5.

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Es war abends, wir waren gerade seit ungefähr einer Woche wieder zu Hause. Morgen war Montag. Und ich musste wieder zur Schule.
Barfuß lief ich durch den Flur, Pepper und Dad waren schon zu Bett.
Vorsichtig klopfte ich an die Tür des Teenagers. Helena. Holly. Halo. Sie telefonierte oft mit ihren Freunden und die konnten sich anscheinend nicht auf einen Namen für sie einigen.
"Ja?", rief sie. "Komm rein!"
Langsam öffnete ich die Tür und betrat das leere, verdunkelte Zimmer. Aus dem Badezimmer schien Licht hinein.
"Badezimmer!", rief sie.
Ich schloss die Tür hinter mir und lief zur Badezimmertür. "Hi."
Sie sah mich an und ließ ihre Haare in Ruhe. "Hi! Jaaa? Was gibt's?"
"Was machst du??", fragte ich neugierig.
"Haare färben und du?"
"Uii welche Farbe?"
"Grün. Aber ich glaub das wird eher blau." Sie griff in eine kleine Dose und danach waren ihren Finger dunkelgrün, sie machte die Farbe auf ihre dunkle Haare, die diese überraschend gut aufnahmen.
"Kann ich auch??", fragte ich.
"Ich glaub nicht, dass dein Vater damit so einverstanden ist.", erwiderte sie und massierte die Farbe ein, sodass auch ihre Wurzeln eingefärbt wurden.
"Bitte bitte!"
"Wenn du ein bisschen älter bist, kiddo. Was gibt's denn? Du bist doch bestimmt nicht hergekommen um nach meiner Haarfarbe zu fragen."
"Ich will nicht zur Schule morgen.", murmelte ich und setzte mich auf die Fliesen.
"Ich auch nicht. Sind wir schon zwei." Sie schraubte einen Deckel auf die Dose und steckte sich die Haare hoch, bevor sie ihre Hände wusch.
"Ich kenn da gar keinen." Ich begann mit dem Stoff von meinem Schlafanzug zu spielen.
"Ich auch nicht."
"Aber du bist cool!"
"Und du nicht?"
Ich schüttelte den Kopf. "Nö. Ich bin nicht wie du."
"Ach Kiddo." Sie versuchte immernoch die grüne Farbe von ihren Händen abzubekommen. "Das musst du auch nicht sein. Ich zu sein ist jetzt wirklich nicht das Beste, was die passieren könnte. Und du bist noch klein. Wart ma ein paar Jahre ab, und dann reden wir weiter."
Ich sah sie an. "Was ist in ein paar Jahren?"
"Da bist du älter und größer und ich bin mir sicher, dass du deiner Mom noch ähnlicher sehen wirst als jetzt. Und das ist gut! Sie war nämlich wunderschön. Und Menschen mögen schöne Menschen. Ich zumindest." Sie gab auf und stellte das Wasser ab, trocknete ihre Hände.
"Ist deine Freundin schön?", fragte ich.
"Welche von denen?" Sie spielte an ihrem Handy herum.
"Die Freundin Freundin. Die auf dich gewartet hat."
"Ahhhh. Ja. Ist sie. Wie Van Goghs Gemälde. Sie ist die schönste Person, die mir je begegnet ist. Aber das ist vermutlich nur meine Meinung." Sie legte ihr Handy wieder weg. "Wieso?"
"Nur so. Wer ist Van Gogh?"
"Ein berühmter Künstler. Er hat wunderschöne Bilder gemalt."
"Magst du seine Bilder??", fragte ich weiter.
Sie nickte. "Jap. Tu ich. Irgendwann zeig ich sie dir Mal. Aber jetzt musst du zurück ins Bett, sonst wird's zu spät."
"Ochh, aber ich will noch nicht!"
"Du musst aber. Sonst kommst du morgen nicht aus dem Bett. Na komm, kiddo. Aufstehen."
Genervt stand ich auf. "Bitte bitte?? Kann ich nicht noch bleiben."
Sie lachte. "Nein. Du gehst jetzt schlafen."
"Oww.." Ich ließ mich von ihr zur Tür geleiten. "Wie heißt du eigentlich?", fragte ich, bevor sie die Tür schließen könnte.
"Genug Fragen für heute." Sie winkte mir und schloss die Tür.
"Warte! Woher weißt du wie meine Mama aussah??"
"Gut Nacht, kiddo!", antwortete sie.
"Unfair!" Ich drehte mich um und lief zu meinem eigenen Zimmer zurück um schlafen zu gehen.

