Fünfzehntes Kapitel

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Den Nachmittag über räumten wir die Wohnung auf - vor allem Cecilias Zimmer hatte es mal wieder nötig. Anschließend kochten wir gemeinsam und sie hörte gar nicht mehr auf, von Malfoy und seiner tollen Arbeit zu schwärmen.

„Wenn ich groß bin, werde ich auch im Ministerium arbeiten und einen so wichtigen Job haben wie ihr." Ich lachte.
„Vielleicht solltest du klein Anfangen, immerhin musst du erst einmal zur Schule gehen. In all den Jahren kann sich noch vieles ändern."
Ich wuschelte ihr durch die Haare. Die Vorstellung, wie schnell sie doch groß werden würde, ließ mich in Erinnerung schwelgen.

Damals war sie solch ein kleines Baby gewesen und jetzt hatte sie ihren eigenen Kopf, hatte ihre eigenen Vorstellungen von der Welt. Die Zeit rannte nur so davon.
Cecilia kletterte auf meinen Schoß und umarmte mich.
„Ich hab dich lieb Mummy." „Ich dich auch mein Engel."

Dann machte ich sie fertig für das Bett und las ihr zum hundertsten Mal die Geschichte von Cinderella vor.

„Gute Nacht Engel, schlaf schön."
„Gute Nacht Mummy. Ich hoffe Draco ist nicht allzu traurig, wenn ich morgen wieder in den Kindergarten muss." Ich lachte. Wahrscheinlich würde er einfach wieder schmollen und ein genervtes Schnauben von sich geben.

„Du kannst ihm ja etwas für sein Büro machen, darüber würde er sich bestimmt freuen." Sie strahlte mich glücklich an und nickte heftig.

Ich löschte das Licht in ihrem Zimmer und begab mich in die Küche.
Gedankenverloren räumte ich das Geschirr ab. Mir wollten Connys Worte einfach nicht aus dem Kopf gehen.

Als wären sie auf magische Weise aufgetaucht."

Muggel benutzten diesen Satz gerne, wenn sie sich etwas nicht erklären konnten. Doch in mir ließ es alle Alarmglocken läuten. Mein erster Gedanke waren die Todesser. Doch was hätten sie davon, Muggelkinder mit Ratten zu ärgern.
Es waren keine verzauberten, bösartigen Ratten oder welche die krankhaft schienen. Es waren normale Ratten - lästig, aber kein Weltuntergang.

Aber das Gebäude war neu und die Erzieher achteten sehr auf die Sauberkeit, woher sollten die Ratten sonst kommen?
Jedoch wussten sie nichts von meiner Tochter oder mir und auch meine Familie hatte zum Glück nie etwas mit Voldemort und seinen Anhängern zu tun. Auch hatte ich Cecilia von klein auf gesagt, dass niemand wissen durfte, das es Magie gab. Sie war schlau genug, um dieses Geheimnis für sich zu bewahren.

Ich schüttelte meinen Kopf.
Wahrscheinlich interpretierte ich einfach zu viel in Connys Aussage hinein und es war ein komischer Zufall gewesen. Dinge passierten und das Leben ging weiter.

* * * *

Als ich am nächsten Tag im Büro ankam, war ich wie immer die Erste. Ohne den kleinen Wirbelwind um mich herum, war es doch recht still in dem Raum.
Eine gute halbe Stunde später tauchte Malfoy auf. Er schaute zu dem leeren Sofa.

„Ich schätze, in dem Kindergarten ist alles wieder in Ordnung", seine Stimmlage hatte einen enttäuschten Unterton. Ich nickte.
„Ja, die Erzieher haben gestern Nachmittag Bescheid gegeben. Und Cecilia hat sich sehr gefreut."

Diese Aussage schien ihm noch weniger zu gefallen. Irgendwie war die Situation schon komisch. Ein Draco Malfoy, welcher sich mehr für eine andere Person interessierte, als für sich selbst und die Eigenschaft ablegte, zu denken die Welt würde sich um ihn drehen.

„Sie hat sich schon gedacht, das es dir nicht passen würde", schmunzelte ich ihn an.
„Sie war eine wirklich gute Assistentin."
„Ach ja?", gespielt beleidigt verschränkte ich die Arme vor der Brust.

Malfoy verdrehte die Augen, musste aber selbst ein wenig Lachen.

Dann fiel mir Conny wieder ein.
„Ach Malfoy, hast du etwas über die Todesser gehört, welche uns angegriffen hatten?" Meine Stimme war ernst. Dieser Gedanke ließ mir keine Ruhe.

„Nein, bis jetzt gab es nichts Neues."
Er musterte mich.
„Warum?"

In diesem Moment kam ich mir recht dämlich vor. Wahrscheinlich war ich nur paranoid und er würde mich auslachen. Weder ich noch Cecilia waren interessant für sie. Ich schüttelte den Kopf.
„Schon gut."

