2.

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Um. Gottes. Willen! Er stand hinter mir! Aber sowas von!
Ehe ich die Chance hatte wegzurennen, drehte ich mich auch schon zu ihm um. Aus Reflex, während mein Herz seltsamer Weise zwei Takte schneller schoss.
»Charles!«, quietschte Emilia ihm entgegen, sprang auf und stellte sich mit strahlenden Augen vor ihm. Er schaute auf sie herab und setzte dabei ein so verzückendes Grinsen auf, dass mir ganz warm wurde. »Bekommen wir Fotos und ein Autogramm? Bitte?«
»Aber klar«, antwortete er mit einer Selbstverständlichkeit, währenddessen er mich anschaute. Und ich ihn, während ich an meinem Getränk nippte und mir immer wärmer wurde. Warum war es auf einmal so heiß hier drin?
»Komm her, Y/N«, sagte Emilia und winkte mich vom Barhocker. Ich versuchte elegant von ihm zu gleiten, was mir Gott sei Dank gelang. Wäre auch nur ein bisschen peinlich geworden, wäre ich vom Stuhl geknallt.
»Können wir eins vor deinem Ferrariauto machen?«, fragte Emilia weiter. Meine Güte, die hatte aber auch Einfälle. Und Mumm. Immerhin schaffte sie es die Initiative zu ergreifen, was mir nicht wirklich gelang. Ich schwieg, lief vermutlich rot an und versuchte meinen Puls wieder unter Kontrolle zu kriegen. Er ist doch nur ein gewöhnlicher Rennfahrer. Was soll das Theater?, dachte ich mir.
»Dürfte kein Problem sein. Kommt mit«, sagte Charles und lief voran. Nur ganz unauffällig streckte ich beim Hinterhergehen meine Nase in die Luft, um seine Duftnote zu wittern. Und ich wurde nicht enttäuscht. Der Typ sah nicht nur gut aus, er roch auch noch bezaubernd. Mist!
Emilia grinste mich total happy an und hakte sich in meinen Arm, während wir Charles unauffällig folgten. Vorbei an vielen Kameramännern, die gerade dabei waren die anderen Formel 1-Fahrer zu interviewen. Immer noch. Wie lange sowas wohl geht?, fragte ich mich, denn die Reporter waren schon einige Zeit hier.
Charles führte uns in die Garage, wo die Formel 1-Wagen standen und drehte sich zu uns um als wir bei seinem ankamen.
»Wow, der Wagen sieht in echt noch viel toller aus!«, staunte Emilia wieder. Genau wie Charles, dachte ich, und so allmählich gingen mir meine Gedanken wirklich auf die Nerven. Nicht, dass ich es irgendwie vergleichen könnte, da ich Charles vorher nie gesehen hatte. Aber vermutlich war das mit vielen Dingen im Leben so, die auf Fotos und im Fernsehen anders wirkten als im echten Leben.
»Sind Selfies okay?«, fragte Emilia weiter und Charles stimmte zu. Sie stellte sich rechts von ihm und ich, mit ein wenig Abstand, links von ihm. Charles war eindeutig der größere Part von uns, weswegen er Emilias Handy nahm und es in die Luft hielt.
»Du musst näher rankommen, Y/N«, sagte Emilia, als der Blick ins Handy zeigte, dass ich ein wenig zu sehr Abstand genommen hatte. Zögerlich näherte ich mich Charles und war ihm dann plötzlich so nah, dass ich seine Wärme spüren konnte. Und sein Duft wahrnahm. Aber Holla die Waldfee!
»So?«, fragte ich.
»Noch ein Stück«, sagte Charles und legte seine linke Hand an meine Hüfte, um mich ein wenig näher zu ziehen. Ich konnte den Schwall an Gänsehaut nicht stoppen als seine Hand meinen Körper berührte und die Wärme durch mein Kleid sickerte. Okay, dachte ich mir. Hemmungen hat der schon mal nicht. Aber es war auch nur eine ganz unbedeutende Berührung.
Leider blieb mir dann auch nichts anderes übrig, als meinen rechten Arm um seine Hüfte zu legen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Und ich wollte gar nicht davon anfangen, wie es sich anfühlte.
»Okay, sagt Cheeeeeese!«, sagte Charles und auf Kommando grinsten wir alle in die Kamera. Mit seinem Daumen betätigte er den Abzug und das erste Selfie war im Kasten. »Ist das gut geworden?«, fragte ich direkt, weil ich mich auf Fotos absolut nicht mochte und auf keinen Fall blöd aussehen wollte. Emilia ging in ihre Galerie und machte nur ein entzücktes »Aaaaaw«, bevor sie uns das Bild zeigte. Es war...akzeptabel.