Am nächsten Morgen weckte Pepper mich.
"Aufstehen, Süße. Sonst kommst du zu spät.", sagte sie und zog die Vorhänge auf.
Ich zog mir die Bettdecke über den Kopf. "Och nö!", beschwerte ich mich.
"Och doch. Du willst doch an deinem ersten Schultag nicht schon zu spät kommen, oder?"
Nein. Nein, wollte ich eigentlich nicht. Aber ich wollte auch keinen ersten Schultag haben... Also war das etwas.
Murrend setzte ich mich auf. "Ich will nicht.", murmelte ich.
"Ich weiß.", sagte Pepper. "Trotzdem musst du. Zieh dich an und komm dann zum Essen, okay?"
Ich nickte und Pepper verließ mein Zimmer wieder. Für ein paar Minuten saß ich nur in meinem Bett und starrte Löcher in die Luft, bevor ich tatsächlich aufstand und mir die Schuluniform anzog, die ich irgendwann letzte Woche bekommen hatte. Dann verließ ich mein Zimmer und lief ins Esszimmer um zu frühstücken.
Dad war nicht da, stattdessen aber Holly und Pepper, Holly in einer ähnlichen Schuluniform wie ich, und mit einem giftgrünen Unterton in ihren schwarzen Haaren. Sie winkte mir zu, als sie mich bemerkte. "Hey, kiddo!"
Ich winkte zurück und setze mich an den Tisch. "Hi, Holly.", sagte ich und musterte sie, um ihre Reaktion auf den Namen nicht zu verpassen.
Sie hatte keine und lächelte mich lediglich an, Pepper runzelte verwirrt die Stirn.
"Holly?", fragte sie.
"Spitzname.", erklärte Holly. "Ein paar meiner Freunde aus New York nennen mich so. Sie muss es irgendwo aufgeschnappt haben."
"Ah." Pepper nickte. "Na dann."
Holly's Telefon klingelte. "Muss rangehen. Sorry.", sagte sie und stand auf, nahm den Anruf an.
"Hazel!!", begrüßte die Stimme am anderen Ende der Leitung sie.
"Hi there.", antwortete Holly der Stimme und war dann verschwunden.
"Mum, wie heißt sie?", fragte ich Pepper.
"Da sind wir uns auch nicht so ganz sicher, Bella. In der Schule haben wir sie jetzt als Hazel angemeldet, aber sie scheint 5 andere Namen zu haben, bei denen sie auch genannt wird. Wir werden sehen, wie das an der Schule funktionieren wird."
Ich nickte langsam. "Achso. Okay."
Den Rest des Frühstücks verbrachten wir schweigend. Irgendwann kam Holly wieder, verabschiedete sich und war dann wieder verschwunden.
Ich sah ihr nach und meine Frage von gestern Abend schoss mir wieder in den Kopf. Woher wusste sie, wie meine Mutter ausgesehen hatte? Nicht einmal ich hatte sie gekannt, und Holly war vermutlich auch zu jung, als dass sie zu Lebzeiten meiner Mutter wirklich gelebt haben könnte. Und selbst wenn sie sie als kleines Kind gekannt hatte.. wie könnte sie sich so perfekt an sie erinnern?
Pepper riss mich aus meinen Überlegungen. "Bella, hopp. Geh Zähne putzen und deine Sachen holen, sonst kommen wir zu spät."
Ich seufzte, stand auf und verschwand.

Die Stimme Des Unbekannten Where stories live. Discover now