Not my best friend, it's Beth.

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"Langsam sollte ich vielleicht echt mal nach Hause gehen. Ich hab fast das Ganze Wochenende hier verbracht, bald ziehe ich noch hier ein." Das war wirklich die beste Ausrede, die man sich ausdenken konnte. Als würde es meine Mutter stören, wenn sie mal ein wenig Ruhe von meiner nervigen Art hatte. Aber was sollte ich sagen? 'Sorry, ich hab keine Lust mehr zu lernen, ab der Eine-Stunde-Grenze war ich schon überfordert'?
"Du kannst ja in Dads Bett schlafen, der ist ja eh nie da", lachte er, aber ich wusste genau, dass es ein freudloses Lachen war. Oh Mann, ich hatte einen depressiven Hund geschaffen! Was machte man mit Hunden, wenn sie gerade eine schlimme Phase durchmachten? Ich war mir sicher, dass es auch auf Jerik zu treffen würde.
"Wir haben heute schon ganz schön viel gelernt." Ein kläglicher Versuch, unauffällig vom Thema anzukommen.
"Nein, Jill, haben wir nicht. Das war nur Wiederholung", gluckste er und ließ mich die Augen aufreißen. Wenn das Wiederholung war, wo war ich das ganze letzte Halbjahr über?
Ich nickte wissend. "Ja klar...Ich meine, weiß ich doch! Dann...Tschau", stammelte ich und verschwand durch die Tür. Verdammt, ich musste eine schlechtere Schülerin gewesen sein als es sämtliche Gangster Rapper gewesen waren. Das musste es sein: Meine Zukunft, Gangster Rapper. Ich müsste nicht mal einer dieser goldenen Ketten mit Dollar Zeichen tragen und ich würde alle blenden. Ich verfluchte meine extrem seltsame Fantasie, die sich mir immer aufdrängte und machte mich auf den Weg nach Hause.

"Ich hab DIE Idee!" Ich warf meine Schultasche achtlos auf den Boden während ich mich neben Jerik auf einen der Tische im Aufenthaltsraum setzte.
Der lenkte von seinem Buch seine Aufmerksamkeit nun auf mich. "Wenn Am das sagt, verpackt sie einen Vorschlag, der eigentlich nur ihr zu Gunsten geht, so, dass ich es trotzdem mache", meinte er grinsend, aber ich ging gar nicht erst auf seine Aussage ein."Du, Bethany, Shawn und ich werden ein FDD haben", teilte ich ihm strahlend mit.
"Ah ja, ein FDD! Sorry, ich bin gerade mal auf Abkürzungen wie FBI, SOS und BH vorbereitet, also erklär mir besser, was ein FDD ist", warf er ein. Empört stämmte ich die Hände in die Hüfte, was im Sitzen wahrscheinlich nur noch lächerlicher wirkte. "Jerik, du bist echt unterbelichtet. Jeder weiß, dass FDD Fake-Doppel-Date bedeutet. Mensch, bei so einer Schwester solltest du das doch wissen."
"Ein Doppeldate? Ganz sicher, dass du daraus nicht deine eigenen Vorteile ziehst?", wollte er mit hochgezogenen Augenbrauen wissen, doch ich schüttelte nur meinen Kopf und erklärte ihm meinen Plan:"Nein, das ist nur zur Tarnung. Wäre ein bisschen aufdringlich, Beth direkt nach einem Date zu fragen. Also schlage ich ihr ein Treffen vor, im Kino. Ich sag nur Michael's." Grinsend wackelte ich mit meinen Augenbrauen und wartete auf eine Antwort von ihm."Warum unbedingt ins Michael's?", nörgelte er,"Jedes Mal, wenn wir in dem wohl kleinsten Kino hier sind, freundest du dich mit einem der Mitarbeiter an!" Ich schnipste einmal mit dem Finger und rempelte dann freundschaftlich seine Schulter. Ich war einfach zu begeistert von meinem Plan."Und genau das kommt jetzt ins Spiel! Ich weihe den Typen, den ich letztes mal kennengelernt habe, in die Situation ein und bring ihn dazu, zu behaupten, dass nur noch zwei Love Chairs frei sind. Und tada! Dein Undercover Date mit Beth kann beginnen." Jerik nickte zum Zeichen, dass er verstand und schmunzelte."Jill Erikson, da haben sie aber einen teuflischen Plan ausgeheckt", lachte er und ich stieg mit ein."Stets zu ihren Diensten." Es hätte nur noch ein Knicks gefehlt, den ich sicher auch vollbracht hätte, wenn sich jetzt nicht Beth zu uns gesellen würde.
"Was ist teuflisch?", fragte sie und ich bemerkte, wie Jerik mir einen panischen Blick von der Seite zuwarf.
