29. Kapitel

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„Es tut mir leid". Er wollte meine Hand nehmen, aber ich zog sie weg und lief einfach an ihm vorbei. Wieso musste er mich so bedrängen?! Ich brauchte einfach, ein bisschen Freiraum. Er verstand es aber einfach nicht. Im Gegenteil, er lief dicht hinter mir her. So dicht, das ich seinen Atem an meinem Hinterkopf spürte und sich manchmal mein Rücken und seine Brust berührten. Ich hatte die Schnauze voll. Ich blieb abrupt stehen. "Keine Angst! werde schon nicht weglaufen!", fauchte ich. Er sagte nichts, einfach nichts und das machte mich noch wütender. Er hatte immer etwas zu sagen, wieso sagte er jetzt nichts! Die ersten tränen liefen meine Wange runter. "Hör auf mich verdammt nochmal zu verfolgen!", schrie ich und rannte hoch. Zum Glück verstand er es dieses Mal und blieb stehen...

Ich öffnete müde meine Augen und gähnte. Ich fühlte mich total kaputt und erledigt. Die ganze Nacht über, hatte ich kein Auge zu gekriegt. Mein Kopf wollte einfach nicht aufhören zu denken, egal wie sehr ich mich anstrengte. Ich setzte mich auf und schaute zu James. Sein Arm war hinter seinem Kopf und seine Augen noch zu. Wenn er schlief, sah er immer so friedlich aus. Ganz im Gegensatz zu, wenn er vor dir stand. Seine Gestalt allein, schüchterte einen schon ein. Dazu kam noch seine Emotionslosigkeit. War man ihm ausgeliefert, hatte man keine Chance mehr. Man war Wort wörtlich, in der Hölle und der einzige Ausweg war der Tod. Nur mir konnte er nichts tun. Ich wusste nicht, wo er die Gefühle für mich überhaupt rausnahm. Man konnte doch nicht, nur für eine Person Emotionen haben. Fühlte er wirklich nichts bei anderen Leuten? Oder verdrängte er es einfach?

Erschöpft lief ich ins Bad und betrachtete mich im Spiegel. Ich war blass und hatte ziemlich dunkle Augenringe. An sich, sah ich ziemlich fertig aus. Ich stützte mich vom Waschbecken ab und lief ins Zimmer zurück. Ich war im Moment einfach wütend, wütend auf mich und den Rest der Welt. Ich zog mich schnell an und öffnete leise die Tür. 'Wieso habe ich mich an diesem Abend überreden lassen mit in den Club zu gehen?' Ich war eigentlich nicht so der Party Mensch, aus der Phase war ich schon längst raus, aber an den Abend ließ ich mich überreden... 'Es wäre alles so anders gelaufen, hätten wir einfach einen bequemen Filmabend gemacht'. Ich lief eilig den Flur entlang. Ich brauchte Abstand, ich hatte das Gefühl, das ich keine Luft mehr bekam! Ich musste hier einfach weg. Raus!
Schnell schnappten ich mir einfach irgendeinen Autoschlüssel und legte meine Hand auf die Türklinke. Ich drückte sie runter und auf einmal ging der Alarm los. "Scheisse!", sagte ich und zog die Tür auf. Ich rannte in die Garage und zog den Schlüssel aus meiner Tasche. 'Chevrolet'. Ein piepen und ein leuchten der Blinker, zeigte mir wo sich das Auto befand. Ich stieg ein und wartete ungeduldig, das sich die Garagentür endlich öffnete. Immer wieder blickte ich in den Rückspiegel. 'Bitte tauch nicht auf'. Als es offen war, gab ich Vollgas. Zu meinem Glück war das Tor des Anwesens auch schon offen. Ich schaute erneut in den Rückspiegel und da war er schon. Er stand an der Haustür mit verschränkten Armen und schaute mir hinterher. Der Mistkerl hatte wirklich für Alarmanlage eingeschaltet... Ihn jetzt zu sehen, viel mir irgendwie schwer. Es traf mich auf irgendeine Weise. Ich seufzte und schaute noch einmal zurück. Er steckte seine Hände in die Hosentasche und drehte sich einfach um. War es für ihn auch vorbei?

Ich fuhr schneller. 'Was zur Hölle mach ich jetzt? Oder wohl eher, wo soll ich jetzt hinfahren?' Eigentlich war ich jetzt frei, ich hatte ein Auto und er war mir nicht auf den Fersen. War nicht das alles was ich eigentlich wollte? Aber irgendwie... Ich schüttelte meinen Kopf. Ich musste aber bald das Auto loswerden. Der Camaro war zwar neu, aber die Gefahr das da schon wieder ein Peilsender war, war einfach zu groß.

