Ich spüre, wie das Flugzeug langsam abhebt. Aufregung besetzt meinen Bauch. Ich fliege zum ersten Mal mit meinem Chef ... und ich hoffe, mich erwartet nichts Böses. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich mich mit ihm in die Haare kriege, aber dafür umso mehr, wie ich mir selbst das Herz breche. Was ist, wenn da eine Geschäftsführerin ist und er so beeindruckt von ihr ist, dass er sie zum Essen einlädt? Und ich muss es am Ende planen. Ich muss mich bremsen, sonst weine ich. Ganz ruhig. Warum sollte es überhaupt zu so etwas kommen? Miran betrachtet nicht einmal die ganzen Frauen, die ihn jetzt anschmachten. Ich darf nicht so unsicher sein. Stattdessen sollte ich lieber mit ihm interagieren. Genau das tue ich auch, als ich ihn antippe und so aus seiner Trance wecke. Bei seinen müden Augen spielen sich wieder Geigen in meinem Kopf ab. "Haben Sie Ihren Flugmodus eingeschaltet? Nicht, dass wir Ihretwegen abstürzen." Stille. Miran betrachtet mich einen Moment irritiert, zückt aber dann sein Handy und wählt wortlos vor meinen Augen den genannten Modus. Ich lächele erfreut. Gott, allein dieser Interaktion lässt mein Herz rasen.

"Denken Sie, wir kriegen etwas zu essen?" "Für den kurzen Flug? Ich denke nicht." Oh. Ich dachte, wir kriegen etwas. Schade. "Sie haben nichts gegessen?", hakt er nach. "Einen Joghurt und Gurken und Schafskäse. Und Sie?" "Was glauben Sie?" "Kaffee", schießt es sofort aus mir. "Sie sind leider sehr vorhersehbar, Herr Chef. Und dazu leider absolut geschmackslos." So geschmackvoll Sie auch aussehen. Sein Kopf bewegt sich seufzend nach vorn. "Sie machen mich fertig, Shirin." "Ich habe doch recht. Wäre es die Beilage zu einem wunderbaren Avocado-Toast, dann hätte ich noch Erbarmen." "Ich wage es zu bezweifeln. Sie würden mich anschimpfen, wie ich es wagen könnte, eine so derart köstliche Kreation mit etwas so Widerlichem wie Kaffee herunterzuspülen." Ich hätte jedes Recht dazu! Avocado und Kaffee? Das passt nicht. "Und das wäre gerechtfertigt", erwidere ich stur. Seinerseits kommt nur ein schiefes Schmunzeln, doch das reicht, um mich sprachlos zu machen. Mein Bauch kribbelt und es sind sicherlich nicht die Temperaturen hier oben, die für die Hitze sorgen. Oh Mann, ich muss nach vorne schauen, sonst plappere ich irgendetwas. Mein Hickser ist schon eine Warnung. Ich hoffe, diese fünf Tage werden kein Desaster.

Das ist kein Hotel, das ist ein Schloss! Und ich bin maßlos irritiert, dass ich links sitze und Miran rechts. Würde ich hier fahren, würde in den Nachrichten von einer Geisterfahrerin die Rede sein. Am besten ist es, wenn ich ihm bei allem nachmache. Er nickt zwei Männern in roten Mänteln zu, ich winke ihnen. Er übergibt einem den Autoschlüssel und gibt dem anderen Bescheid, wo sich unsere Koffer befinden und ich nicke und bedanke mich, ehe ich ihm nach eiere. Das Hotel trotzt vor Luxus. Hohe Decken, hochpolierte braune Wände und Marmorböden so weit das Auge reicht. Mich begeistern aber die Pflanzen im Eingang. Noch bin ich nicht nah genug dran, um zu erkennen, welche Pflanzen es sind, aber sie sehen aus wie Fici. Wir steuern direkt auf einen Kamin zu, der von wunderbaren Blumen umringt ist. Wunderschöne lila Gladiolen kombiniert mit Mohnblumen und weißen Hortensien. Wirklich sehr schön. Am liebsten würde ich direkt hier übernachten. "Wunderschön", murmele ich verträumt beim Vorbeilaufen. An der Rezeption stelle ich mich näher zu Miran. Wie wohl unsere Zimmer aussehen? Meine Aufregung steigt. Moment! Ich drehe mich zu ihm.

"Aber wir schlafen in getrennten Zimmern, oder?" "Natürlich, Shirin", erwidert er gelassen und gleichzeitig professionell und so ... toll. Ich drehe mich erleichtert zurück zur Rezeption, aber Moment! "Aber was ist, wenn es nur ein Zimmer gibt?", wende ich mich wieder an ihn. Wäre es dann diskret, wenn wir uns ein Zimmer teilen? Miran bleibt weiterhin ungerührt von meiner Paranoia und betrachtet lieber die Inneneinrichtung. "Wird es nicht, Shirin." Hm, okay. Ich schaue wieder zu den Hinterköpfen vor uns, aber Moment! "Aber was, wenn doch?", frage ich, als ich mich zum dritten Mal zu ihm drehe. Er kann doch nicht wissen, wer alles gebucht hat. Dieses Mal erwidert er meinen Blick. Im Gegensatz zu mir ist er beherrscht, entspannt. Er weiß, was er tut und wie es hier abläuft. "Dann schlafen wir in einem Bett." Wie bitte?! Meine Augen weiten sich. Wir? In einem Bett? Indiskret? Ohne, dass jemand versehentlich einschläft? Ich ... mein Hicksen spricht für sich. Oh Mann, ich werde ganz verlegen unter seinem beständigen Blick. Meine Schultern heben sich schüchtern, in der Hoffnung, meine heißen Wangen zu verstecken. "Das wäre nicht diskret", murmele ich, bevor mich ein weiterer Hickser einholt. Der Gedanke, mit ihm in einem Bett zu liegen ist so ... aufregend, aber gleichzeitig schmutzig, aber vor allem sorgt es für Herzrasen und ein Kribbeln im Unterleib.