Dieses Mädchen war ja schon echt eine kleine Stalkerin...
"Jerik hat mir gerade von dem neuen Fast & Furious Film erzählt. Der soll wohl teuflisch gut sein", erklärte ich mit einem festgenagelten Lächeln, sodass meine Wangenknochen vom Grinsen schon weh taten,"Wir dachten, wir könnten als geschlossene Gruppe reingehen."
Bethanys Blick huschte immer wieder von Jerik zu mir, als würde sie darin irgendwas verdächtiges suchen, aber bei unseren Unschuldsmienen könnte man doch gar nicht nein sagen, oder?
"Ein Autofilm? Na, ich weiß nicht", murmelte sie schüchtern während sie an dem Saum ihres mädchenhaften Blümchenkleides zupfte. Mann, warum musste ich auch unbedingt diesen Film vorschlagen? Beth war Mädchen durch und durch, wie konnte ich mir nur einbilden, dass sie Filme wie Fast & Furious guckte?
"Ich glaub, du hast ne ganz falsche Vorstellung von diesem Film. Wir reden hier nicht von Cars, wo Autos sprechen können, sondern von einem Film mit Klasse, in dem Freundschaft und Liebe auch eine große Rolle spielen", lehrte ich sie, woraufhin sie ergeben seufzte. War ein Seufzen nicht immer ein gutes Zeichen? Von wegen: Na gut, du hast gewonnen?
"Wer kommt alles mit und wann soll das bitte stattfinden?" Ein Strahlen zierte mein Gesicht. Ein überzeugtes 'Aber gerne' auf meine Vorschläge hatte ich bei Bethany schon lange aufgegeben. Mehr als ein indirektes ja konnte man nicht rausschlagen.
Diesmal antwortete Jerik für mich:"Jill, Shawn, du und ich. Und Freitag, wenn das passt."
Ich blickte zu Jerik und studierte seinen Gesichtsausdruck. So sahen Verliebte also aus; er strahlte über das ganze Gesicht.
Das Mädchen nickte nur mit einem leichten Lächeln. "Das passt, dann bis dahin." Sie winkte noch einmal bis sie auf dem Absatz kehrt machte. Ich konnte mir bildlich vorstellen, wie sie sich jetzt verfluchte, sich überhaupt in unser Gespräch eingemischt zu haben. Tja.
"Hat sie gerade 'Dann bis dahin' gesagt?", fragte Jerik nun glucksend und ich lachte. "Sieht ganz so aus. Lass sie nur in dem Glauben, dass sie bis Freitag ihre Ruhe hat."
Er zuckte darauf nur mit den Schultern. "Ich hab Hausarrest, viel Zeit zum nerven gibt es da nicht."
"Bei dir vielleicht, aber vor meiner Wenigkeit ist keiner in Acht."
Er seufzte resigniert, aber ich konnte ihm ansehen, dass er viel lieber grinsen wollte. Ich boxte ihm mit meiner kleinen, ja leider auch nicht wirklich kräftigen, Faust gegen die Schulter. Eine Geste, die eigentlich eher zu Jungs passte. So verlor ich also mein letztes Fünkchen Weiblichkeit...da hätte ich ruhig etwas fester zuschlagen können. Damit sich das wenigstens lohnte!
"Wenn du sich zwischen Grinsen und Seufzen entscheiden müsstest, was würdest du nehmen?"
Die Frage schien ihn zu überraschen und dann hob er nur missbilligend seine Augenrauen.
"Erwartest du darauf wirklich eine normale Antwort, denn das kannst du vergessen. Kranke Frage, kranke Antwort", teilte er mir mit, während er seinen Rucksack aufsetzte. Ich schwang mir ebenfalls die Tasche über die Schulter.
Er antwortete erst, als wir bei den Schließfächern waren: "Grinsen natürlich. Du lässt einem doch gar keine andere Wahl." Und dann setzte er sich in Bewegung.
"Schleimer", rief ich ihm noch hinterher, als ich plötzlich eine Präsenz hinter mir wahrnahm. Bevor ich mich umdrehen konnte, hörte ich eine vertraute Stimme an meinem Ohr.
"Ich glaube, das solltest du dir mal ansehen", sagte sie - die Präsenz. Denn die
Präsenz war eigentlich ein er namens Shawn. Ich war wirklich kurz davor, ihn mit einem schroffem 'Was' anzublaffen, weil ich endlich wollte, dass er mit der Sprache rausrückte, da hörte ich ein entferntes Schluchzen am Ende des Gangs. Hastig rückte ich ein Stück von Shawn ab und versuchte die Person wahrzunehmen, die dieses Schluchzen zustande gebracht hatte - Ein lautes Schluchzen, eines dieser Art, dass sich im Hals festgesetzt hatte, bevor es rauskam.
