Lina

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Farben über Farben. Ein kleiner Wasserfall mitten im Urwald. Warmes Licht. Seltsam unreal. Trotzdem faszinierend. Seit ein paar Minuten starrte Kakashi schon auf das Bild und entdeckte immer weitere Details. Er legte den Kopf schief.

„Das Bild hat meine Mutter gemalt. Es sind die Wasserfälle von Loro. Eine kleine Insel. Nur eine Tagesreise von hier entfernt. Sie hat sich gerne dort wohl aufgehalten", hörte er Laos hinter sich sagen. Der junge Mann stand hinter einem kleinen Tresen. An der Wand hinter ihm hingen mehrere Schlüssel. Ansonsten befanden sich in dem kleinen Rezeptionsgebäude noch ein älteres Sofa, ein kleiner Tisch auf dem sich Zeitschriften stapelten und eine verstaubte Palme in der Ecke.

„Ihre Mutter ist sehr begabt. Auch wenn ich persönlich nicht viel von Kunst verstehe."

„War. Sie ist schon lange Zeit tot. Mein Vater und sie sind oft zur See gefahren und eines Tages kamen sie halt nicht wieder", erwiderte Laos nüchtern. Ein wenig zu nüchtern. Kakashi wusste aus eigener Erfahrung, dass ein früher Tod der Eltern immer seine Spuren hinter ließ. Man erlangte nie wirklich diese Nüchternheit, die man anderen vorspielte.

„Das tut mir Leid. Ist deswegen Ihre Schwester so ..."

„Zickig? Nein das hat andere Gründe. Eigentlich ist sie auch nicht immer so. Sie hat bloß ziemlich feste Prinzipien. Und ein Prinzip ist halt keinen Shinobi zu helfen. Aber sie wird sich schon wieder fangen. Geben Sie ihr einfach Zeit."

„Ehrlich gesagt haben wir keine Zeit." Kakashi seufzte einmal. Er hatte dauernd das Gefühl, als würde er immer hinter etwas daherjagen. Und dieses etwas war meist Zeit. Es gab einfach zu wenig von ihr in seinem Leben.

„Ich werde nochmal mit ihr reden. Manchmal dringt, doch etwas zu ihr durch", seufzte Laos. Der Perlenvorhang klimperte hinter ihnen und Lina betrat den Raum.

„Zu wem dringt was durch?", fragte sie in Richtung ihres Bruders. Sie trug nun nicht mehr den kurzen Neoprenanzug, sondern ein grünes Top und blaue kurze Hosen. Abgetragene Latschen schlürften über den Dielenboden, als sie sich hinter den Rezeptionstresen begab. Sie schien kaum über den Tresen zu reichen. Selbst für eine Frau war sie ziemlich klein. Ihre Haare waren nun trocken und wilde Locken umrahmten ihr Gesicht, welches mit seinen grünen Augen und kleiner Nase doch recht hübsch war. Sommersprossen zierten es. Kakashi hielt bei seiner Musterung inne und wunderte sich, dass ihm so viele Details auffielen. Zwar musterte er Leute meist sehr intensiv aber dabei war es ihm wichtiger, über welche Physis sie verfügten oder was für Waffen sie trugen, und nicht ob sie Sommersprossen hatten. Sein Magen flatterte leicht. Lina schien ihm jetzt erst wirklich zu bemerken. Eindeutig keine Shinobi-Instinkte. Sie warf ihm einen genervten Gesichtsausdruck zu.

„Was macht der denn hier?", fauchte sie. Irgendwie erinnerte sie Kakashi an ein größenwahnsinniges Kätzchen in seiner Nachbarschaft Es hatte sich immer mit jedem angelegt, bis es nach einem Kampf mit anderen Katern verschwunden war. Linas Haare glichen dem rotbrauem Fell.

„Sei nett. Ich habe Hatake-san und seinen Kameraden angeboten, heute Nacht hier zu schlafen. Der Bungalow sechs müsste doch in Ordnung sein?", versuchte Laos seine Schwester zu beruhigen und griff hinter sich nach einem Schlüssel.

„Wieso?"

„Weil sie keine Unterkunft haben und wir eine Pension sind", erklärte Laos langsam, als wenn er es mit einem kleinen Kind zu tun hätte.

„Dann sollen sie in Vorkasse zahlen. Ich traue ihnen nicht."

„Hast du mich nicht verstanden? Ich habe sie eingeladen?"

„Ich dachte, dass wir eine Pension sind? Und kein Obdachlosenheim?"

„Wer schleppt denn immer Leute an und schwört, dass sie ihre Zeche abarbeiten?"

... und ewig lockt das Weib!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt