.
Selbstständig.
Präzise.
Ohne eine Frage, ohne ein Zögern.
Jede Bewegung war so genau, dass ich für einen Augenblick vergaß, dass ich ihr derjenige war, der es beigebracht hatte.
„Was war hier los, Jolika?"
„... Nichts", kam es stumm zurück.
„Das Lügen habe ich dir nicht beigebracht, Jolika."
Meine Stimme war rau, gefährlich leise.
„Sag es mir – oder ich schaue selbst nach in deinem Speicher. Und ich verspreche dir, es wird nicht angenehm für dich."
Sie zögerte.
„Ich weiß es ehrlich gesagt nicht."
In diesem Moment fiel ein Schatten durch die Gardine, geworfen vom bleichen Mondlicht.
Langgezogen, verzerrt.
Mein Herzschlag hämmerte.
„Warte hier", knurrte ich.
Ich griff nach dem nächstbesten Gegenstand und drückte ihn ihr in die Hand: ein Brotmesser.
„Zur Not."
Ich ging zur Tür, öffnete sie langsam – und in dem Augenblick huschte der Schatten die Treppe hinunter.
Schnell, geschmeidig, wie ein Tier.
Ich folgte, Schritt für Schritt, meine Muskeln gespannt, jeder Nerv angespannt.
Unten angekommen, drehte sich die Gestalt um.
Sie hob den Kopf.
Das Mondlicht brach über sie hinweg – und da war er.
Ein Schimmer, kalt und unerbittlich: Orange.
Wie von einer spiegelnden Sonnenbrille.
Mir zog es den Atem weg.
War... war er nicht tot?
Smirk?!
Nein.
Das konnte nicht sein.
Er war tot. Definitiv tot.
Ich hatte es gehört, überall, immer wieder. Totgeprügelt, hieß es.
Also... wer war das?
War es der Bruder?
War es Rasp?
Scheiße.
Bitte nicht.
Bitte keiner von beiden.
Mein Herz pochte wie ein Vorschlaghammer, während ich mich zurück ins Zimmer zwang. Die Tür knallte ins Schloss. Jolika saß noch auf dem Bett, das Brotmesser schlaff in ihrer Hand, ihre Porzellanaugen starrten mich an.
„Weißt du, wer das war?" fragte ich, meine Stimme aufgeregt, fast gebrochen.
Sie schwieg.
Kein Zucken, keine Antwort.
„Antworte!" schrie ich, die Wut schoss mir ins Gesicht.
Ein Flackern in ihren Augen.
„Ja..."
Das Wort kam zögerlich, wie ein Tropfen, der zu lange im Rohr gesteckt hatte.
„Wer ist das?" presste ich heraus.
Sie schwieg wieder. Ich trat näher, der Boden knarrte unter meinen Schritten. Meine Hand krampfte sich zur Faust.
„Jolika..." Meine Stimme wurde tiefer, drohender.
„Ich schwöre dir bei deiner Seele: Wenn du mir jetzt nicht sofort antwortest, nehme ich dir etwas, das du selbstständig niemals reparieren kannst."
Ihre Lippen bewegten sich, doch kein Ton kam.
Ich packte sie an den Schultern, schüttelte sie, so sehr, dass ihr Kopf hin und her wackelte wie bei einer Puppe, die erloschen war.
„WER IST DAS?!" brüllte ich.
Endlich.
Ein Flüstern, kaum hörbar, aber jedes Wort brannte sich wie Feuer in meine Haut.
„... Rasp..."
Das Brotmesser fiel ihr aus der Hand.
Das Klirren hallte durch das Zimmer wie ein Todesurteil.
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Strings of Control
TerrorWas hat mich wirklich motiviert, sie zu erschaffen? War es Neugier? Macht? Einsamkeit? Vielleicht eine Mischung aus allem. Oder hab ich sie einfach nur zu sehr vermisst? Aber das spielt jetzt keine Rolle mehr. Sie weiß nicht, was sie ist. Nicht wirk...