Seinerseits folgt keine Antwort. Er betrachtet lieber meinen halb stabilen Zustand und wie ich meine Nasenspitze hicksend kratze. Lange halte ich das unter seinen Augen nicht aus. Ich muss mich setzen! Deshalb beschließe ich, Platz in der großen Lobby zu nehmen. "Uff", flüstere ich zittrig. Das werden angespannte fünf Tage. Aber hier könnte ich meine Chance ergreifen, ihm näherzukommen. Würde Narin nicht wissen, dass ich mit unserem Chef in London bin, würde ich sie um Tipps bitten. Ich sehe ihn schon im Augenwinkel, weshalb ich nervös aufstehe und zum Aufzug laufe - ein Wunder, dass ich ihn direkt gefunden habe. Oh Gott, wir sind sogar die einzigen hier drin. Keine einzige Seele gesellt sich zu uns. Schlafen wir jetzt in einem Bett? Wieso spricht er nicht? Ich schaue ihn mit aufgerissenen Augen an, blinzele wieder zur Tür und zurück zu ihm. Die ganze Zeit, bis wir ankommen und ich aus dem Aufzug stürme. "Die letzte Tür, Shirin." Meine Augen weiten sich. Da werden wir gemeinsam schlafen? Du meine Güte. Ich drehe mich hektisch zu ihm um, entscheide mich aber dafür, nach vorn zu schauen, wenn ich laufe - schon fast renne. Aber am Ende bin ich gefangen. Wir sind da. In unserem Schlafzimmer.

Miran erreicht mich. Ich sehe seine Mundwinkel zucken, als er mir den Schlüssel übergibt. Mein Hicksen durchzuckt meinen gesamten Körper, sodass ich seine Finger wegstoße, als ich ihn nehme. Mir ist so warm, dass ich schon schwitze und es wird kein Stück besser, als ich das große Bett sehe. Das ... ich kippe gleich um. "Miran, ich ... das ..." Mir fehlen die Worte. Ich hatte recht. Es gab nur noch eine Suite. Wir müssen miteinander schlafen. Ich drehe mich mit großen Augen zu ihm. "Uns bleibt keine andere Wahl", murmele ich. Ich werde mit ... oder mit-, ach, ich meine neben diesem perfekten Mann schlafen. "Aber ist das nicht zu indiskret, wenn wir miteinander schlafen?" Seine vollen, pinken Lippen spalten sich. Gleichzeitig nimmt er einen tiefen Atemzug, beschließt aber, nichts zu sagen. Das ist absolut verständlich. "Ich verspreche Ihnen, dass ich Sie nicht vom Bett stoße, aber ich nehme viel Platz ein. Aber ... schlafen Sie nackig?" Ich schlafe zumindest sehr spärlich bekleidet. Du lieber Scholli, ich kann doch nicht so knapp mit ihm im Bett liegen! Nicht vor der Hochzeit! "Shirin", setzt er an. "Das ist kein Problem! Ich schaue einfach nicht hin. Also nicht, dass ich Sie beobachte und nicht, dass Sie es nicht würdig wären, aber wenn wir schon miteinander schlafen, dann sollte es so diskret wie möglich sein." "Shirin", erwidert er mit Nachdruck. Ich kann nicht mehr.

Meine Nasenspitze juckt wie verrückt. Meine Hickser brauche ich gar nicht mehr zu zählen. "Das ist Ihre Suite. Meine ist nebenan." Ich erstarre. Oh ... oh. Er hat nie gesagt, dass wir uns diese Suite teilen. Und es ist auch nur ein Koffer und eine Tasche im Zimmer. "Wir schlafen also nicht miteinander?", flüstere ich. "Nein, wir schlafen nicht mitein-, Shirin, Sie müssen dringend an Ihrer Sprache arbeiten. So etwas darf auf der Arbeit niemand hören." Oh, okay. Ich bin gerade zu verwirrt und zu überfordert, um zu wissen, wo der Fehler war. Wir teilen uns kein Bett. Er ist direkt nebenan. Okay. Ich muss gehen. Ich muss ins Zimmer und all den Druck von mir schreien, ansonsten explodiere ich. "Tschüss", entweicht es mir benebelt, bevor ich die Tür zuknalle, sie sogar abschließe und verzweifelt schreie. Dieser Mann bringt mich um! Wie kann er jedes Mal so gefasst und entspannt bleiben, während ich jedes Mal am Rande der Verzweiflung bin? Das macht er doch mit Absicht! Mir reicht's! Dieses Mal mache ich ihn verrückt. Er kann mich nicht jedes Mal manipulieren, ohne einen Schaden davon zu tragen. Das Vibrieren meines Handys holt mich aus meinen angesetzten Intrigen. Es ist eine Nachricht von ihm.

'Machen Sie sich fertig, Shirin. Wir gehen etwas essen.'

Warte ab, Miran. Ich verspeise dich heute.

Tollpatschige LiebeWhere stories live. Discover now