35 Wichteln & Fresskoma.

336 69 43
                                    

┊  ┊  ┊         ★ HARRY

┊  ┊  ☆

┊  ★



Zum ersten Mal in meinem Leben machte ich Schrottwichteln.

Was für Schrott schenkte man da?

Überfordert wollte ich etwas kaufen, aber Isabell behauptete steif und fest, dass man beim Schrottwichteln etwas nahm, was man Zuhause herumfliegen hatte und im wahrsten Sinne des Wortes 'Schrott' war. Und davon hatte ich laut meiner Freundin Einiges.

Am Ende packte ich einen tanzenden Kaktus in Zeitungspapier ein und sah Isabell dabei zu, wie sie versuchte ihren Haarreifen mit dem großen Tannenbaum und seinen blinkenden Lichtern oben drauf möglichst unauffällig zu verpacken.

Mit viel guter Laune machten wir uns am späten Vormittag auf den Weg zu Liam. Gestern hatten wir Jerry seine Tüte mit Weihnachtskram gegeben und in den Urlaub verabschiedet. Im Auto grinste ich über unsere Weihnachtspullis. Während Isabells grüner Strickpullover einen winterlichen Wald abbildete, hatte ich einen roten Pulli mit dem Gesicht eines Elchs an.

„Ich hoffe, es wird ein schöner Abend", sprach Isabell als wir den Fahrstuhl betraten. Sanft drückte ich ihre Hand: „Und wenn nicht, dann gehen wir einfach." Ich verschwieg, dass wir nicht mehr zurück nach Hause fahren würden, denn unsere gepackten Koffer für die Weihnachtsfeiertage hatte ich schon heimlich hinten ins Auto gewuchtet.

Liam öffnete uns überschwänglich die Tür, er trug eine Weihnachtsmütze und hatte sich einen knallroten Morgenmantel übergezogen. Prompt brach Isabell in schallendes Gelächter aus und gestand: „Zum Hugh Heffner der Weihnachten fehlt nicht mehr viel."

Automatisch sah Liam an sich herunter und grinste: „Und ich dachte, ich kurble einen neuen Trend an. Kommt rein, kommt rein, ihr seid die Letzten. Wichtelgeschenke kommen hier in den Sack."

Wir betraten die Wohnung und Liam hatte sich über Nacht noch einmal selbst übertroffen. Girlanden aus Tannenzweigen mit dicken roten Schleifen waren quer über die Decke gespannt. 

Der riesige Tannenbaum leuchtete ganz klassisch und überall entdeckte ich Teile der Deko, die ich mit ihm gekauft hatte. Es roch nach Zimt und Punsch. In der Küche war ein Buffet aufgebaut, von dem man nicht sah, was es denn zu essen gab.

„Na endlich", rief Niall und tanzte in einem blinkenden Pullover auf mich zu. Dicke Weihnachtskugeln gingen zum Rhythmus seiner Schritte an und aus. Scheinbar startete ein Wettbewerb, wer den hässlichsten Weihnachtspullover finden konnte.

Er reichte uns kitschige Tassen und stieß schwungvoll mit uns an. Kaum schnupperte ich am Getränk, hatte ich heftige Flashbacks. Nämlich von einem heftigen Kater.

„Schifferblut", stellte Isabell knapp fest, das Zeug, das ich vom Puh-Pasch kannte und jeden aus dem Verkehr zog. Sofort kippte ich meinen Inhalt in ihre Tasse und meinte: „Schaffst du schon."

Sie schnaubte belustigt und wir stießen zur Party. Es war in der Tat sehr gemütlich. Außer den Jungs hatte Liam nur noch Noah, Isabell und Eleanor eingeladen. Wir waren also eine kleine Truppe.

Leise Musik duddelte und ich erkannte, dass sich aus einem Gemisch zwischen Gebärdensprache und Lautsprache unterhalten wurde. Das machte es vor allem Noah und Isabell einfacher uns zu verstehen.

Louis lag beinahe in Liams monströsen Couch und hatte die Tasse mit dem Schifferblut auf seinem nicht vorhandenen Bierbauch stehen. Auf seinem Kopf befand sich das Geweih eines Elchs und ich warf mich neben ihm. Stille Nacht, heilige Nacht umhüllte uns.

Liebe heißt das Lied ✓Where stories live. Discover now