3 | Barbecue

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Lautes Kinderlachen hallte über den Hof. Seit einer halben Ewigkeit spielte Noah mit seinen beiden Onkeln eine wilde Mischung aus Fußball und Rugby. Er hatte den Spaß seines Lebens, und ich hoffte inständig, dass die Anstrengung in eine ruhige Nacht münden würde.

Gerade kickte er den Ball übermütig einmal quer über den Hof, direkt in die alte Scheune. Zum Glück durch das Tor und nicht durchs Fenster. Mit dem Zielen klappte es bei ihm noch nicht so gut. Jörg sprang, wie so oft während des Spiels, dem Ball hinterher. Er tat so, als würde er sich furchtbar ärgern und schlug theatralisch die Hände über dem Kopf zusammen. Was Noah nur noch lauter zum Lachen brachte.

Schmunzelnd beobachtete ich das Geschehen. Es war ein wunderschöner Frühlingstag. Die Temperaturen waren für Februar ungewöhnlich warm, was uns sehr entgegenkam. Kurzerhand hatten wir die Gartengarnitur aus dem Winterschlaf geholt und im Innenhof des kleinen Resthofes aufgestellt. Jörg hatte den Hof und das Land außerhalb der Stadt vor drei Jahren von seiner Großmutter vererbt bekommen. Leider hatte ich sie nie kennen gelernt, da sie vor zwei Jahren verstorben war. Jörg hat den ganzen Hof liebevoll umgebaut und die umliegenden Flächen an einen benachbarten Pferdehof verpachtet. Es war ein Traum - und für die Kinder ein wahres Paradies. Inzwischen wohnten auch René und Kristin hier, und ich war immer ein bisschen neidisch.

Ich lehnte mich zurück, schloss die Augen und ließ die Wärme der Sonne auf meinem Gesicht tanzen. Das Kinderlachen vermischte sich mit dem Zwitschern der Vögel. Diese kleinen Momente der Ruhe waren in meinem Alltag so selten geworden. Und um ehrlich zu mir selbst zu sein, wäre ich jetzt am liebsten irgendwo herumgesprungen, um Kristin bei den Vorbereitungen zu helfen. Aber es war mir verboten worden, auch nur daran zu denken, die Küche zu betreten. Und als hätten sich alle gegen mich verschworen, hatte sich auch noch Kristins alter Maine Coon Garfield auf meinem Schoß niedergelassen und ließ sich das Fell kraulen. Ich hatte keine Chance aufzustehen. Also machte ich aus der Not eine Tugend und genoss das Nichtstun.

Plötzlich wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, als Kristin mit einem Tablett voller bunt belegter Brote aus der Küche kam.

»Für den kleinen Hunger zwischendurch«, verkündete sie mit einem Augenzwinkern. Mein Vater folgte ihr, balancierte ein Tablett mit Gläsern und einer Karaffe Limonade und gesellte sich zu mir.

»Du bist ein Schatz, Kristin«, rief ich ihm zu und streckte mich nach einem der Brote aus. »Ich bin am Verhungern. Und ich kann mich leider nicht bewegen.«

Dankbar nahm ich eines der Käsebrote von meinem Vater entgegen.

Noahs jubelnde Stimme hallte durch die Luft, als er mit seinem Ball unter dem Arm zu uns an den Tisch gerannt kam. Wahrscheinlich hatte auch er das Essen gerochen und einen Bärenhunger.

»Jörg ist total langsam!« Sein Grinsen war ansteckend und auch Jörg konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, als er keuchend hinter Noah hertrottete.

»Na warte, du kleiner Frechdachs!«, gab Jörg zurück und täuschte einen Angriff vor, was Noah kichernd ausweichen ließ.

Ich biss in das Brot und schmeckte die Frische des selbstgebackenen Brotes, das René so liebevoll zubereitet hatte.

»Schmeckt's?« René war hinter mich getreten und legte seine Hände auf meine Schultern.

»Fantastisch«, antwortete ich ehrlich. »Du hast dich wieder einmal selbst übertroffen.«

René verbeugte sich theatralisch und ließ sich neben mir nieder. »Warte, bis du den Kuchen siehst.«

Mein Magen knurrte bei dem Gedanken an den süßen Kuchen und ich lächelte dankbar. Mein Bruder liebte alles, was mit Backen zu tun hatte. Wahrscheinlich wäre er als Konditor oder Bäcker sehr gut aufgehoben gewesen. Aber er hatte sich für seine zweite Leidenschaft, die Musik, entschieden.

Dancing back to LifeWhere stories live. Discover now