[4] Zu nah, zu echt, zu viel

Comenzar desde el principio
                                        

Junas Magen zog sich zusammen. Plötzlich erschien Cody ihr noch unsicherer, unreifer. Genau wie ihr Stiefbruder damals. Dieses Verhalten, charmant und gleichzeitig verletzend, ließ sie innerlich zusammenzucken.

"Das war nur Kate. Sie ist sehr hartnäckig, ich will nichts von ihr.", erklärte Cody schnell.

"Cody ich will doch nach Hause. Das war eine blöde Idee." Junas Stimme war scharf, doch leise genug, dass nur er sie hören konnte. "Ich sollte jetzt wieklich gehen."

Cody schluckte, unsicher wie er reagieren sollte. Was hatte er jetzt falsch gemacht? Er dachte doch, er würde Fortschritte machen.
"Nein, ich... ich wollte nur..."

"Du wolltest nur, dass ich neue Freunde finde.", unterbrach sie ihn. "Genau das brauche ich aber nicht. Wir sind viel zu unterschiedlich. Die Leute die du kennst und Typ der du bist, sind genau die, die ich um alles in der Welt größtmöglich meiden möchte."

Cody versuchte sie zu beruhigen. "Es tut mir Leid. Ich dachte bloß..."

"Ich kenne Typen wie dich leider viel zu gut Cody...und ich...traue dir nicht."

"Nein, es tut mir leid. Ich...alle halten mich für oberflächlich, und das bin ich auch leider öfter.", erklärte Cody ernst.

Juna seufzte tief, die Angst und das Misstrauen in ihr deutlich spürbar. "Es war ein Fehler, mit dir herzukommen. Ich hab keine Lust mehr auf die Party. Bitte bring mich jetzt nach Hause."

Cody folgte ihr zum Auto, bemüht, das Ruder noch herumzureißen. "Warte, können wir nicht wenigstens noch was essen? Nur reden. Du hast doch Hunger, oder nicht?"

Juna zögerte, dann nickte sie doch leicht. "Na gut. Essen ist okay."

***

Im Auto herrschte zunächst Stille. Cody startete den Wagen und fuhr los, ohne ein Wort zu verlieren. Erst vor seinem Lieblingsitaliener räusperte er sich.

"Bist du bereit für die beste Pizza die du je gegessen hast?"

"Übertreib nicht.", brummte Juna noch immer sauer.

"Wir reden darüber, sobald du sie probiert hast", lachte Cody und stieg aus. Juna folgte ihm, den Magen knurrend, aber ein kleines Lächeln auf den Lippen.

Im Restaurant wurden sie sofort von Marco, dem Besitzer, herzlich begrüßt. Die Pizza kam, heiß und aromatisch, und für einen Moment vergaß Juna ihre Skepsis.

Beim Essen plauderten sie, lachten sogar, und langsam begann sich die Spannung des Nachmittags zu lösen. Doch tief in Junas Innerem blieb das nagende Misstrauen, eine leise Stimme, die ihr zuflüstere: Sei vorsichtig!

Die Pizza war schließlich fast aufgegessen, als Codys Handy plötzlich klingelte. Juna zuckte zusammen. Ihr Herz begann ein wenig schneller zu schlagen, als sie sah, wie er den Anruf annahm, ohne überhaupt auf das Display zu sehen.

"Alter, wo bleibst du?!", brüllte jemand so laut ins Telefon, dass selbst Juna jedes Wort verstand. Cody verzog das Gesicht.

Er zog das Handy kurz vom Ohr und warf einen Blick darauf. "Oh...fuck." Dann sah er zu Juna. Sie tat so, als wäre sie völlig in ihrem letzten Pizzastück versunken, doch er wusste, dass sie jedes Wort hörte.

"Ich komm heute nicht mehr.", sagte Cody ins Telefon.

Juna wusste nicht, warum ihr Herz bei dieser Aussage kurz stockte.

"Was?! Ist das dein Ernst? Kate hat die ganze Zeit schon nach dir gefragt!"

Juna erstarrte. Da war es wieder, dieses Mädchen. Diese Art von Mädchen, die Jungs wie Cody sich warmhielten, solange es für sie bequem war.

