Es fehlte nur noch sie selbst.
Ein Tropfen Öl aus ihrem Gelenk.
Ein Stück Stoff von ihrem Kleid.
Ein Hauch... von ihrer Gegenwart.

Ich konnte die Voodoo-Puppe nicht ohne sie vervollständigen.
Sie war der letzte Schritt.
Ohne sie war es nur ein Stück Wahnsinn in meiner Werkstatt.

Ich musste raus.
In diesem Moment.
Bei Blitz. Bei Donner.
Bei peitschendem Regen, der den Schlamm zu Teer machte.

Es musste jetzt sein.
Denn wenn sie sich selbst wieder aufrichtet...
...könnte sie die Wahrheit vergessen,
oder eine eigene entwickeln.

Ich zog meinen Mantel über, schnappte mir eine Öllampe und trat hinaus in den Sturm.
Zum Ort, an dem ich sie zurückgelassen habe.
Mit jedem Schritt durch das Dunkel hoffte ich nur eines:

Dass sie mich nicht sieht, bevor ich bereit bin.
Und dass die Musikbox... noch still ist.

Ich fand sie schließlich.

Sie lag dort – im Schlamm, zwischen Scherben und kaltem Wasser,
wie eine kaputte Porzellanpuppe, die jemand achtlos fallen gelassen hatte.
Ich war dieser Jemand.

Sie war wach geworden –
nicht lange vor meiner Ankunft, das sah ich.
Ein Fuß bewegte sich kaum merklich, ihr Kopf zuckte leicht.

Ihre rechte Hand...
lag ein paar Meter entfernt,
abgetrennt, die Gelenke offen, als hätte jemand sie einfach aus dem Körper gedreht.
Ich sah das lose Auge in der Pfütze neben ihr –
unbeschädigt. Glänzend.
Ich steckte es ein. Vorsorglich.
Für die Puppe.

Ihr Körper war noch immer überströmt vom Blut, das nicht ihres war.
Die Fetzen des rosafarbenen Kleids hingen an ihr wie verwelkte Blüten.
Ein Anblick zwischen Mitleid und Abscheu.

Ich begann zu rennen.
Mein Herz raste – nicht aus Sorge, sondern aus Ungewissheit.
Aus Angst, dass sie etwas weiß, was sie nicht wissen darf.
Dass sie denkt.

Als ich vor ihr stand, brach alles aus mir heraus.
Ich brüllte sie an, schimpfte, fluchte.
Worte, die nicht sie verdiente –
aber irgendwer musste sie hören.

Ich kniete mich hin, packte sie am Hals –
nicht grob, aber fest. Fest genug, um ihr das Gefühl von Schwäche zu geben.

Ich zog sie hoch.
Sie war leicht.
Immer leicht.
Nicht mehr als acht Kilo – und dennoch schwerer als jeder Mensch, den ich je getragen hatte.

Ich setzte sie ab.
Sie stand nicht.
Sie fiel nicht.

Sie blickte.

Und dann sprach sie.
,,Wo bin ich?"
„Was ist Passiert?"
„Warum tut mein Arm weh? Wo ist meine Hand?"
„Hab ich etwas falsch gemacht?"
„Hast du mich... allein gelassen?"

Fragen.
Mehr als sie je stellen durfte.
Mehr als ich ihr erlaubt hatte.
Mehr, als ein Werkzeug je fragen sollte.

In diesem Moment wusste ich:
Ich war zu spät.

Etwas in ihr war wach geworden.
Nicht vollständig.
Aber wach genug,
um gegen meine Wahrheit zu flüstern.

„Du hast eine Regel gebrochen."

Meine Stimme war schärfer, als ich sie beabsichtigt hatte.
Aber ich ließ es zu.
Sie sollte es hören. Spüren. Verstehen.

„Wie kann es sein, dass du nicht mal zwei einfache Dinge befolgst?
Zwei.
Zwei Regeln, Jolika!
Dein Job ist es, zu Hause zu bleiben – und nur mit mir das Haus zu verlassen!"

Ich schritt im Kreis um sie herum.
Ihr Blick folgte mir nicht.
Vielleicht weil sie wusste, dass das der einzige Gehorsam war, der mir gerade blieb.

Strings of ControlWhere stories live. Discover now