Kapitel 3: Das Tal der Hoffnung

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Celeste erwachte schon bei dem Geräusch der knarrenden Tür, die eigentlich nur ein etwas größeres Trümmerstück war und durch die es etwas zog. "Guten Morgen!", weckte Hauptmann Lorian dann auch ihre drei Gefährten auf und nachdem sie sich gestreckt hatten und aufgestanden waren, standen sie schon wieder unter freiem Himmel. Celeste blinzelte nach oben und fragte sich, wie die Bewohner dieser Welt ihre Zeit vernünftig bemessen mochten, wenn man doch keine Sonne sah, an der man sich orientieren konnte.
Als sie sich zu viert vor ihrem Quatier versammelt hatten, erwartete sie schon wieder der Hauptmann. "Ich möchte mich noch einmal im Namen aller Dorfbewohner von Grünblattdorf bei euch bedanken!", begann er. "Ihr habt uns gestern einen großen Gefallen getan. Doch dürfte ich euch mit noch einer letzten Aufgabe betrauen, wenn ihr so gütig wärt sie zu erfüllen?" Celeste dachte an ihre Schwester und verzog etwas das Gesicht. "Worum geht es denn?" "Nun, es wäre uns eine enorme Hilfe, wenn ihr in unser Hauptlager gehen und um Verstärkung bitten könntet. Wir brauchen hier leider jeden einzelnen Dorfbewohner und der Weg ist nicht gänzlich ungefährlich. Würdet ihr das für uns tun?" Nach einer kurzen Beratung mit ihren neuen Freunden gab Celeste ihr Einverständnis und das Gesicht des Hauptmanns hellte sich auf. "Habt vielen Dank! Das Tal der Hoffnung, wie wir es nennen, liegt versteckt im Westen. Da ihr nicht von hier kommt gibt es etwas, dass ich Euch erklären muss: es gibt eine Art Bündnis zwischen allen lebenden Wesen in diesem Wald." Die Gruppe nickte, doch bevor Celeste anmerken konnte, dass sie darüber bereits Informationen gefunden hatten, sprach der Hauptmann schon weiter. "Es gibt einige Tiere, die genug Intelligenz und Verstand besitzen, um ein eigenes Lager aufzubauen. Mit diesen Lagern haben wir feste Bündnisse, so auch mit dem der Eulenbären." Celeste sah den Menschen erstaunt an, ebenso wie Kyvn, Hiro und Hokusai. Eulenbären waren mächtige Wesen und dominierten meistens den Teil eines Waldes, in dem sie ihr Revier hatten. Ein ganzes Lager davon musste eine unglaubliche Macht aufzubieten haben. "Unser Tal der Hoffnung liegt versteckt, ziemlich genau unter dem Lager der Eulenbären. Aber diese Wesen sind keine wahrlich angenehmen Gesellen, sie sind meistens ziemlich mürrisch - außerdem misstrauen sie Fremden sehr, also seid nicht überrascht, wenn sie euch nicht zur Begrüßung umarmen. Aber sie sind wie gesagt mit uns verbündet, also sind sie euch in keinem Fall feindlich gesinnt. Und nach meinen Informationen gibt es auch keine wilden Eulenbären, die vom Chaos verzehrt wurden und ihren Verstand verloren haben. Solche Tiere gibt es hier leider ebenfalls, sie verhalten sich sehr aggressiv, deswegen ist der Weg auch nicht absolut sicher." Die Gruppe nickte. "Macht Euch darum keine Sorgen, wir kommen schon bestens zurecht", sagte Celeste und täschelte etwas ihren Morgenstern. "Da bin ich mir sicher. Und richtet unserem Anführer, Kurio, meine Grüße aus!", entgegnete Hauptmann Lorian.

