26 Doppelherzschlag.

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Nachdem meine Mum Harry die Haare geschnitten hatte, starrte ich ihn fassungslos an. Sie hatte ganze Arbeit geleistet. 

Natürlich war mir klar, dass mein Freund ein sehr attraktiver Mann war, aber ab und an vergaß ich das irgendwie und sah stattdessen einen Charmebolzen, der seinen Kram überall liegen ließ und manchmal ein bisschen zu eitel in den Spiegel blickte.

„Wow", entwich es mir und meine Mum grinste zufrieden. Obwohl sie Harrys Matte nur ordentlich aufgefrischt hatte, machte das Nachschneiden eine ganze Menge aus. Ich musste prompt hart schlucken und war einmal mehr froh, dass Harry nicht vorhatte, wieder eine Wallahmähne zu bekommen.

Meine Mum sagte etwas zu Harry, was ich nicht verstand, aber ich lachte. Es erleichterte mich, dass sich der Umgang beider veränderte. Ich wusste immer noch nicht, worüber Gemma und Harry am Vorabend gestritten hatten, aber was auch immer gesagt worden war, es hatte meine Mutter sehr versöhnlich gestimmt.

Anne, Harrys Mutter, war scheinbar auch ganz anders als Gemma. Ich mochte sie sehr, auch, wenn ich sie nicht einwandfrei akustisch verstand. Sie merkte von selbst, dass ich hinterherhinkte, lachte laut und wiederholte sich einfach. Sie war so überrumpelnd ehrlich und ich begriff, woher Harry seinen furchtbar gefährlichen Charme hatte.

»Was guckst du so?« gebärdete Harry abgehakt, als er sich daran machte das Bad aufzuräumen. Ich neigte leicht den Kopf, denn hinter ihm packte meine Mutter ihr Werkzeug wieder ein: »Hast du später etwas vor?«

Leider verstand er meine Antwort nicht und im selben Moment rief mein Vater irgendwas vom Flur aus. Ich hatte meine Eltern gern da, doch ich war auch froh, wenn wir das Haus wieder für uns hatten. Schließlich hatte es sich die Hälfte der Zeit lang angefühlt wie eine Prüfung. Nach dem Frühstück machten sie sich auf dem Heimweg und ließen durchblicken, dass sie sich freuen würden, wenn wir Weihnachten in Cotswolds aufschlugen.

Ich versprach nichts, aber es schien auch niemand zu merken. Meine Mum drückte mich fest zum Abschied und mein Vater tätschelte mir albern den Kopf, so wie er es immer tat.

Kaum war das Auto mit meinen Eltern aus unserer Sicht verschwunden, da atmeten Harry und ich gleichzeitig tief aus. Was für turbulente 24 Stunden. Ich wandte mich zu Harry um: „Kommt deine Mum noch mal vorbei?"

„Nein, sie ist mit einer Freundin in London unterwegs und fliegt dann nach Berlin", Harry erzählte von dem Städtertrip und ich musterte ihn eingehend. Schließlich hörte er auf zu erzählen: „Was ist los, wieso hast du wieder so einen merkwürdigen Blick?"

Es war gemein von mir, aber ich fuhr sämtliche Register. Mit großen Kulleraugen, was eigentlich gar nicht meine Art war, sah ich Harry an: „Können wir ein kleines Fotoshooting machen? Quasi zur Übung? Für mich?"

Harry starrte mich an, als hätte ich verkündet, ich wollte, dass er sich die Kronjuwelen unter den Nagel riss und König Charles enthauptete. Dann lachte er schallend auf, eh er wieder ernst das Gesicht verzog und knapp sprach: „Nein." 

Der Sack war vollkommen immun gegen Kulleraugen.

„Wieso nicht?", empörte ich mich und folgte ihm in die Küche, wo er anfing die Reste des Frühstücks wegzuräumen. Mir fiel auf, dass er bewusst damit aufhörte mit dem Geschirr zu klappern und auf Blickkontakt achtete bevor er sprach. Prompt schwoll mein Herz ein bisschen mehr an.

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