»Sieht toll aus«, meinte Charles dann und sein Blick huschte kurzzeitig zu mir. Als sich unsere Blicke trafen merkte ich direkt die Hitze in meinem Gesicht.
»Danke! Kriegen wir noch ein Autogramm? Ich habe extra ein Foto von dir ausgedruckt. Ich hoffe, dass war in Ordnung.« Emilia, wie sie leibt und lebte. Ihr war einfach nichts peinlich und ich fragte mich, ob sie von allen Fotos dabeihatte. Charles staunte kurz sprachlos als sie das Foto aus ihrer Tasche zog, schmunzelte dann aber und gab ihr das Autogramm.
»Und wo möchtest du es haben?«, fragte Charles mich dann, doch mein Gehirn verstand nicht, dass er gerade sein Autogramm meinte, sondern ging in die zweideutige Schiene, und mit einem Mal ploppten ganz falsche Bilder in meinem Kopf auf. Charles und ich. Wo möchtest du es haben?
Das muss wirklich aufhören!
»Y/N?«, fragte Emilia und holte mich wieder ins Diesseits.
»Äh, was?«, fragte ich perplex und schüttelte meinen Kopf, um wieder klarer denken zu können.
»Wo soll Charles unterschreiben?«, fragte sie mich. Meine Augen huschten zu ihr, zu Charles, zu ihr, zu Charles. Dieser schaute mich abwartend an, aber nicht drängend. Eher neugierig. Und es machte mich nervös. Hatte ich überhaupt etwas dabei, was er signieren konnte? Ich war davon ausgegangen, dass die Fahrer alle mit einem Haufen Fotos zum Unterschreiben rumrennen würden. Natürlich wäre das viel zu viel Umstand gewesen. Hätte mir ja klar sein sollen.
»Ich...habe eigentlich nichts dabei«, sagte ich und zuckte nur mit den Schultern. »Ist aber nicht schlimm. Das Foto ist ja Beweis genug.«
»Oh«, sagte Charles dann, als hätte er einen blitzartigen Einfall. Dann kramte er in seiner Hosentasche und zog einen Anhänger heraus, der mir verdammt bekannt vorkam. Ein länglicher, aus weiß-glitzerndem Kunstleder, wo der Name Pekannuss draufstand. Daran hing auch mein Haustürschlüssel. Oh! Mein! Gott! Den hatte ich nicht ernsthaft verloren?
»Ich glaube, der gehört dir, oder?«
»Oh mein Gott, ja!«, sagte ich dramatisiert und schlug die Hände über den Kopf zusammen. »Wie schaffe ich es, sowas Wichtiges zu verlieren? Den hätte ich doch nie im Leben hier wiedergefunden!«
»Du bist wirklich ein Tollpatsch«, kicherte Emilia, während Charles nur grinste.
»Nun, dann bin ich ja froh, ihn gefunden zu haben. Soll ich«, er musterte meinen Anhänger, »hier auf der Rückseite unterschreiben?«
Ich nickte. Tolle Idee! »Gerne.«
Charles gab sein Autogramm auf die Rückseite des Anhängers, drehte diesen dann um und schaute sich noch mal den Namen an. »Stehst du auf Nüsse?«, fragte er dann und wir beide dachten in dem Moment wohl das Gleiche. Nämlich, dass sich das total falsch anhörte. Als er das realisierte fing er an zu lachen. »Oh, ich meine nicht...also ich wollte wissen, ob du Nüsse gerne isst.« Seine leicht verpeilte Art brachte mich zum Lachen, denn gerade wirkte er wie ein kleiner Junge, der ins Fettnäpfchen getreten war und sich nun dafür schämte. Ich nahm es auf die lockere Schulter.
»Nein, das ist der Name meines Pflegepferds«, antwortete ich ihm und er gibbelte erneut ein wenig verlegen, ehe er mir den Anhänger hinhielt. Ich nahm ihn entgegen und versuchte bewusst zu verdrängen, dass sich dabei unsere Finger leicht berührt hatten.
»Ah, cool, du hast ein Pflegepferd?«, fragte er recht interessiert.
»Ja. Ich bin zwei mal die Woche dort.«
»Machst du auch bei Turnieren mit?«
»Noch nicht, aber das will ich irgendwann mal, wenn ich soweit bin. Momentan hole ich ihn morgens vom Paddock, putze ihn und bewege ihn entweder frei, oder in den Reitstunden.«
»Cool«, sagte er wieder. »Sowas haben wir auch«, fuhr er dann fort und ich runzelte fraglich die Stirn.