Er überbrückte die wenigen Schritte zwischen uns.
„Evelyn, wenn du etwas weißt oder eine Vermutung hast, dann sag es mir. Potter hat alle Auroren in den Dienst gerufen, sie arbeiten rund um die Uhr. Sie haben nur keine Spur und jedes noch so kleine Detail kann Ihnen helfen."

Ich konnte die Sorge in seinen Augen erkennen. Auch wenn die Gesamtsituation mit den Todessern alles andere als schön war, so war dieser Moment wundervoll. Seit einer sehr langen Zeit, hatte ich jemanden der sich um mich sorgte und mir gleichzeitig das Gefühl gab, mit ihm würde mir nichts passieren.
Was ein wenig paradox war, wenn man bedachte, das Malfoy selbst einmal zu diesen Leuten gehörte.

„Wahrscheinlich mache ich mir nur zu viele Gedanken. Aber die Aussage von der Erzieherin lässt mich nicht mehr los. Diese Rattenplage kam plötzlich aus dem Nichts und keiner konnte es sich erklären. Sie meinte, sie seien auf magische Weise aufgetaucht. Als Witz. Aber wir wissen es besser. Ich kann mir jedoch keinen Grund vorstellen, warum die Todesser einen Muggel Kindergarten mit Ratten verfluchen sollten. Es macht keinen Sinn, aber ich muss die ganze Zeit immer wieder daran denken."

Es fühlte sich wirklich gut an, diesen Gedanken endlich auszusprechen. Auch wenn es laut gesagt gar nicht mehr so abwegig klang.
Die große Frage war nur das Warum.

Malfoy dachte nach. Schließlich zuckte er mit den Schultern.
„Ich weiß nicht, inwieweit sie sich an dich erinnern. Oder ob sie wissen, dass du eine Tochter hast -" „Aber meine Familie hatte nie etwas mit Ihnen zu tun. Sehr wahrscheinlich wissen sie nicht einmal, wer ich bin", unterbrach ich ihn.

„Es wäre Ihnen eh egal", schnaubte er. „Diese Leute sind zu allem fähig . . Ich habe es selbst oft genug gesehen. Es ist schon schlimm genug, dass es nach all den Jahren überhaupt noch freilaufende Anhänger gibt, die das alles fortsetzen wollen", Malfoys Stimme wurde immer leiser. Ihn schien die ganze Situation wirklich mitzunehmen.
Langsam nickte ich.
„Du hast wahrscheinlich recht. Lieber einmal zu viel Gedanken machen, als es am Ende zu bereuen."

Endlich entspannte sich sein Gesicht wieder und ein knappes Lächeln erschien darauf. Ich lächelte zurück. Er meinte es nur gut und wollte helfen.

„Hast du noch den Zettel mit der Adresse?"
Ich kramte in meiner Handtasche herum und reichte ihm das Stück Pergament.

„Ich mach' den Auroren Dampf, sie sollen sich alles angucken und die Gegend erkunden." Er machte kehrt und hatte deine Türklinke schon in der Hand.
„Danke, Draco."

Für einen kurzen Augenblick stand er nur da, ehe sich ein großes, echtes Grinsen auf seinem Gesicht breit machte.
„Jederzeit."

Damit verschwand er durch die Tür. Mein Herz fühlte sich glücklich an, wie ein unbeschwertes Kind, welches mit einem Kakao auf dem Sofa saß.
Sobald diese Situation vorbei war, würde ich mit ihm reden. Und wenn er es dann noch immer wollte, würden wir uns beide um Cecilia kümmern.
Um unsere Tochter, wie eine richtige Familie.

Ich begab mich zu meinem Schreibtisch. Auch wenn ich nicht wirklich in der Lage war zu arbeiten, irgendwie musste ich mich ablenken.

Nach einer Weile kam Draco wieder.
„Es ist alles geklärt, die Auroren kümmern sich darum."
Erleichtert ließ ich mich in meinen Stuhl sinken. Selbst wenn ich recht behalten sollte, würde nichts geschehen.

* * * *

Ich öffnete die Tür zu Dracos Büro und legte einen Stapel Anträge auf seinem Schreibtisch ab.
„Die müssen alle bis Mitte nächster Woche fertig werden."

Er sah nicht sonderlich begeistert aus.
„Warum sind das so viele?", beschwerte Draco sich sogleich.
„Du warst die letzten Tage bei den Terminen, da sind die liegen geblieben. Außerdem sind es mehr wie früher, es gibt neue Abkommen mit den Zentauren, den Halbriesen und sogar den Werwölfen. Und sie alle haben viele Ideen und Wünsche", versuchte ich alles sachlich zu erklären.

Der Blonde seufzte.
„Dann werde ich wohl noch eine Weile hier sein."
„Du schaffst das schon", zwinkerte ich ihm zu. „Bis Morgen."

„Bis Morgen Evelyn", kam es diesmal leicht verträumt von ihm.
Und somit machte ich mich auf den Weg zum Kindergarten. Entspannter und zuversichtlicher, als ich heute Morgen war.

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