Ich erkannte eine brünette Schönheit in einer Ecke sitzen sehen. Mein Lächeln entglitt mir, als ich befürchtete, dass das Am sein konnte. Nein. Das Mädchen war nicht meine beste Freundin, sondern Bethany. Heilige Scheisse, wieso fühlte ich mich plötzlich so verantwortlich für dieses Mädchen?
Ich wusste, dass sie nah am Wasser gebaut war. Ihre Augen hatten stets immer diesen glasigen Schimmer, egal ob sich ein Lächeln auf ihren Lippen befand oder nicht. Und dann war da noch ihre verletzliche Ausstrahlung, die einen denken ließ, dass sie ihre Gedanken ganz weit weg, in irgendeinem Elend, stecken hatte.
Aber wirklich erlebt hatte ich es noch nie, dass sie wirklich hemmungslos geweint hatte und hätte das auch nie erwartet. Nicht in der Schule, wo alle sie ansehen und Gott - ich gehörte auch zu diesen elenden Menschen, die sie anstarrten.
Ich wollte zu ihr gehen, aber ich wusste nicht, was ich ihr sagen sollte. Könnte man in so einer Situation überhaupt etwas Richtiges tun? Außer ihr Kekse zu geben natürlich.
"Was ist passiert?", raunte ich stattdessen Shawn zu, der mich skeptisch von der Seite betrachtete.
"Sie sagt, ihr Hund wäre überfahren worden." Seine Stimme war leise, aber sie kam mir viel lauter vor. Ich keuchte auf. Wegen sowas wurde hier so ein Aufstand gemacht? Wegen einem Hund, der wahrscheinlich wie jeder andere dieser Tierart etwas gegen meine roten Haare hatte. Die Diskriminierung der Menschen mochte vielleicht überwunden sein, aber irgendwann würden rassistische Hunde nochmal die Weltherrschaft übernehmen!
Okay, vielleicht eine Nummer zu groß für diese Vierbeiner, aber man könnte auch nicht leugnen, dass sie sich gegen mich verbündet hatten.
Und dann, nachdem ich mein Gedankengang zum Thema Hundeapokalypse beendet hatte, kam mir eine beunruhigende Tatsache in den Sinn. "Bethany hat überhaupt keinen Hund!"
"Eben." Mit dieser kurzen Antwort hatte er mir die Bestätigung meiner Aussage gegeben. Ich denke, nicht viele an unserer Schule wussten, dass Bethany Ash eine Tierhaarallergie hatte, ich aber schon.
Shawn und ich schienen also erstmals die einzigen zu sein, die ihre Lüge entlarvten. Ich beobachtete Beth noch eine Weile, was mich nebenbei bemerkt nicht zum Stalker machte, weil ich genau genommen nur das tat, was die halbe Schule machte: gaffen.
"Sie verheimlicht uns etwas", murmelte ich entschlossen und Shawn zuckte kurz zusammen, bevor er misstrauisch die Augen zusammenkniff."Wie meinst du das?"
"Sie verheimlicht uns etwas. Etwas, was wir wissen sollten. Siehst du denn nicht, wie sie sich umguckt? Sie sieht aus, als würde sie auf der Flucht sein."
Shawn schüttelte belustigt den Kopf. "Du spinnst doch. Sie wartet auf ihren Retter in der Not, nur scheint Jerik davon nichts mitzubekommen", meinte er achselzuckend.
️Ich schnaubte. "Wenn jemand ein noch schlechterer Tröster ist, als ich, wäre das Jerik. Ich such ihn mal." Ich wank Shawn zum Abschied noch einmal und setzte mich dann in Bewegung.
"Bring ihn mit schillernder Rüstung wieder her, ja?", hörte ich ihn noch sagen bis seine Stimme im Lärm untergegangen war.
Shawn konnte sagen, was er wollte. Er wusste auch nicht, was ich wusste. Dieses Mädchen, so süß sie auch war, hatte die ganze Schule eiskalt belogen. Anstatt, dass sie einfach gar nichts sagte, tischte sie jedem einzelnen eine Lüge auf, da konnte doch nur was im Busch sein.
Und ich hatte leider auch schon eine böse Vorahnung was das betraf.

Ich gabelte ihn schließlich im Bioflur auf und überfiel ihn quasi mit meiner Vermutung. Und so müsste es für andere auch aussehen, wie ich ihn so mit mir in eine Abstellkammer zog- wie ein Überfall. "Jill! Das kannst du nicht ernst meinen! Du kannst nicht einfach hier herum rennen, mich in eine Abstellkammer ziehen und wahllos Leute beschuldigen", rief Jerik aufgebracht aus und riss seine Hände hoch, sodass ein paar Sachen aus dem Regal über ihm von ihren Plätzen flogen. Hastig fing er ein Desinkeftionsspray auf und stellte es wieder zurück ins Regal.