»Was?«
»So ein Paddock.«
»Ihr habt Pferde hier?«, fragte ich überaus überrascht und wünschte, diese Frage nicht gestellt zu haben, denn sie war sowas von hirnlos. Emilia fing an zu lachen und auch Charles gibbelte.
»Nein, aber so nennt man den Fanbereich, wo ihr euch aufhalten könnt. Von dort aus kannst du frei auf Star- und Ziellinie schauen, genauso wie auf die Boxengasse und den Teamboxen.« Ja. Das hat natürlich rein gar nichts mit Pferden zu tun, dachte ich mir und wünschte mir ein Loch, wo ich schnellstens verschwinden konnte.
»Charles? Wir müssen zum Interview, kommst du?«, hörten wir dann jemanden rufen. Es war Carlos, der mir direkt die nächste Hitzewelle einbrachte. Nicht aber, weil ich ihn toll fand, das hatten wir ja schon geklärt. Nein, weil genau wegen der Sache von gerade. Diese peinliche Situation vor der Kamera, wo ich ihn als zu haarig betitelte.
»Hey Carlos! Kannst du vielleicht noch schnell ein Foto von uns machen?«, fragte Emilia dann drauf los. Carlos schenkte ihr einen netten Gesichtsausdruck, der sich rasch änderte, als er mich sah. Es war, als hätte man ihm jede Emotion entnommen als unsere Blicke sich trafen.
»Ausnahmsweise. Aber wir müssen uns beeilen, man erwartet uns schon«, sagte er, grinste kurz auf und ließ die Mundwinkel genauso schnell hinunterfallen, wie sie oben waren. Fix positionierten wir uns vor Charles' Wagen, Carlos machte das Foto und reichte Emilia ihr Handy.
»Okay, ich muss dann mal«, sagte Charles, schenkte uns beiden noch ein Blick und verabschiedete sich.
»Danke für deine Zeit, Charles!«, sagte Emilia und auch ich wollte mich bedanken, doch Carlos zog schon ungeduldig an Charles' Arm.

Als die beiden sich entfernten, schauten wir ihnen noch wie verlorene Fangirls hinterher, bis Emilia dann ihre Stimme wiederfand. »Hör mal, was war denn das da gerade?« Ihre Frage beinhaltete einen gewissen Unterton, der ganz klar nach Forschung schrie. Ihre leicht zusammengekniffenen Augen und ihr süffisantes Lächeln bestätigten die Tatsache, dass ich mit meiner Vermutung richtig lag. Ich tat auf doof.
»Was meinst du?« Meine Lippen wurden zu einer schmalen Linie, als ich dies fragte. Ich konnte mir genau denken, was genau sie meinte.
»Tu doch nicht so blöd. Dieses Ding da zwischen Charles und dir!« Ich konnte es nicht abschlagen, denn auch ich hatte es gemerkt. Dieser Blickkontakt. Allerdings verwarf ich diesen Gedanken, es könnte etwas Besonderes gewesen sein, als ich darüber nachdachte, dass Charles vermutlich einfach zu jedem so war. Und einfach immer so schaute. Weil es einfach sein Gesicht war. Punkt.
»Ich habe das ganz genau gesehen! Dieser Blick von ihm, wie er dich angeschaut hat! Er hat dich extra aufgesucht, um dir deinen Schlüssel zu bringen!«
»Ja. Was man freundlicher Weise macht, wenn man sowas mitbekommt.«
»Und dann dieses Interesse, als du mit deinem Pferd ankamst. Y/N! Das. War. Sowas. Von. Heiß!« Emilia konnte ihre Entzückung kaum mehr in Grenzen halten, doch ich schüttelte nur den Kopf.
»Quatsch. Das war Smalltalk«, sagte ich.
Emilia schnaubte. »Das war alles, aber sicher kein Smalltalk. Das war Flirt-Talk, ganz klare Kiste.« Sie kam näher und wackelte mit ihren Augenbrauen. »Ich glaube, Charles hat ein Auge auf dich geworfen.« Ich wurde rot und gab Emilia empört einen Klaps auf ihre Schulter, während sie nur kicherte. »So ein Unsinn! Jetzt hör auf rum zu spinnen. Lass uns lieber Daniel suchen. Mit dem kannst du dann flirten«, stichelte ich zurück, bekam aber nur eine schwärmende Reaktion.
Flirten? Charles? Mit mir? Das hielt ich für unmöglich. Un-mög-lich!

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Erster Eindruck?
Do you want More ? 🌝

You Drive Me Crazy - CharlesXReaderWhere stories live. Discover now