Nach einer Weile kam ich an einer roten Ampel an. Ich lehnte meinen Kopf ans Lenkrad und schloss meine Augen. 'Hör auf dir einen Kopf zu machen... Er. ist ein arsch!' Ein hupen riss mich aus meinen Gedanken. Ich schaute auf die grüne Ampel und fuhr los. 'Was macht wohl Rita gerade? Oder meine Mum?' Eine Lichthupe ließ mich in den Rückspiegel schauen. James fuhr hinter mir. Seine Miene war angespannt, er sah nicht gerade erfreut aus. Eher enttäuscht und verletzt. Ich fuhr einfach weiter, ich wollte jetzt nicht anhalten und mich streiten. Ich hatte keine Kraft mehr dazu.

Ich wusste das sie jetzt Zeit brauchte, also drängte ich sie nicht dazu anzuhalten. Ich fuhr ihr einfach hinterher und ordnete meine eigenen Gedanken. 'Honey, Honey, Honey du kriegst alles was du willst und dennoch bist du unzufrieden'. Ich legte meinen Kopf leicht schief. 'Und dabei schien für einen Moment, alles perfekt zu sein'. Sie wusste das ich mit Emotionen nicht umgehen konnte und sie verursachte so viele in mir. Ich brauchte endlich Klarheit! Chloe sollte sich jetzt für immer entscheiden!...

Ich wusste nicht wie lange wir schon unterwegs waren, doch langsam machte mir die Tankanzeige einen Strich durch die Rechnung. Ich seufzte leise. Die nächste Tankstelle war in fünf Kilometern und James war immer noch hinter mir her. Das hieß ich musste halten und höchstwahrscheinlich mit ihm reden... Ich schaute in den Rückspiegel. Er starrte nach vorne und wirkte wirklich sehr nachdenklich. 'Das wird was...'

Als die Tankstelle kam, fuhr ich raus. Ich hielt auf dem Parkplatz und schaltete den Motor ab. Traurig lehnte ich mich zurück und starrte aus dem Fenster. Ich hörte wie sich die Beifahrertür öffnete und sich kurz danach wieder schloss. Lange Zeit herrschte Stille zwischen uns. Irgendwie wollte keiner etwas sagen. 'Was läuft hier eigentlich ab?' Diese Frage stellt ich mir selbst und meine innere Stimme meldete sich zu Wort. 'Du lernst einfach nicht, hm?' Ich seufzte. 'Wie denn? Ich weiß nicht mal was ich selber will'. Sie lachte. 'Es ist ganz einfach. Du schwankst die ganze Zeit zwischen 'ich liebe dich James' und 'ich hasse dich James'. Entscheid dich mal, was willst du?!' Ich überlegte. 'Keine Ahnung! Wenn ich das wüsste, hätte ich es doch schon längst getan!' 'Natürlich weißt du es! Und jetzt hör endlich auf rumzuspinnen und leb dein Leben so wie du es willst!' Mein inneres ich und James hatten recht. Ich machte mir selbst alles kaputt. Ich schloss meine Augen und atmete tief ein. 'Du weißt was du willst, du weißt was du willst...' Ich öffnete sie wieder und schaute auf meine Hände. Ich merkte wie er mich die ganze Zeit über beobachtete. Ich öffnete meinen Mund. "...James?" Er antwortete nicht. Ich atmete tief ein, er wollte  das ich jetzt Klartext redete.

Sie holte tief Luft. "Hör zu..."

"Nein", unterbrach ich sie. Sie schaute verwirrt zu mir. Sie wirkte jetzt verunsichert. "Entscheide dich hier und jetzt. Was willst du? Ich habe viel Geduld mit dir gezeigt, aber langsam verändere ich mich. Ich gebe es zu, bis zu einem gewissen Punkt hat es mir Spaß gemacht, aber jetzt reicht es mir. Ich habe keine Lust jeden Morgen alleine aufzuwachen und dir jedes mal hinterher zu jagen. Kommst du zu mir, musst du bleiben. Wenn du gehst, dann für immer", sagte ich und stieg aus. Ich setzte mich in mein Auto zurück und fuhr an die Tankstelle um zu tanken. Sie sollte sich das jetzt gut überlegen! Ich hatte nämlich keinen nerv mehr dazu!

Sein Worten waren klar gewesen. Er wollte es genau wissen. Ich lächelte leicht. Ich dachte eigentlich ich wüsste nicht was ich wollte, aber ich wusste es, ich wusste es genau. Langsam fuhr ich zu ihm und tankt mein Auto ebenfalls. Er zog Geld aus seiner Tasche und reichte es mir. "Das reicht für drei voll Tanks, mehr habe ich nicht dabei. Das Auto kannst du auch behalten", sagte er knapp. Ich nahm es und schaute ihn an. "Danke"...

H-B Teil 2Where stories live. Discover now