Darauf warf er mir einen missbilligenden Siehst-du-ich-habs-dir-doch-gesagt-Blick zu und ich musste mir eingestehen, dass die Wahl der Location nicht die Intelligenteste gewesen war.
Aber das mit dem Leute beschuldigen gefiel mir. Für mich lag es auf der Hand: Bethany Ash, Unschuldslamm hoch zehn, eines der beliebtesten und anständigsten Mädchen der Schule und dazu Jeriks Angebetete hatte dafür gesorgt, dass ein extrem hässliches Bild von mir auf dem Flachbildfernseher der Familie Leech landete.
"Wahllos? Das ist alles andere als wahllos! Sie verhält sich total verdächtig. Nicht nur die Aktion jetzt, sondern auch, als sie ihr USB-Kabel abgeholt hat. Überleg doch mal, wofür sie dieses Kabel benutzt haben könnte." Abwartend sah ich ihn an.
"Na, zum Aufladen? Sei nicht so paranoid, Jill. Bethany ist unschuldig wie ein Hundewelpe", meinte er mit einer inzwischen schon viel ruhigeren Stimme. Ich war alles andere als ruhig.
"Hunde mochten mich noch nie", murmelte ich gehässig, was mir einen verwirrten Blick einhandelte, den ich aber nur ignorierte.
"Ernsthaft, lass uns nicht so schnell urteilen. Das sind unsere Freunde von denen wir sprechen", flüsterte er gekränkt. Ach ja, jetzt war er gekränkt oder was? Ich wurde gerade paranoid genannt, nicht er.
Als er merkte, dass meine Mundwinkel immer noch eingedrückt und meine Gesichtszüge verhärtet waren, legte er mir behutsam eine Hand auf den Arm. Wartet mal...behutsam? Das hörte sich nach einem Huhn an, dass ihre Küken ausbrütete!
"Wirklich, Jill", sagte er mit Nachdruck in der Stimme. Ich hasste Nachdruck in Stimmen jetzt offiziell. Denn plötzlich schien mir die Idee, in einer Abstellkammer rumzuknutschen gar nicht mal so abwegig. Und ich meine...Ew, eine Abstellkammer?
Jeriks Blick lag noch immer unverwandt auf mir und ich hielt ihm Stand, in dem Glauben, dass noch nicht alles gesagt war, bis ich es schließlich nicht mehr aushielt und zur Seite schaute.
Hier gab es zu wenig Sauerstoff, definitiv. Und dadurch wurde mein Gehirn ausgesaugt.
Da ich nicht wollte, dass meine Antwort so piepsig wie die einer Cheerleaderin klang, drückte ich den Türknauf jetzt runter. Das heißt, das wollte ich, doch ich griff ins Leere.
"Die falsche Seite", gab Jerik zu bedenken,"Die Tür ist rechts, links ist etwas, was sich Wand nennt."
Mit hochrotem Kopf räusperte ich mich einmal, bis ich die richtige Seite erwischte und stürmte förmlich in das Getümmel der Schüler.
Hätte ich mich gerade ernsthaft von einem männlichen Wesen beeinflussen lassen? Wenn meine Mutter das wüsste...oder meine Tante!
Ich sollte wirklich ganz dringend mein Testament anfertigen lassen, bevor ich nicht mehr als meiner Familie würdig galt und ich hingerichtet werden würde.
Meine dreiste kleine Cousine bekam jedenfalls nichts vererbt, da war ich mir schon mal sicher. Und Jerik auch nicht! Er würde schließlich Schuld an meinem Tod tragen.
Ich schüttelte den Gedanken an blauäugige Idioten erstmal ganz ab und dachte nach, was ich denn im Fall Bethany machen könnte. Und damit meine ich ausnahmsweise nicht den Fall 'Wie bringe ich Beth dazu, Jerik zu mögen', sondern den Fall 'Wie finde ich heraus, was Beth zu verbergen hat'.
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Helloschchen :) ich melde mich auch mal wieder. Ich hab die letzte Woche echt viel gelesen, was gut ist, weil ich das manchmal echt vernachlässige, aber es nimmt auch viel Zeit weg ;) Jap, das war eine mickrige Entschuldigung :D Ich möchte mich bei irgendwem ausheulen, dass Sonntag ist UND ICH MIR NICHT DEN ZWEITEN BAND VON OBSIDIAN KAUFEN KANN😭:((( Egal, genug rumgeheult. Ich würde mir echt wünschen, dass ein paar mehr Leute Feedback zurücklassen... Bis zum nächsten Mal👋

Amor? There's just me, but it's actually the sameWo Geschichten leben. Entdecke jetzt