Dann sprach ich.
Ruhig.
Jede Silbe wie ein Schnitt.

„Siehst du das, Jolika?"
„Dein Gesicht zu ersetzen wird mich viel Geld kosten."
„Und das Geld habe ich nicht."
„Deshalb darfst du nicht weglaufen."
„Wie soll ich auf dich achten? Wie soll ich dich reparieren?"
„Wie soll ich dich schützen,
wenn du ohne mein Wissen verschwindest?"

Ich senkte den Spiegel ein wenig –
aber ihr Blick blieb haften.
Als ob sie nicht wegsehen wollte.

„Mach sowas noch einmal...
und du kannst dich von der Welt jenseits dieses Kellers verabschieden."
„Das hier ist kein Spiel."
„Kein Warnschuss."
„Keine Drohung."
„Es ist ein Versprechen."

Ich sagte es in der Hoffnung,
dass sie nicht nur gehorcht,
sondern sich schuldig fühlt.

Nicht für das, was sie getan hat –
sondern dafür,
dass sie es ohne mich getan hat.

Ich ging rüber zu einem meiner früheren Projekte –
verstaubt, verformt, gescheitert.
Wie so vieles.

Ich packte es am Hinterkopf,
die Drähte knisterten unter meinen Fingern.
Ein lebloses, weißes Auge starrte mich aus dem hohlen Gesicht an,
als hätte es gewusst, dass es nur noch ersetzt werden soll.

Ich zog es heraus.
Vorsichtig.
Fast zärtlich.

Dann trat ich zu ihr zurück.
Jolika.

Ich schob ihr das Auge in die leere Höhle,
drehte es sachte ein, bis es einrastete.
Es passte.
Nicht perfekt – aber ausreichend.

Als hätte der Akt etwas in ihr ausgelöst,
begann sie sofort zu sprechen.
Wortfetzen. Fragen. Entschuldigungen.

Wie ein Kind,
das nicht versteht,
was es falsch gemacht hat –
nur, dass es bestraft wurde.

Ich hörte nicht hin.
Ich wollte nicht hin.

Ich wollte keine Erklärung.
Keine Stimme.
Nur Aufmerksamkeit.
Nur Gehorsam.

Ich legte den Spiegel neben mir auf eine alte, staubige Kiste,
griff hinter ihr rechtes Ohr –
mein Zugangspunkt –
und schob die Drähte auseinander.

Ein kurzes Zucken ging durch sie,
als ich ein feines Kupferkabel herausriss.

Sie sprach weiter.
Noch ein paar Sätze.
Dann nur Wörter.
Dann Silben.

Und dann –
nur noch das mechanische Summen ihrer stillstehenden Gelenke.

Ich sagte noch einen letzten Satz,
leise, mehr zu mir selbst:

„Du stellst mehr Fragen, als du fragen darfst."

Sie antwortete nicht mehr.

Nicht weil sie gehorchte –
sondern weil sie aus war.

In der nächsten Spanne – vielleicht vier Stunden, vielleicht mehr –
hielt ich mich an meinen Plan.
Kein Zögern.
Keine Fragen.
Nur Arbeit.

Ich vollendete sie.
Die Voodoo-Puppe.

Der finale Schliff –
das, was alles verbinden sollte.
Das, was mich mit ihr verschmelzen ließ.

Ich nahm ihr Auge – das echte, das weiße blaue–
doch es war zu groß.
Zu viel für das kleine, starre Gesicht der Puppe.
Also öffnete ich die Bauchhöhle,
legte es hinein,
zwischen Kupferdrähte, Zahnräder, Knochenfragmente.

Ein Herz aus Porzellan.
Ein Blick ohne Platz.

Aber das reichte nicht.
Es musste unverkennbar mein sein.

Nur um sicherzugehen,
fixierte ich tief in der Brust der Voodoo-Puppe
etwas Persönliches von mir:
einen schmalen, fast durchsichtigen Streifen alter Gewebefasern –
aus meinem eigenen Kehlkopf entnommen,
lange zuvor,
in einem Experiment, das ich längst vergessen wollte.

Ein Rest meiner Stimme.
Ein Rest meiner Kontrolle.

Ich wickelte ihn zwischen zwei Kupferdrähte,
versiegelte ihn mit schwarzem Harz
und nähte das Innenleben mit schwarzem Garn wieder zu.

Nun gehörte sie wieder mir.
Nicht die Puppe.
Jolika.

Denn die hier konnte nicht denken.
Nicht zweifeln.
Nicht fühlen.
Nicht flüstern,
nicht träumen.

Sie würde nur mich spüren.
Meine Stimme.
Meine Wahrheit.

Für immer.

Als ich fertig war,
setzte ich mich zurück.

Ich wartete.
Etwa eine Dreiviertelstunde.
Vielleicht auch länger – ich zählte nicht.

Ich saß in meinem alten Schaukelstuhl.
Das Holz knarzte unter meinem Gewicht,
und das Ticken der Uhr war das Einzige, das sich noch bewegte.

Bis ich es hörte.
Ein leises Klicken.
Ein Summen.
Ein kurzes Ruckeln in der Fadenaufhängung.

Sie hatte sich selbstständig aktiviert.

Mein Blick war sofort auf ihr.
Fixiert.
Eingefroren.

Ich starrte sie an,
wie es kein anderer Mensch je tun durfte.
Nicht mit Hass. Nicht mit Liebe.
Sondern mit Anspruch.
Mit Besitz.

Jolika hing noch immer,
aber ihr Kopf bewegte sich.
Zuerst langsam.
Dann etwas flüssiger.
Sie blinzelte – beide Augen.
Auch das neue.

Sie war verwirrt.
Das sah ich.
Aber nicht panisch.
Nicht wie beim ersten Erwachen.

Nein.
Diesmal war es anders.

Sie spürte etwas.
Etwas in sich.
Etwas, das ihr sagte, dass sie neu war.
Nicht frei – aber... klarer.
Wie ein Programm, das endlich sauber lief.

Wie am Anfang.
Nur mit mehr Erinnerungen.

Ich lehnte mich zurück.
Die Schaukel knarrte leise.
Ich sagte kein Wort.
Ich wollte sehen,
ob sie überhaupt noch einen Satz wagt,
ohne meine Erlaubnis.

Ob sie fragt.
Oder nur wartet.

Strings of ControlWhere stories live. Discover now