Nach einer kurzen, aber herzlichen Verabschiedung, waren sie also wieder zu viert im Wald unterwegs. "Worüber denkst du nach?", fragte Celeste und stupste Kyvn an, der seinen nachdenklichen Blick auf sie richtete. "Ich denke über gestern nach." Celeste nickte verständnisvoll. "Ja, dieses Chaos, das alles zu verschlingen droht, finde ich auch merkwürdig." "Das auch", sagte Kyvn. "Aber ich meinte eher unsere Ankunft hier. Wieso kamen wir alle an der gleichen Stelle raus, obwohl wir durch unterschiedliche Portale gereist sind? Und weshalb gerade in diesem Dorf?" Nach einer kurzen Pause dachte er laut weiter: "Ich meine, dass du zum gleichen Ort gekommen bist wie die Dämonen ist klar, du hast ja auch das gleiche Portal genommen - aber wir anderen drei?" Jetzt schüttelte sie den Kopf. "Nein, das Portal der Dämonen hat sich hinter ihnen verschlossen. Sarenrae öffnete ein neues Portal, durch das ich in diese Welt gelangte." Kyvn runzelte weiter die Stirn und murmelte halblaut etwas vor sich hin.
"Vielleicht sollten wir einen Magiekundigen unseren Ankunftsort untersuchen lassen", meldete sich Hokusai zu Wort. "Das ist eine gute Idee!", rief Celeste erfreut und der Drachling nickte. "Aber sag, gehörst du nicht auch zu den Magiern? Ich sah dich im Kampf die arkanen Künste anwenden." "Nein, zumindest nicht so sehr wie ich wünschte. Ich bin zwar ein Magus, aber scheinbar nicht trainiert genug, um den Ort im Dorf zu erforschen. Ich habe nur gespürt, dass da etwas war, aber meine Kentnisse reichen nicht aus, um mehr festzustellen." Celeste wandte sich weiter an Hiro. "Und du Hiro? Hast du vielleicht eine Idee, die uns hier irgendwas erklären könnte?" Der Mönch blickte kurz nachdenklich in den Himmel, dann sagte er: "Die Wege der Götter sind unergründlich. Doch wenn es keine Götter mehr gibt, können wir dann ihre Wege sehen? Können wir dann das Unergründliche ergründen?" Es folgte eine kurze Pause und als redete er mehr mit sich selbst als mit seinen Gefährten antwortete Hiro seiner eigenen Frage. "Vielleicht müssen wir unsere eigenen Wege zuende schreiten, um den Verlauf der Straße zu verstehen." Celeste blinzelte ihn an. "Du sprichst in Rätseln, mein Freund", sagte Hokusai mit schiefem Kopf. "Unsere Existenz ist ein Rätsel - es zu entschlüsseln, das ist das Leben." Celeste kam nicht mehr mit, doch war sie dennoch gefesselt von Hiros Worten. Für sie ergaben sie wenig Sinn, doch womöglich steckten Wahrheiten in ihnen, die sie einfach nicht sah.
"Wartet!", zischte Kyvn plötzlich und sein grübelnder Blick wich einer kampfbereiten Wachsamkeit, mit der er nach links in den Wald spähte. Celeste sah das seltsame Blitzen wieder in den dunklen Augen des Dämonenjägers und machte sich auf eine neue Konfrontation mit den Häschern des Chaos gefasst.
Die anderen waren auch schnell in Alarmbereitschaft versetzt und sie bildeten zwei Zweiergruppen, die Rücken an Rücken standen: Celeste und Hokusai mit Morgenstern und Katana vorne und Kyvn und Hiro mit Langschwert und Bogen hinten. Diesmal verging nicht viel Zeit, bis Celeste es auch hörte. Sehr viele Flügelschläge, als würden gewaltige Vögel jeden Moment durch das Blätterdach über ihnen brechen. Stattdessen flatterten in Windeseile 7 gewaltige Fledermäuse aus dem Dickicht auf sie zu, eine jede fast so groß wie Celeste selbst. Und bei allen brannten orangene Lichter in den Augen.

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