"Ich komm nicht...mir geht's nicht gut.", log Cody.

Aber Trey hörte gar nicht mehr zu. "Du kommst sowieso. Bis später, Bro." Klick

Cody ließ das Handy sinken und atmete durch.
"Sorry ... der ist total dicht."

Juna schluckte und versuchte ihre Stimme ruhig zu halten. "Du musst nicht wegen mir absagen. Wenn du zu dieser Party willst, kannst du gehen. Ich laufe einfach nach Hause."

"Was? Nein! Du läufst bestimmt nicht alleine im Dunkeln rum."

"Ich bin's gewohnt.", gab Juna leise zurück, fast zu leise, doch Cody hörte es.

Ein kleiner Stich ging durch seine Brust, ein Hauch von schlechtem Gewissen.

"Ich geh nicht zur Party.", sagte er entschlossen.

Doch Juna fühlte, wie sich in ihrem Inneren wieder etwas zusammenzog. Sie glaubte ihm nicht. Nicht wirklich. Nicht nachdem sie ihn vorhin mit Kate gesehen hatte. Er wirkte wie jemand, der jedem alles versprach, nur um die Situation zu entschärfen und zu bekommen was er wollte. Genau so einer war ihr Stiefbruder gewesen. Charmant. Laut. Beliebt. Und zu Hause ein ganz anderer Mensch.

"Du musst dich wegen mir nicht verstellen", sagte sie und senkte den Blich. "Ich weiß, wie Jungs wie du ticken."

Cody zuckte zusammen. "Jungs wie ich?"

Juna ballte die Hände im Schoß. Sie sagte nichts. Ihre Brust hob und senkte sich schneller. Cody beugte sich leicht vor. "Sag, was denkst du, wie ich bin?"

Junas Augen wurden kalt. "Jemand, der Mädchen austauscht wie T-Shirts. Jemand, der nett ist, solange es ihm was bringt. Jemand, der immer eine Option in der Hinterhand hat. Und jemand der..."
Sie stoppte, zu aprupt, zu unsicher.

Cody runzelte die Stirn. "Jemand, der...was?"

"Vergiss es." Ihre Stimme war tonlos. Abrupter als sie wollte, stand sie auf. "Ich bin fertig. können wir gehen?"

"Moment mal..."

"Cody, bitte."
Sie sah ihn an, und dieser Blick war wie ein dünnes Glas, kurz davor zu zerspringen.

Für einen Moment sagte keiner ein Wort. Marco kam kurz an den Tisch, räumte ab und schenkte ihnen noch ein warmes "Buona serata" auf den Weg.

Cody bezahlte, während Juna schweigend danebenstand, die Arme fest um sich geschlungen.

Draußen auf dem Parkplatz wehte ein kühler Wind, der Juna einen Schauer über den Rücken jagte. Nicht wegen der Kälte, sondern wegen der bevorstehenden Entscheidung: nach Hause gehen, oder dorthin, wo all die alten Erinnerungen sie am stärksten tragen.

Cody schloss die Autotür auf und sah sie lange an. "Juna... ich weiß nicht, was dir passiert ist. Aber ich weiß dass ich heute Mist gebaut hab."

Sie sagte nichts. Blickte nur über den Parkplatz, weg von ihm.

"Gib mir eine Chance, wenigstens diesen Abend nicht komplett zu verkacken. Lass uns... normal sein. Nur für 'nen Moment."

Normal. Ein Wort, das für Juna viel zu groß war. Und doch wünschte sie es sich. Schon seit Jahren.

Langsam nickte sie. "Okay..."
Dann, leise: "Nur kurz."

Cody lächelte vorsichtig. "Nur kurz."

***

Auf der Fahrt zur Party herrschte Stille, aber dieses Mal keine feindselige. Eher eine, die von zwei Menschen gefüllt war. die jeder auf ihre Weise versuchten, nicht an das zu denken, was sie wirklich bewegte.

Juna griff in der Tasche nach dem schwarzen Spitzenjäckchen, strich unbewusst über den Stoff. Ein dünner Schutz. Viel dünner, als sie eigentlich bräuchte.

Und trotzdem...irgendwas in ihr wollte es versuchen.

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